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PRAPPACH
Wird Prappach für Hager zum Waterloo?
Jochen Hübschmann, Vorsitzender des Vereins „Wir-in-Prappach“, vor dem alten Kabelverzweiger (KVZ) der Telekom (rechts) und dessen designiertem „Kollegen“ (links), einem Multifunktionsgehäuse (MFG) von „Schnell-im-Netz“. Dieser allerdings ist derzeit – Hübschmann unterstreicht die Aktualität, indem er die gestrige Ausgabe der Heimatzeitung ins Bild hält – noch ohne Stromanschluss, so der Vorwurf des Prappacher Vereins, und ohne Anschluss an die Richtfunkantenne am Ortsrand.
Foto: Privat | Jochen Hübschmann, Vorsitzender des Vereins „Wir-in-Prappach“, vor dem alten Kabelverzweiger (KVZ) der Telekom (rechts) und dessen designiertem „Kollegen“ (links), einem Multifunktionsgehäuse ...
Von unserem Redaktionsmitglied Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:18 Uhr

Ist der Begriff „fertiggestellt“ rechtlich geschützt, oder gibt es hier Interpretationsmöglichkeiten? Wann ist beispielsweise die Versorgung eines Ortes mit schnellem Internet fertiggestellt? Wenn es funktioniert? Wenn die Ausbauarbeiten abgeschlossen sind? Oder wenn die Firma die Fertigstellung an die Bundesnetzagentur meldet? In Prappach stehen etliche Bürger derzeit vor genau dieser Frage und suchen eine Antwort, zumal sich Verdachtsmomente gegen die ausführende Firma ergeben haben. „Schnell-im-Netz“ soll bei der Bundesnetzagentur die Fertigstellung seiner Anlagen gemeldet haben, um die Fristen einzuhalten. Die Prappacher warten jedoch nach wie vor auf ihr schnelles Internet. Nicht einmal eine Empfangsschüssel ist auf dem Antennenmast montiert. Bislang war auch auf der „SiN“-Homepage kein schnelles Internet für Prappach zu buchen. Lediglich 6 Mbit/s sind wahrlich nicht schnell.

Die Bewohner des Haßfurter Stadtteils hätten gerne ein schnelleres Netz. Mit Ausnahme von Prappach, Kleinaugsfeld und Wülflingen hat die Telekom die Versorgung der Kreisstadt mit diesem schnellen Internet durch Glasfaserkabel übernommen. Bei den genannten drei Stadtteilen hat die Telekom aber wohl bei der „Zuteilung“ geschlafen, so dass Stephan Hager mit seiner Firma „Schnell-im-Netz“ in die Lücke stoßen und sich in die Liste eintragen konnte. „Da hat er sich durchaus korrekt verhalten“, bestätigt Alexander Vogler, Leiter xDSL Rollout der Deutsche Telekom Technik GmbH, seinem Konkurrenten.

Da Hager zusagte, den Ausbau per Richtfunk schneller bewerkstelligen zu können als die Telekom mit einem Glasfaserkabel, erhielt er auch den Zuschlag. Allerdings sind an den Auftrag auch Fristen geknüpft, die es einzuhalten gilt. Andernfalls würde die Firma, die den Auftrag bekommen hat, gelöscht. Zudem machen viele Prappacher keinen Hehl daraus, dass sie lieber einen Glasfaseranschluss der Telekom hätten als das Internet per Richtfunk.

Diese Fristen müssten nun laut „Wir-in-Prappach“ verstrichen sein, es sei denn, „SiN“ hat eine Frist-Verlängerung bekommen. Darüber schweigt jedoch bislang die Bundesnetzagentur. Dennoch wundern sich die Bürger um die Vorstände Jochen Hübschmann und Mirco Burger, dass die Bundesnetzagentur Stephan Hager noch nicht gelöscht hat. In einem Schreiben der Bundesnetzagentur vom 22. Dezember an den Anwalt der Stadt Haßfurt, Steffen Vogel, der den Antrag der Stadt Haßfurt auf Sperrung der „Schnell-im-Netz GmbH“ im Ortsnetzbereich 9521 der Agentur vertreten hatte, heißt es wörtlich: „Sofern eine in die Vectoring-Liste eingetragene Ausbauabsicht nicht innerhalb der Frist umgesetzt oder eine Fertigmeldung abgegeben wird, wird der Eintrag automatisch ... gelöscht.“ Eine Löschung erfolge dann nicht, wenn der KVz „entweder rechtzeitig fertig gemeldet wurde oder wenn vor Ablauf der Ausbaufrist eine Fristverzögerung angemeldet worden ist“.

