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KRUM
Wird unsere Demokratie immer weniger?
An der Debatte der Schülerunion Haßberge nahmen sechs Jungpolitiker teil (von links): Gizem Fesli (Linke Jugend solid), Jens Heyn (Grüne Jugend), Marco Strube (Junge Liberale), Julian Müller (Junge Liste Haßberge), Winni Geuß (Junge Union) und Thomas Schramm (Junge Alternative). Ganz links die beiden Moderatoren Yannick Reuß und Selina Schorr.
Foto: Christian Licha | An der Debatte der Schülerunion Haßberge nahmen sechs Jungpolitiker teil (von links): Gizem Fesli (Linke Jugend solid), Jens Heyn (Grüne Jugend), Marco Strube (Junge Liberale), Julian Müller (Junge Liste Haßberge), ...
Christian Licha
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:40 Uhr

Eine politische Debatte aus Sicht der jungen Generation lieferten sich am Freitag Vertreter der Jugendorganisationen verschiedener Parteien im Sportheim Krum. Eingeladen hatte die Schülerunion Haßberge, deren Vorsitzende Selina Schorr mit ihrem Stellvertreter Yannick Reuß auch die Moderation übernahm. Unter den Teilnehmern hatten Julian Müller aus Sand (Junge Liste Haßberge), Winni Geuß aus Ebern (Junge Union) und Jens Heyn aus Knetzgau (Grüne Jugend) ein Heimspiel. Mangels Nachwuchs im Landkreis Haßberge hatte die Linke Jugend solid Gizem Fesli aus Nürnberg nach Krum geschickt, während Marco Strube für die Jungen Liberalen aus Bamberg kam und Thomas Schramm von der rechten Jungen Alternative aus Bad Staffelstein anreiste. Bei sechs Fragerunden konnten die Jungpolitiker ihre Ansichten kundtun.

Nach den Zielen zur Kommunalwahl gefragt, antwortete Julian Müller, dass nach bereits erfolgreich initiierten Projekten wie zum Beispiel der Einführung der Gelben Tonne, sich die Junge Liste mit dem Bau eines Allianz-Bades, der Optimierung des ÖPNV sowie dem Erhalt des Eberner Krankenhauses neue Ziele auf die Fahne schreibe. Gizem Fesli will sich für die Digitalisierung und die Stärkung des ÖPNV im Nürnberger Raum einsetzen. Thomas Schramm plädierte für einen Ausbau des Mobilfunks auch im ländlichen Raum. Das Ehrenamt stärken und verbilligte ÖPNV-Tickets für Schüler einführen möchte Marco Strube. Winni Geuß möchte sich für den Erhalt des Freibades und der Bücherei in Ebern einsetzen.

Lebhaft wurde die Frage diskutiert, wie man jungen Flüchtlingen helfen könne, in Deutschland besser zurechtzukommen. Marco Strube zählte mit dem Lernen der deutschen Sprache, einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz anzunehmen und dem Engagement in Sportvereinen drei Voraussetzungen zur Integration auf. Man müsse Unterschiede zwischen Asylanten und Migranten machen, meinte Thomas Schramm. Asylanten seien nach seiner Meinung oft wenig qualifiziert und müssten in ihre Heimat zurückgeschickt werden, sobald der Grund für das Asyl verfallen sei. Migranten müssten langfristig assimiliert werden. Sehr positiv fand es Gizem Fesli, dass 18 Millionen Menschen in Deutschland Migrationshintergrund haben. Die eigene Kultur aufzugeben, könne keine Forderung gegenüber den ausländischen Mitbürgern sein, betonte die Linke.

Winni Geuß sah größere Probleme in Großstädten als auf dem Land und befürwortete die teilweise Assimilierung, zum Beispiel in Bezug auf die Rechte der Frauen. Für ein hartes Durchgreifen bei Straftätern, aber auch für eine gute Unterstützung Berechtigter, ist Julian Müller. Er stehe kritisch den Ankerzentren gegenüber und lobte seinerzeit die Verteilung der Flüchtlinge in alle Kommunen des Landkreises. Jens Heyn möchte den Menschen bei der Bürokratie helfen und fordert, dass Flüchtlinge ihre Kultur anpassen, da wo die deutsche Gesetzgebung anfängt, beispielsweise bei den Frauenrechten.

