
Mit vielfachem „thank you very much“ bedankten sich am Sonntag syrische und afghanische Asylbewerber in einem Gottesdienst in der evangelischen Kirche in Gleisenau. „Noch nirgends haben wir eine so gute Aufnahme erfahren wie hier von der Bevölkerung. Germany ist very good und wir sind glücklich hier zu sein.“ Diese Worte richtete Zen Aldeen Mahmoud an die Kirchenbesucher im Auftrag von 22 Flüchtlingen und Asylsuchenden, die seit vergangener Woche im Schloss Gleisenau eine Aufnahme gefunden haben.
Den Gottesdienst der evangelischen Kirchengemeinde stellte Pfarrer Volkmar Gregori unter das Motto „Flüchtlinge und asylsuchende Menschen unter uns“.
Kirchenvorstandsmitglied Gisela Hümmer interviewte mit Zen Aldeen Mahmoud einen der syrischen Asylbewerber, um Informationen aus deren Land, ihrer Flucht und ihrer jetzigen Situation zu erhalten. „Wir sind vor Terrorgruppen geflohen, die Menschen quälen, umbringen und köpfen. In Syrien musste ich allerdings meine Frau mit fünf Kindern zurücklassen. Ich hoffe natürlich, dass die deutsche Regierung auch meine Familie hierher nachkommen lässt. Es ist wirklich extrem gefährlich, dort zu bleiben. Tagtäglich sterben dort Freunde und Verwandte.“ Nach seinem Kontakt mit der Familie gefragt, betonte er, dass dies nur sehr sporadisch mit dem Handy möglich sei.
„Wo ich herkomme, begegneten sich auch bis zum Krieg Moslems und Christen wie Brüder. Genauso empfinde ich sie jetzt alle als meine Schwestern und Brüder und bin überglücklich hier zu sein.“ Sein Dank über die Aufnahme im Schloss in Gleisenau war mit seinem „thank you very much“ zahlreich und die Freude darüber unter den Kirchenbesuchern groß, so dass sie ihm einen langen Beifall zollten.
Pfarrer Volkmar Gregori erinnerte daran, dass schon vor ein paar Monaten bekannt wurde, dass Flüchtlinge bei Inkrafttreten des Notfallplans im Schloss Gleisenau untergebracht werden sollten. In der letzten Woche war es so weit. 14 Menschen aus Syrien und weitere acht Männer aus Afghanistan, alle Muslime, sind nun angekommen. Die politische Gemeinde, die katholische und evangelische Kirchengemeinde hätten dabei eng zusammengearbeitet.
Am heutigen Dienstag um 19.00 Uhr kommt der „Helferkreis“ wieder zusammen, um zu überlegen, wie es weitergehen kann. Werner Schöpplein, der mit Norbert Wippich zu den beiden Ansprechpartnern für den „Helferkreis“ zählt, sprach von einem Kreis von derzeit 18 Helfern. Weitere Leute hätten sich noch gemeldet und alle Interessenten sind auch zur Besprechung am Dienstag eingeladen. Man wolle noch „Sparten“ einrichten für Fahrdienste, Begleitung beim Einkauf und anderes mehr. Für wichtig hielt er es, Kontakte mit den Menschen zu schaffen. Die einzige Schwierigkeit sei dabei die Sprache. So wären Personen mit Englischkenntnissen besonders willkommen. Einige aus den Gruppen könnten sich mit Englisch verständigen und die Kommunikation dann an ihre Landsleute weiter geben. Das Engagement im Helferkreis sei dabei zeitlich begrenzt. In sechs Wochen solle die Notunterkunft Schloss Gleisenau wieder leer stehen.
Durch den Umgang mit den Fremden im Gleisenauer Schloss könne man zum Ausdruck bringen, was Gott im sogenannten „Heiligkeitsgesetz“ im 3. Buch Mose geboten habe, so Pfarrer Gregori. „Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der Herr, euer Gott.“
„In der Not zu helfen, das sei eine ganz einfache, selbstverständliche und klare Sache und zugleich auch eine sehr komplizierte Sache“, meinte Pfarrer Gregori. Dieser Gottesdienst solle auch bewusst machen, wie vielfältig und kompliziert die Fragen seien, die man bei dem Thema „Flüchtlinge und Asylanten“ habe. „Warum kommen so viele Flüchtlinge nach Deutschland und in manch andere europäische Länder so wenige? Können wir es uns weiter leisten so viele Flüchtlinge aufzunehmen? Woher haben sie das Geld, um ihre Schlepper zu bezahlen? Meistens sind es Männer, die ihre Heimat verlassen. Was ist mit den Frauen und Kindern, die zurückbleiben? Welche Rolle spielt unser Land und die anderen reichen Länder im Blick auf die Fluchtursachen?“
Pfarrer Gregori zeigte sich allen Menschen dankbar, die vor solchen Fragen nicht kapitulierten. Es sei gut, dass es solche Menschen auch in großer Zahl in der Gemeinde und in den Kirchengemeinden gebe.
