Ihr 120-jähriges Bestehen feiert die "Sängerlust Stöckach" am 29. Juli mit einem Festabend im Bürgerhaus. "Zu verschönern unser Leben gab der Himmel uns Gesang. Darum lasst ihn hoch erheben, preisen durch des Liedes Klang", lautet der Wahlspruch der Sänger. Doch des "Liedes Klang" ertönt immer seltener, nicht nur im Haßgau, weiß Roland Welz, der Erste Vorsitzende des Vereins.
Nicht nur der "Mutterverein", die Sängergruppe Haßberge, hat sich aufgelöst. Auch in den Gesangvereinen Birkenfeld, Ermershausen, Stadtlauringen und Oberlauringen ist des "Liedes Klang" bereits verstummt. Und in Stöckach gibt es ebenfalls Nachwuchssorgen. Zwölf aktive Sänger zwischen 42 und knapp 80 Jahren zählt die Sängerlust noch. Mehr als doppelt so viele waren es zu den Glanzzeiten des Vereins. "Wenn unser zweiter Bass ausfällt, können wir nicht auftreten", sagt Welz. Einen Austausch mit anderen Vereinen gibt es noch nicht. Dies wäre aus Sicht von Welz wünschenswert. Doch seine Pläne gehen noch darüber hinaus.
Eine neue Plattform
Welz will Gesangsbegeisterten, die beispielsweise in Birkenfeld oder Ermershausen keine Möglichkeit mehr haben, im Chor zu singen, eine neue Plattform bieten, nämlich den "Chor der Haßberge". Der könnte sich an einem zentralen Ort zweimal im Monat zu Proben treffen und bei Festen im Landkreis auftreten. Darüber will er sich am Festabend mit den Sängerinnen und Sängern der eingeladenen Gastvereine unterhalten. Der Festabend sei auch eine Werbung für das Singen und den Verein, sagt Welz. Es gebe neue, junge Familien im Ort, von denen der ein oder andere vielleicht Lust aufs Singen habe. Ein weiteres Highlight im Dorfleben folgt am nächsten Tag, den Sonntag, 30. Juli. Dann steigt das traditionelle Straßenfest. Ab 14 Uhr ist Festbetrieb. Um 15 Uhr spielt die Dorfmusik Stöckach vor dem Bürgerhaus.
Ein paar Infos zur Geschichte des Gesangvereins: Er wurde 1903 vom damaligen Lehrer Franz May gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Lorenz Schumm, Johann Valtenmeier, Joseph Lurz, Leo Düring, Georg Krauser, Otto Hermann, Adolf Düring, Heinrich Krauser, Martin Krauser, Sebastian Düring und Johann Krauser. Der Verein hielt damals seine Gesangsproben im Wohnzimmer des damaligen Bürgermeisters Sebastian Düring. Im Dezember 1913 trat die "Sängerriege" dem Schützenverein Stöckach bei.
Erst am 29. Januar 1925 wurde der Verein unter dem Namen "Sängerlust" Stöckach wieder ins Leben gerufen. Die Aufnahmegebühr betrug eine Mark, der Monatsbeitrag 20 Pfennig. Da es keine Gastwirtschaft gab, fanden die Gesangsproben bei Alois Düring statt. 1926 organisiertet der Verein seinen ersten Ball, der danach immer wieder zu den Attraktionen im oberen Haßgau gehörte. Ebenfalls 1926 beschloss der Verein die Anschaffung einer Vereinsfahne. Freiherr von Cornelius, ein Gönner der Sängerlust, ließ auf eigene Kosten einen Entwurf von einem Kunstmaler aus München anfertigen.
Ein Klavier für 150 Reichsmark
Auch die Theaterabende des Vereins waren zu dieser Zeit in Stöckach und umliegenden Ortschaften sehr beliebt. Zudem wurde das erste Kellerfest am Felsenkeller gefeiert, das dann zur Tradition wurde. Der damalige Gutsbesitzer Cornelius kaufte für den Verein 1931 ein Klavier für 150 Reichsmark, das noch bis 1977 vom Verein genutzt wurde. Der 15. Mai 1947 markierte das Wiedererwachen der Sängerlust nach dem Zweiten Weltkrieg, als ehemalige Mitglieder des Vereins ihrem Vereinskollegen Max Lutz ein Ständchen anlässlich der Silberhochzeit brachten.
Im Jahr 1948 trat erstmals ein gemischter Chor auf. Jedoch nur ein Jahr später beschloss der Verein nach heftiger Debatte, den Frauenchor nicht mehr zusammen mit den Männern singen zu lassen, da unter diesen Bedingungen der Männerchor, so hieß es, "leidet". In den folgenden Jahren veranstaltete der Verein neben den Liederabenden auch Nikolausfeiern, Weihnachtsfeiern, bunte Abende und das Kellerfest, das im Jahr 1972 zum Waldfest wurde. Das 75. Gründungsfest feierte die Sängerlust drei Tage lang mit vielen Gastchören.