Über das große Thema Umwelt ging es bei der Frage „Was können Städte und Gemeinden für das Klima tun?“ Jens Heyn zeigte sich enttäuscht, dass so wenig junge Menschen bei der letzten „Friday for Future“-Demonstration in Haßfurt waren. Der junge Grüne plädierte für mehr erneuerbare Energien und weniger Individualverkehr. Winni Geuß findet die „Friday for Future“-Bewegung grundsätzlich gut, toleriere es aber nicht, dass dafür die Schule geschwänzt werde. Die Demos können auch nachmittags oder am Wochenende stattfinden, sagte Geuß. Erst auf Druck habe die Bundesregierung reagiert, meinte Gizem Fesli. Ihrer Meinung nach wurde dieser durch das Schuleschwänzen erst richtig untermauert. Der junge Liberale Marco Strube hält den Individualverkehr auf dem Land für absolut notwendig. Lieber solle man neue Kraftstoffe entwickeln oder kommunale Gebäude energetisch sanieren. Als Pragmatiker sagte Julian Müller, dass Demos im Prinzip immer gut seien, aber in Bezug auf „Friday for Future“ das Einsammeln von Plastikmüll stattdessen sinnvoller wäre als nicht in die Schule zu gehen und sich auf dem Marktplatz zu versammeln. Ein Dieselfahrverbot bringe nichts, angesichts der Umwege, die dadurch zurückgelegt werden müssen, so Müller. Die Junge Liste verfolge zur Zeit eine Idee aus dem Landkreis Hof, wo es Ruf- beziehungsweise Landbusse gibt. Thomas Schramm wollte die Klimahysterie nicht teilen. Deutschland wolle die ganze Welt retten, wobei hier der CO2-Ausstoß seit 1990 bereits um 25 Prozent zurückgegangen sei. Vielmehr sah er große Länder wie China in der Pflicht und war der Meinung, dass lieber in die Forschung investiert werden solle, anstatt Verbote auszusprechen.

Julian Müller ist für mehr Unterrichtszeit beziehungsweise ein zusätzliches Schuljahr für eine Digitalisierung an den Schulen, denn es könne kein anderes Fach dafür ausfallen. Dies sagte der Nachwuchspolitiker der Jungen Liste auf die Frage, wie Elektronik zum festen Bestandteil in der Schule gemacht werden könne. Außerdem fordert Müller eine bessere technische Ausstattung und Lehrer, die sich auch wirklich mit dem Thema auskennen. Jens Heyn erzählte aus seiner eigenen Erfahrung. Ihn stimmte es traurig, als sein Realschullehrer damals nicht einmal wusste, was ein Repeater ist. Nach Behauptung von Heyn gebe es im Landratsamt nur eine einzige Fachkraft, die in Fragen der Digitalisierung alle Schulen im Landkreis betreue, was ihm zu wenig sei. Das Bildungsniveau mit Hilfe der Digitalisierung zu steigern, funktioniere nicht, sagte Thomas Schramm.

Winni Geuß freute sich, dass sich in den Schulen schon viel getan habe, aber seiner Ansicht nach sei der Lerneffekt beim Schreiben höher als beim Tippen am Laptop oder Tablet. Die angehende Lehrerin Gizem Fesli sah das Problem beim Kultusministerium, das zu wenig investiere. Außerdem müsse Medienpädagogik im Studium unterstützt werden, so Fesli. Marco Strube vertrat die Meinung, dass es mehr Lehrer bräuchte, die die Fähigkeit haben, digitale Inhalte zu vermitteln. In ein Fettnäpfchen trat Gizem Fesli, als sie die Behauptung aufstellte, dass der Staat lieber Geld für das Militär als für die Digitalisierung ausgebe.

„Wie kann man die Jugend in die Politik aktiv mit einbeziehen?“, war die letzte Frage, bei der sich Gizem Fesli für ein Wahlrecht bereits ab 16 aussprach. Es sei nicht so, dass die Jugend kein Interesse habe, aber mehr Mitspracherecht, zum Beispiel als Schüler- oder Klassensprecher, würde Fesli gut heißen. Ebenfalls ab 16 dürfte man wählen, wenn es nach Marco Strube gehe. Sozialkunde sollte in der Schule spannender gestaltet und mehr Raum zur Diskussion geboten werden.

Thomas Schramm fand die Veranstaltung der Schülerunion einen guten Anfang. Man solle über alles offen diskutieren und keine andere Meinung von vornherein ausgrenzen, so Schramm. Jens Heyn empfand es, als ob die Demokratie immer weniger werde, weil zu wenig darüber gesprochen werde. Julian Müller betonte, dass die Junge Liste immer ein offenes Ohr gegenüber Themen habe, die die Jugendlichen bewegen, und diese auch in den Kreistag einbringe. Für eine bessere Information der jungen Leute sprach sich Winni Geuß aus, wobei man aufpassen müsse, dass keine Beeinflussung stattfinde.

 
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