„Wo fremde und heimatlos gewordene Menschen Gastfreundschaft erfahren, wo unterstützt und geholfen, zugehört und beraten, wo getröstet und in die Arme genommen wird, da geschieht Gutes. Da sind Menschen im Geiste Gottes tätig.“
Die Würde gegenüber Menschen zeige sich auch darin, wie man miteinander umgehe. „Selbstachtung und Selbstliebe sind wie Geschwister, sie gehören zusammen. Gottesliebe sowie Nächstenliebe und Fremdenliebe sind auch wie Geschwister. Auch sie gehören zusammen.“ Aus diesem Grunde, so Pfarrer Gregori, heiße man die Fremden willkommen. „Wir unterstützen sie, hier gut anzukommen. Wir beneiden sie nicht wegen dem bisschen, was sie an Mitteln kriegen. Wir nehmen sie als Persönlichkeit wahr und nicht nur als die Asylanten.“
„Die ersten Eindrücke sind gut, aber das wäre zu kurz gegriffen. Ich habe selten so dankbare Augen gesehen wie an diesem Abend bei der Begrüßung. Aus diesen Augen hat man auch die Erleichterung gesehen, dass sie in Gleisenau angekommen sind. Dabei sind ihre Gedanken ganz sicher auch bei ihren Familien“, beschrieb Bürgermeister Walter Ziegler seine Eindrücke.
Mit dieser Aktion sei die Notaufnahme im Landkreis abgeschlossen. Er sei allen dankbar, die bereit gewesen seien mitzuhelfen, damit sich die Gäste im Schloss Gleisenau wohlfühlen könnten. Einen besonderen Dank richtete er an Dieter Sauer, den Leiter des Sozialamts am Landratsamt Haßberge. „Er leistet derzeit unmenschliches und ist Tag und Nacht erreichbar, um alle Probleme unbürokratisch zu lösen.“ Bürgermeister Ziegler bat auch um Verständnis in der Bevölkerung und sprach abwertende Meinungen zu Handys unter den Asylbewerbern an. „Das Handy ist für sie oft die einzige Möglichkeit, um mit ihrer Familie in Kontakt zu bleiben. Schließlich machen sie sich ja auch Sorgen um ihre Familienangehörigen.“
In Gleisenau sind derzeit 14 Männer aus Syrien untergebracht. Der älteste sei 57 Jahre alt und der jüngste 17 Jahre. Die acht afghanischen Männer sind erst seit Samstagabend im Schloss Gleisenau und sind jünger, nämlich zwischen 17 und 25 Jahre alt. Sie beschrieben im Gespräch auch ihre Fluchtwege. Die Afghanen sind einen Monat lang unterwegs gewesen. Ihr Weg verlief von Afghanistan über Pakistan und Iran in die Türkei. Von dort aus ging es über Bulgarien, Serbien nach Passau.
Die 14 Syrer kamen in zwei unterschiedlichen Gruppen nach Gleisenau. Ihre Flucht führte von Syrien in die Türkei und dann übers Meer nach Athen. Mit kleinen Schlauchbooten, die man selbst aufblasen musste, nahm man diesen nicht ungefährlichen Seeweg. Auf den Booten wären über 40 Leute gewesen, davon zum Teil auch bis zu zehn kleine Kinder. Von Athen ging es dann nach Saloniki, Mazedonien und im Fußmarsch nach Serbien, wo man das erste Mal mit einer Polizei zusammentraf. Über Belgrad und Ungarn kam man dann nach Passau. Nun sei man erst einmal froh, diese Strapazen hinter sich gelassen und hier eine freundliche Aufnahme gefunden zu haben.
Wie es nach Gleisenau weiter gehe, ist für viele die Frage. Natürlich würden die Flüchtlinge auch an ihre Familien daheim denken. Die fünf syrischen Männer aus der einen Gruppe gaben auch Auskunft über ihr bisheriges Leben und ihre Berufsausbildung. Sie haben alle studiert, einer ist Psychologe und vier sind Juristen. Dazu kommt noch ein Ingenieur aus der Landwirtschaft.