
Seit vielen Jahren findet in Königsberg, immer am 27. Januar, in der Marienkirche mit der Herzog-Wilhelm-Kettenfeier eine Feier statt, bei der viele nicht wissen, was der Anlass dafür ist. Ihren Ursprung hat die Kettenfeier vor 400 Jahren. Sie erinnert an Herzog Wilhelm, der am 11. April 1598 in Altenburg geboren wurde, und ein Spross des Herzoghauses Sachsen-Weimar war. Von ihm ist ein Fensterbild im Chorraum der Marienkirche in Königsberg zu sehen. Zum Besitz dieses Hauses gehörten damals auch Königsberg und rund 32 Dörfer, die dem damaligen Herzog Johann Ernst IV. untertan waren. Während sich dieser mehr um die Verwaltung kümmerte, beschritt sein Bruder Wilhelm die militärische Laufbahn.
Die Reformation hatte das deutsche Volk in ein protestantisches und katholisches Lager gespalten. In einzelnen Gebieten Deutschlands galt nur der Glaube, für den sich der Landesherr entschieden hatte. Diesen Glauben mussten auch die Bewohnerinnen und Bewohner des jeweiligen Gebietes annehmen. Das Weimarer Haus schloss sich als eines der Ersten der Reformation an, deshalb wurde auch Königsberg evangelisch. Die evangelischen Fürsten fanden sich 1608 zur sogenannten Union zusammen, die katholischen Fürsten zur "Liga".
Damit war, wie ein Chronist schreibt, der "erste Zunder des nachfolgenden 30-jährigen Krieges (1618 bis 1648) und anderer, darinnen entstandenen Unheils gelegt". Königsberg, welches sich der Union angeschlossen hatte, lag eingekeilt zwischen den zur katholischen Liga gehörenden Bistümern Bamberg und Würzburg. Darunter hatte Königsberg zu leiden.
Herzog Wilhelm blieb seinem Glauben treu
Herzog Wilhelm nahm auf protestantischer Seite an diesem Religionskrieg teil. Dabei fiel er in den Diensten des Herzogs von Braunschweig in die Hände des Feindes und wurde in Neustadt in der Steiermark in Festungshaft gelegt. Dort sollte ihm die Freiheit erst wiedergegeben werden, wenn er als Fürst von der erkannten Wahrheit abfallen, also zum katholischen Glauben übertreten würde. Herzog Wilhelm blieb jedoch seinem Glauben treu. Am 27. Dezember 1624 wurde er unter der Bedingung, dass er nicht mehr zum Schwert greift, wieder auf freien Fuß gesetzt.
Gleich nach seiner Freilassung kündete er dem Amtmann von Königsberg seinen baldigen Besuch an. Am 25. Januar 1625 traf er hier gegen Abend ein, wo er von der Bevölkerung mit großer Begeisterung erwartet wurde. Ein Chronist berichtet: "Am Mittwochnachmittag hat der Herzog gebeichtet (...) und auf den folgenden Tag, als den 27. Januarie das Heilig-Abendmahl in Christlich-Fürstlicher Devotion und Andacht empfangen und diesen Tag als einen Dank- und Freudentag mit Vor- und Nachmittagspredigt celebrieret".
![Das Titelblatt von Johann Werneri Krausens gedruckter Predigt, Petri und Wilhelmi Ketten-Feyer genannt, […] aus dem Jahr 1690. Das Titelblatt von Johann Werneri Krausens gedruckter Predigt, Petri und Wilhelmi Ketten-Feyer genannt, […] aus dem Jahr 1690.](/storage/image/5/0/7/3/10753705_app-article-detail-full_1DzSzD_n1jN4v.jpg)
Die Herzog-Wilhelm-Kettenfeier hieß bis ins 18. Jahrhundert zunächst "Schloßfest", weil es sich um einen Dankgottesdienst in der Schloßkirche handelte. Dann, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, verfiel die Burg und die Schloßkirche war nicht mehr benutzbar. Der Gottesdienst wurde in die Marienkirche verlegt. Nachdem der Name "Schloßfest" nun nicht mehr passend war, kam die Bezeichnung "Kettenfeier" auf, wohl in Anlehnung an die gedruckte Predigt von Johann Werner Krauß über den Vergleich der Befreiung des Apostels Paulus aus den Ketten seiner Gefangenschaft bei Herodes in der Apostelgeschichte mit dem Schicksal von Herzog Wilhelm.
12.000 Gulden für die Stadt Königsberg
Noch heute, nach 400 Jahren, wird jedes Jahr in Königsberg "in Memoriam" für Herzog Wilhelm von Sachsen-Weimar ein Gottesdienst abgehalten. Denn wie sehr Herzog Wilhelm mit dem "Castra Kunegesperch" verbunden war, ist daraus ersichtlich, dass er nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft zuerst nach Königsberg zurückkehrte, bevor er den Weg über Coburg nach Weimar nahm.
Für sein Land war der standhafte Bekenner seines Glaubens später ein fürsorglicher Landesherr. Nicht zu vergessen, dass er am 27. Januar 1625 12.000 Gulden für die Stadt Königsberg stiftete, von dessen Zinsen alljährlich bis ungefähr 1770 ein Volksfest auf dem Schloßberg gefeiert wurde. Herzog Wilhelm starb im Alter von 64 Jahren am 17. Mai 1662 in Weimar.
Der Gottesdienst zur Erinnerung an den ehemaligen Herzog findet in diesem Jahr am Montag, 27. Januar, um 19 Uhr, in der Marienkirche statt. Auch die Schloßberggemeinde Königsberg fühlt sich noch heute mit der Rückkehr Herzog Wilhelms am 27. Januar verbunden. So hält sie ihre Jahreshauptversammlung immer am Sonntag vor oder nach dem 27. Januar ab. In diesem Jahr am Sonntag, 26. Januar, um 14.30 Uhr in der Schloßberggaststätte.