Im Jahr 1500 war das Kaiserpaar Heinrich II. und Kunigunde schon fast 500 Jahre tot. Doch ihre Verehrung in Bamberg, dem Ort ihrer letzten Ruhe, dauerte an. Ja, diese wuchs sogar noch überregional dank der Erfindung des Buchdrucks. Umfangreiche Chroniken, reich bebilderte Legendensammlungen und handliche Führer zu den Reliquienschauen vermittelten Wissen über Heinrich II. und Kunigunde und deren wundertätiges Wirken weit über den Tod hinaus.
Im 1000. Todesjahr des Kaisers – er starb am 13. Juli 1024 in der Pfalz Grona – greift die Staatsbibliothek Bamberg die mediale Rezeption der Heiligenverehrung in einer Ausstellung von Bücherschätzen auf. Der Ausstellungstitel wirft nicht nur ein Licht auf das Kaiserpaar, sondern klingt angesichts durchaus auch spektakulärer Exponate doppeldeutig: "Leuchtende Wunderzeichen. Das Nachleben Kaiser Heinrichs II. in der Frühen Neuzeit."
Rund 40 Objekte sind zu sehen
Aus den reichen Beständen ihres Hauses hat Bibliotheksdirektorin Bettina Wagner rund 40 Objekte aus der Zeit um 1500 bis 1924 ausgewählt, die in zwei Schauräumen präsentiert werden. "Unsere Absicht ist es zu zeigen, welche Aspekte des Kaisers im Laufe der Jahrhunderte medial in den Vordergrund gerückt wurden", sagt die Professorin bei einem Rundgang und räumt durchaus ein, dass ein gewisses Klischee der Heinrichs-Rezeption bedient wird. Nämlich das, dass der Kaiser "durch Wunderzeichen leuchtet". Und die aufgeschriebenen populären Legenden, die sich um ihn ranken, ein "Werbemittel für Bamberg" gewesen sind – bis in die neuere Zeit. Als Beispiel führt Kuratorin Wagner die Feiern zum 900. Todestag Heinrichs II. im Jahr 1924 an: "Ein Großereignis von überregionaler Ausstrahlung sechs Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, an dem der heilige Kaiser aber auch für die national-deutsche Gesinnung vereinnahmt wurde."
Die Wirkungsgeschichte Heinrichs II. und Kunigundes erzählt die Ausstellung in Raritäten und erstmaliger Kombination nach. Sie beleuchtet die vornehmliche Verehrung um 1500, den seit dem 17. Jahrhundert vorherrschenden wissenschaftlicheren Umgang mit dem Leben des Bistumsgründers und die publikumswirksame Inszenierung ihrer Viten im Jahr 1924. Deutlich wird, dass sich die inhaltliche Seite dieser Berichte über "Leuchtende Wunderzeichen" über die Jahrhunderte kaum verändert hat. Zumal nur wenige Quellen eine Geschichtsschreibung über das Kaiserpaar liefern. Nämlich beispielsweise die Chronik des Bischofs Thietmar von Merseburg Anfang des 11. Jahrhunderts und die des Ebernand von Erfurt aus dem 13. Jahrhundert.
Weltchronik aus dem 16. Jahrhundert
Zwei bibliophile Kostbarkeiten, die auf diese Chroniken Bezug nehmen, sind in der aktuellen Ausstellung zu bewundern. Es handelt sich um die "Schedelsche Weltchronik" von 1493, die in einer Passage das Leben des Kaiserpaars und seine Taten schildert. Inklusive eines Holzschnitts, der den Stammbaum von Heinrich und Kunigunde zeigt. Staatsbibliotheks-Direktorin Wagner führt an, dass diese mit den neuen Möglichkeiten des Buchdrucks vervielfältigte Weltchronik den Bekanntheitsgrad des Kaiserpaars Anfang des 16. Jahrhunderts steigerte.
Den etwa um dieselbe Zeit entstandenen Schriften des Michelsberger Benediktinermönchs Nonnosus Stettfelder gelang es jedoch, die Verehrung der beiden zu festigen. Stettfelder verfasste mit "Dye legend und leben des Heyligen sandt Keyser Heinrichs" im Jahr 1511 die erste umfangreiche Biographie Heinrichs II. Diese erreichte dank des Buchdrucks ein größeres Publikum. Bettina Wagner zu diesem ausgestellten Exemplar: "Vor allem auf Stettfelder geht der Ruhm des Kaiserpaares zurück."
Dessen Viten samt Legenden griff der Bildhauer Tilmann Riemenschneider für das Kaisergrab im Bamberger Dom auf. Historische Abbildungen der Grablege – aus mit Holzschnitten illustrierten Büchern – bereichern die Schau. Andere Ausstellungsstücke zeugen von der Volksfrömmigkeit: Textbücher dokumentieren die jährlichen Gedenkprozessionen am Heinrichsfest.
Die "Leuchtenden Wunderzeichen" können bis zum 14. Dezember bei freiem Eintritt in der Staatsbibliothek (Neue Residenz, Domplatz 8) gesehen werden, Montag bis Freitag von 9 bis 17 Uhr, Samstag von 9 bis 12 Uhr. Jeden Donnerstag gibt es um 17 Uhr eine Führung. Präsenz- und Online-Vorträge gehören zum Begleitprogramm: www.staatsbibliothek-bamberg.de