Einen harmonischen Montagabend wird keiner der fünf Vertreter des Landratsamtes Haßberge erwartet haben, als sie nach Zell fuhren, um den Bewohnern die Pläne zum Bau eines Tierheims nördlich des Dorfs vorzustellen. Doch dass sich in der aufgeheizten Stimmung des mit 200 Menschen voll besetzten Sportheims der Widerstand gegen den Tierheimstandort so heftig entlädt, damit hatten die Behördenvertreter nicht gerechnet. Lautstark und teils abseits jeder Diskussionskultur ließen die Zeller, die sich übergangen fühlen, ihrer Wut freien Lauf.
Landrat Wilhelm Schneider hatte seinen ersten Satz noch nicht beendet, da gab es „Pfui“-Rufe. Warum das Landratsamt in Zell nicht informiert hat, bevor das Grundstück einer alten Gärtnerei Richtung A 70 gekauft wurde, und der Kreistag wenige Tage nach Bekanntwerden des Kaufs bereits den Tierheimbau auf diesem Gelände beschlossen hat, wollte ein Zeller wissen. Wenn keine ergebnisoffene Diskussion möglich ist, meinte der Knetzgauer Gemeinderat Mark Zehe, „dann kann ich mir solche Veranstaltungen schenken“. Damit sprach er aus, was die große Mehrheit der Anwesenden nicht nur dachte, sondern in teils grenzwertigen Ausrufen während der gut zweistündigen Veranstaltung immer wieder ausdrückte.
Doch die meisten Anwesenden fühlten sich nicht nur übergangen: Sie meinen, der Standort, 350 Meter vom nächsten Wohnhaus entfernt, ist zu nah am Ort. Sie fürchten den Lärm bellender Hunde. Und sie sehen sich ungleich behandelt. Denn vergangenen Herbst, als ein möglicher Tierheim-Standort bei Sylbach, nördlich der Schlettach, bekannt wurde, genügte offenbar ein sich anbahnender Widerstand einiger Bürger, damit der damalige Landrat Rudolf Handwerker, der in Sylbach wohnt, die Pläne aufgegeben hat. Obwohl das Tierheim dort mehr als doppelt so weit von Häusern entfernt gestanden hätte als bei Zell.
Argumente prallen ab
Kaum überzeugen konnte Simone Nowak vom Veterinäramt, die die teure Erschließung des Schlettach-Geländes und dessen Lage in einem Natur- und Landschaftsschutzgebiet als Argumente gegen ein dortiges Tierheim anführte. Gründe des Naturschutzes waren seinerzeit auch nicht gegen ein Tierheim an der Schlettach ins Feld geführt worden, widersprach dem ein Anwesender.
Solange nichts anderes beschlossen wird, gilt der Kreistagsbeschluss vom 28. April, stellte Thomas Albert vom Landratsamt klar. Der lautet: Der Landkreis baut in Zell ein Tierheim. Die Bevölkerung wird hierüber informiert. Deren Einverständnis ist aber keine Voraussetzung für den Bau.
„Wir unterhalten uns hier über ein Tierheim, nicht über ein Atomkraftwerk“, versuchte Landrat Schneider den Blick aufs eigentliche Projekt zu lenken: ein Tierheim mit Plätzen für zwölf Hunde, 40 Katzen und 20 weitere kleine Tiere, „keine Massentierhaltung“, wie Markus Menn vom Veterinäramt sagte. Der Hundetrakt soll Richtung A 70 gerichtet sein. Hundegebell sei dank Gruppenhaltung kaum zu erwarten. Zwischen 22 und 6 Uhr werden die Hunde nur im Gebäude sein.
Doch sachliche Argumente kamen an diesem Abend kaum an. Diese Erfahrung musste Bürgermeister Stefan Paulus machen, dem vorgeworfen wurde, die Bürger über den Tierheim-Bau absichtlich vor der Kommunalwahl am 16. März nicht informiert zu haben. Paulus entgegnete, dass er erst seit 15. April vom geplanten Tierheim wüsste. Abgesehen davon könnten weder er noch der Gemeinderat den Bau verhindern. Der Landkreis könne seinen Bauantrag gegen den Willen der Gemeinde durchsetzen, solange alle gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.
Ohne Widerspruch
Zudem, so Paulus, habe der Landrat alle Kreistagsfraktionen vor der Wahl über den Grundstückskauf informiert. Und im Kreistag sei der Bau des Tierheims mit einer Gegenstimme beschlossen worden; ohne Widerspruch auch nur eines Kreisrats aus der Gemeinde Knetzgau.
Während der Versammlung erklärte der Pächter der Fläche, die die alte Gärtnerei umgibt, und die das Landratsamt ebenfalls gekauft hat, dass er an seinem bis zum Jahr 2021 geltenden Pachtvertrag festhalten wolle. Bislang ging das Landratsamt davon aus, dass diese Fläche für das Tierheim mitverwendet werden kann. Das Landratsamt hält, wie es dort heißt, an den mit dem Pächter getroffenen Vereinbarungen fest.
Es war eine Notlösung, um den Abend noch halbwegs zu retten, die der Landrat am Ende anbot: Acht Wochen lang soll nun (nochmals) nach einem alternativen, für ein Tierheim geeignetes Grundstück gesucht werden. Ein empfohlenes Gelände bei Zell, direkt an der A 70, ist zu feucht, so Schneider. Sollte sich keine Alternative abzeichnen – über die der Kreistag entscheiden müsste –, wird der Landkreis wie geplant bei Zell ein Tierheim bauen. Notfalls gegen den Widerstand der Bevölkerung. Denn, so Schneider: Für die 26 Kommunen im Landkreis muss unbedingt eine schnelle Lösung zur Fundtierbetreuung her.
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