Die Betroffenen, die auf ihr schnelles Internet warten, vermuten nun, dass „SiN“ kurzerhand die Fertigmeldung abgegeben haben könnte, um bei der Bundesnetzagentur den Eindruck zu erwecken, dass bei der Versorgung von Prappach alles reibungslos funktioniert, sich dann aber weitere Monate Zeit lassen zu können, bis Prappach tatsächlich versorgt wird.

Nahrung erhält diese Vermutung durch eine Liste, die von Alexander Vogler von der Telekom über den Prappacher Verein der Heimatzeitung zur Verfügung gestellt wurde, in der die Fertigstellungsmeldungen der KVz im Bereich Haßfurt aufgeführt sind. Die Telekom als „Carrier“, das ist eine moderne Bezeichnung für Netzbetreiber, kann die öffentliche Liste über Fertigmeldungen einsehen. Demzufolge wurden die beiden KVz in der Bamberger Straße in Augsfeld am 11. September 2015, der KVz in der Prappacher Straße in Prappach am 29. September 2015, der KVZ in der Pfarrer Kraiß-Straße in Augsfeld und in der Wässernachstraße in Wülflingen jeweils am 30. November 2015 fertiggestellt. „Damit hat Hager einen Fehler gemacht“, so Alexander Vogler im Gespräch mit der Heimatzeitung, nach dessen Meinung die Bundesnetzagentur nun keine andere Wahl mehr hat, als die Firma „Schnell-im-Netz“ zu löschen und für zwei Jahre zu sperren.

Haßfurts Bürgermeister Günther Werner wurde von dieser Entwicklung gestern überrascht. Er versuchte, sofort Kontakt mit der Bundesnetzagentur aufzunehmen, wurde jedoch auf Montag vertröstet, da angeblich erst dann die beiden einzigen Mitarbeiter wieder im Hause sind, die zu dem Fall Auskunft geben könnten. Günther Werner zeigte sich überzeugt, wenn der Verdacht der Prappacher sich bewahrheiten sollte, dass dies das „Aus“ für die Firma „SiN“ in Prappach bedeutet. „Dann müsste die Telekom ran“, so Günther Werner, der in dem Fall bedauern würde, dass die Prappacher dann noch länger auf das Internet warten müssten, da die Telekom dann erst ein Glasfaserkabel bis in den Haßfurter Stadtteil legen müsste.

Verwundert zeigte sich auch der Internet-Sachverständige des Haßfurter Stadtwerks, Sebastian Sahlender, darüber, dass die Versorgung Prappachs noch nicht realisiert wurde, schließlich habe Stephan Hager in die Waagschale geworfen, mit seinem Richtfunk Prappach schneller versorgen zu können als die Telekom. Steffen Vogel als Anwalt der Stadt Haßfurt kritisierte, dass die Bürger, die schnelles Internet wollen, immer wieder vertröstet würden. „Wenn ich Hager einen Tipp geben sollte“, so Vogel, „würde ich ihm jetzt raten, selbst auf den Ausbau von Prappach zu verzichten.“

Mitinhaber Alexander Hager von der Firma „Schnell-im-Netz“ machte auf Anfrage der Heimatzeitung von seinem Recht Gebrauch, in „einem laufenden Verfahren“ nicht von den geltenden „Geheimhaltungsvereinbarungen“ zwischen Bundesnetzagentur und den jeweiligen Nutzern der Infrastrukturdaten abzuweichen. Hager erklärte die Tatsache, dass die Versorgung von Prappach noch nicht fertiggestellt ist, mit verschiedenen Störungen, zum Beispiel habe der Standort der Antenne verlegt werden müssen. Hager zeigte sich auch zuversichtlich, das schnelle Internet noch deutlich vor dem Sommer in Prappach in Betrieb nehmen zu können.

Jochen Hübschmann, Vorsitzender des Vereins „Wir-in-Prappach“, vor dem alten Kabelverzweiger (KVZ) der Telekom (rechts) und dessen designiertem „Kollegen“ (links), einem Multifunktionsgehäuse (MFG) von „Schnell-im-Netz“. Dieser allerdings ist derzeit – Hübschmann unterstreicht die Aktualität, indem er die gestrige Ausgabe der Heimatzeitung ins Bild hält – noch ohne Stromanschluss, so der Vorwurf des Prappacher Vereins, und ohne Anschluss an die Richtfunkantenne am Ortsrand.
Foto: Privat | Jochen Hübschmann, Vorsitzender des Vereins „Wir-in-Prappach“, vor dem alten Kabelverzweiger (KVZ) der Telekom (rechts) und dessen designiertem „Kollegen“ (links), einem Multifunktionsgehäuse ...
 
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