Anne erlebt immer wieder: „Hier sind wir als Familie willkommen.“ Brigitte zehrt von „Bibel im Gespräch“, Johannes erlebt seinen Hauskreis als Segen, und Fionas Glauben wurde durch den Kindergottesdienst geprägt. Josua liebt alte Lieder und modernen Lobpreis, Marlene wurde im Besuchsdienst selbst reich beschenkt. Und für Ute ist die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (EFG) „eine Zapfsäule für meine Glaubensquelle“, für Julia bedeutet die EFG, „mit anderen Jesus zu feiern und füreinander da zu sein“.
Das sind Blitzlichter auf eine Mehrgenerationengemeinde, die in diesen Tagen ihren 75. Geburtstag begehen kann: Ab 1946 feierten die Baptisten in der ehemaligen Marienkapelle in der Judenstraße ihre Gottesdienste. Es waren vielfach Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die zu den ersten Gemeindemitgliedern zählten. 1951 kaufte die EFG Bamberg die Kapelle und benannte sie 1984 in „Christuskirche“ um.
Nur erwachsene Täuflinge
2007 erfolgte der Spatenstich für die neue Christuskirche samt Gemeindezentrum an der Hallstadter Straße 45. In der lichtdurchfluteten Kirche gruppieren sich im Halbrund die Stühle um den mobilen Altartisch, den Ambo auf einem erhöhten Podest und weist als Besonderheit ein großes Taufbecken auf: „Die erwachsenen Täuflinge werden komplett im Wasser untergetaucht“, erklärt Gemeindeleiter Thomas Metzger. Eine Kindertaufe gebe es bei den Baptisten nicht, „eine persönliche Entscheidung ist für die Taufe ausschlaggebend“.
Thomas Metzger, verheirateter Familienvater von drei erwachsenen Söhnen, leitet die derzeit 220 Mitglieder umfassende Gemeinde ehrenamtlich. Auch die acht Diakone und Diakoninnen, die verschiedene Aufgabenbereiche abdecken, leisten ihre Dienste im Ehrenamt. Bis September 2021 war Viktor Dürksen 13 Jahre lang der hauptamtliche Pastor der Christuskirche: „Wir bekommen bald einen neuen Pastor“, versichert Metzger. Hauptamtlich arbeitet auch Lisa Herbst in der EFG: Die 28-Jährige ist die Jugendreferentin und zeichnet für den „Biblischen Unterricht“, den Hauskreis für junge Erwachsene, für Freizeitangebote und mehr verantwortlich.
Gemeindeleiter Metzger verweist auf die gleichen theologischen Wurzeln der EFG wie sie alle evangelischen Kirchen haben. Allerdings „haben wir keine festgeschriebene Liturgie, und das Abendmahl zum Beispiel wird ohne festen Ablauf wie in der lutherischen Kirche gefeiert“. Freikirchlich heiße, dass die freie und persönliche Entscheidung jedes Einzelnen für den Glauben an Jesus Christus und ein verbindliches Leben in seiner Nachfolge ein besonderes Anliegen seien. „Rechtlich und organisatorisch vertreten wir als Körperschaft des öffentlichen Rechts dem Staat gegenüber das Prinzip der Selbstfinanzierung und Selbstverwaltung.“ Das heißt: „Die Mitglieder finanzieren die Gemeinde auf Spendenbasis und zahlen keine Kirchensteuer“, so Metzger.
Wachsende Gemeinde
Er freut sich über eine wachsende Gemeinde, über die rege Annahme aller Angebote für Jung und Alt. Und natürlich über die gut besuchten Sonntagsgottesdienste, die derzeit auch ohne Pastor ausgefeilt gestaltet sind: „Wir beteiligen uns selbst und sind aktiv, wir werden nicht versorgt“, sagt etwa Ursula Schwarz, die den Gottesdienst moderiert, den unsere Redaktion aufsucht. Persönlicher Glaube habe etwas mit ihrem Leben zu tun: „Darin finde ich Halt und Wertschätzung und weiß mich geliebt“, versucht Ursula Schwarz zu begründen, was sie, die aus der katholischen Kirche ausgetreten ist, in der EFG findet. Darin habe sie „Lebendigkeit gefunden, eine persönliche Ansprache auf der Suche nach Sinn“, fügt die Psychotherapeutin hinzu.
In diesem charismatisch anmutenden Sonntagsgottesdienst mit frei formulierten Gebeten und Fürbitten sowie rhythmischer Musik via Schlagzeug, Gitarre, Keyboard nimmt der „Lobpreis“ einen zentralen Stellenwert ein. „Dir, o Gott, gehört unser Lob…“ singt die Gemeinde. Arme gehen in die Höhe, die Sänger wiegen sich im Takt. Zuvor hat der Gastprediger Christoph Zehendner – Liedermacher, Journalist, Theologe aus dem unterfränkischen Kloster Triefenstein – in einem Zehn-Punkte-Katalog erläutert, wie „wir vom Glauben reden können und sollen“. Zehendner sprach frei und flüssig, ohne abgehobene theologischen Floskeln: „Liebe, die durch die Knopflöcher dringt, drückt Glauben aus!“ Eine Liebe, „mit der Jesus jeden Menschen anschaut“.
Sicher gehört auch eine große Nächstenliebe zum sozial-diakonischen Engagement der Gemeinde: Obdachlose, Flüchtlinge, Alleinstehende, Opfer der Juli-Flutkatastrophe in der Ahrregion können sich auf die Hilfen der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Bamberg verlassen.