„Sie müssen keine Angst haben, die Feuerwehr hat abgesperrt“, rief Bürgermeister Thomas Stadelmann den vielen Schaulustigen zu, die am Samstagnachmittag die Enthüllung des Kunstwerkes am neuen Kreisel erleben wollten.
Am 9. März letzten Jahres war der Bau des Warmuth-Kreisels an der Kreuzung der Staatsstraße von der B 26 nach Krum mit der Abt-Degen-Straße und der Krumer Straße begonnen worden. Seit Herbst rollt der Verkehr bereits wieder, „aber der Kreisel war leer“. Dass „ein Stein drauf“ sollte, sei von Anfang an klar gewesen, aber in Zeil, wo unterhalb dieser Kreuzung bereits der „schönste Kreisel des Landkreises“ existiere, müsse es ein besonderer sein.
„Zur Stadt Zeil muss der Stein passen und einen Bezug zum traditionsreichen Steinhauerhandwerk in unserer Stadt muss er haben“, erklärte der Bürgermeister allen, die erwartungsvoll auf das „verhüllte Ding“ schauten.
Die Mitglieder des Vereins „Zeiler Steinhauer“ waren in ihrer traditionellen Kluft erschienen. Allen voran die Familie Brecht, die drei Generationen Steinhauertradition verkörpert und mit Auftrag des Stadtrates den behauenen Sandsteinquader geschaffen hat. Der Senior, Steinhauer-Zunftmeister und Steinmetz Andreas Brecht, entfernte schließlich mit seinen Söhnen Thomas, Peter und Michael die Verhüllung und erntete ein überrascht und erfreut klingendes „Ah und Oh“ der Umstehenden.
Wer hätte wohl besser die alte Tradition in Stein schreiben können, als die Nachkommen des Großvaters, der 1898 in Forchheim das Unternehmen gegründet und 1902 nach Zeil gebracht hatte.
Unter den Anwesenden befanden sich beide Pfarrer der Stadt. Als erster segnete Michael Ehrhart von der katholischen Pfarrgemeinde Kreisel und Kunstwerk. „Es ist schön, dass ihr Steinhauer euch des Kreisels angenommen habt“, sagte er, „denn es ist gut, eine wertvolle Mitte zu haben, die uns gut tut“. Der evangelische Pfarrer Hans-Christian Neiber segnete alle, „die am Kreisel mitgearbeitet haben“.
Der Zeiler Heimatforscher Heinrich Weisel gab einen Überblick zur nahezu 1000-jährigen Tradition des hiesigen Steinhauerhandwerks. Obwohl mittlerweile in Zeil alle Brüche stillgelegt wurden, sind außer den Brechts noch andere Steinmetze in der Stadt und ihren Ortsteilen ansässig. Überzeugend unterstrichen die Mitglieder des Vereins Weisels Worte mit dem Gesang ihres Zeiler Steinhauerliedes. Das Material, das aus der Gegend bei Trier stamme, sei dem ehemaligen Zeiler Sandstein in Farbe und Zusammensetzung sehr ähnlich. Auf allen vier Seiten haben die Brecht-Söhne Reliefs in den Stein gearbeitet. Wer aus Richtung Krum kommt, kann unter dem Stadtwappen lesen: „Stadt Zeil a. Main, Liebenswerte Stadt mit Geschichte, 18. April 2015.“ Wer von der Staatsstraße hügelauf kommt, der blickt direkt „auf den Steinhauer“.
Damit kam Weisel zur wichtigsten Frage: „Wer hat Modell gestanden?“ Eine gewisse Ähnlichkeit mit Andreas Brecht sei nicht zu übersehen, meinte der Heimatforscher, aber auf jeden Fall handele es sich um einen Steinmetz vor etwa 100 Jahren mit seinen damals gebräuchlichen Werkzeugen. Die östliche Seite des Monuments zeigt eine aus Hartholz und Metall gefertigte Zahnstangenwinde mit Handkurbel. Aus Richtung Abt-Degen-Straße kommend zeigt das Relief eine Drei-Bock-Seilwinde mit Handkurbel, Umlenkrolle und Seil.
Bevor der Verkehr am neuen Kreisel wieder rollen konnte und alle auf sicherem Terrain daneben zu Bier und Wurst eingeladen waren, sangen sie gemeinsam das Frankenlied.