Fast bis zum letzten Platz besetzt war der Bürgersaal in Ebelsbach zur Buchvorstellung des Historischen Vereins Landkreis Haßberge. Mit dem Werk „Geschichte der Sandstein-Industrie am Main bei Ebelsbach, Eltmann, Sand und Zeil“ von Autor Dr. Reinhard Kulick wurde Band 17 der Schriftenreihe präsentiert.
Sandsteine haben über lange Zeit die südlichen Haßberge und den nördlichen Steigerwald sowie das dazwischen liegende Maintal geprägt. In seinem Buch beschreibt Dr. Reinhard Kulick die Sandsteinindustrie, deren Blütezeit um das Jahr 1900 lag. Große Mengen an grünem und hellem Sandstein waren verfügbar, für den auch eine rege Nachfrage bestand. Durch den Bau der nahen Eisenbahnstrecke war auch für den Transport in alle Teile Deutschlands sowie das benachbarte Ausland gesorgt. Für zahlreiche prächtige Bauten, die heute noch stehen, wurde der begehrte Sandstein aus dem Landkreis Haßberge geliefert. So zum Beispiel für das Armee-Museum in München, die Handelshochschule Köln und das Kaufhaus Leonard Tietz (jetzt Kaufhof) in Düsseldorf.
13 Betriebe gab es seinerzeit, wovon heute noch gerade mal zwei übrig geblieben sind. Die Arbeit der Steinhauer war damals sehr beschwerlich. Sie mussten den Abraum beseitigen, den Rohblock herausbrechen und zerteilen, den Quader grob richten und schließlich dem Stein seine endgültige Form geben. Anfangs mit Karren, später per abenteuerlichen Lastkraftwagen mit Eisenrädern wurden die schweren Objekte zum Ebelsbacher Bahnhof transportiert, wo die Betriebe jeweils einen Werkplatz hatten.
Die allgemeine Lebenserwartung in dieser Berufsgruppe betrug nur 38 Jahre. Bei 92 Prozent aller verstorbenen Steinmetze waren Atemwegserkrankungen die Ursache, da es immer viel Staub bei den Arbeiten gab. Im Sommer war sogar regelmäßig eine geschlossene Staubdecke von Zeil bis Ebelsbach vorhanden. Nicht zu unterschätzen war auch die Gefahr eines Arbeitsunfalles, der nicht selten die Arbeitsunfähigkeit oder sogar den Tod zur Folge hatte. Von 67 gewerblichen Berufsgenossenschaften hatte die Steinbruch-Berufsgenossenschaft 1913 die dritthöchste Unfallhäufigkeit. Schließlich wurde die Lebenserwartung auch noch von übermäßigem Alkoholkonsum gemindert.
Die Betriebe hatten zwar ausreichend Wasser den Arbeitern zur Verfügung zu stellen, jedoch wurde von den Steinhauern häufig Bier bevorzugt. Zehn bis zwölf Flaschen Gerstensaft pro Arbeiter und Tag waren keine Seltenheit.
Dr. Kulick beschrieb hervorragend das damalige Leben und untermauerte es mit zahlreichen historischen Fotos und Dokumenten. Kulick wurde 1944 in Hannoversch-Münden geboren, kam aber zum Ende seines Ingenieurbaustudiums 1970 nach Eltmann. Dort lernte er seine jetzige Frau Gertraud kennen. Mit den hiesigen Sandsteinen beschäftigt er sich seit 2011. Seit einigen Jahren ist der Heimatforscher auch Mitglied im Historischen Verein Landkreis Haßberge.
Wolfgang Jäger, der Vorsitzende des Vereins, freute sich, auch die Zeiler Steinhauer zu der Buchvorstellung präsentieren zu können. Der seit über 40 Jahren existierende Verein bewahrt die Tradition dieser Zunft. In historischer Kleidung untermalten die Zeiler Steinhauer den Abend musikalisch mit Gesang und Akkordeon. Selbstverständlich durfte auch das bekannte Steinhauerlied nicht fehlen, für das es sehr viel Applaus gab.
Das Buch „Geschichte der Sandstein-Industrie am Main bei Ebelsbach, Eltmann, Sand und Zeil“ ist ab sofort in allen Büchereien und Buchhandlungen verfügbar. Mit 202 Abbildungen auf insgesamt 366 Seiten ist es eine sehr anschauliche Darstellung der Geschichte der Sandsteinindustrie. Dank der finanzieller Unterstützung einiger Gemeinden und dem Landkreis Haßberge kann das umfangreiche Werk für 20 Euro verkauft werden.