Für die gläubigen Bamberger und Bambergerinnen ist die Teilnahme an der großen Fronleichnamsprozession eine willkommene Gelegenheit, öffentlich Zeugnis abzulegen für Jesus Christus. Kirchenferne haken den prachtvollen Zug mit dem Allerheiligsten in der Monstranz, den blumengeschmückten Heiligenfiguren, dem Domkreuz und den Zunftsstangen als Folklore ab. Säumen aber trotzdem den Prozessionsweg vom Domplatz durch die Altstadt, weil das farbenfrohe Spektakel einfach zu schön ist, um es zu versäumen.
Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause mit Feier in lediglich äußerst abgespeckter Form im Dom ist heuer am Donnerstag, 16. Juni, alles wieder wie gewohnt. Und das in einem Jubiläumsjahr: Vor genau 200 Jahren, 1822, fand die große Fronleichnamsprozession in ihrer heutigen Form zum ersten Mal statt. Das neu eingeführte Metropolitankapitel hatte diese so festgelegt.
„Die Zahl der Fremden, welche aus Nah und Fern zu der erhabenen Feier herbeigeströmt waren, wird auf Tausende geschätzt“, berichtete das Bamberger Tagblatt schon 1858. So blieb es bis vor Corona. Ob sich 2022 wieder Tausende an dem wohl katholischsten aller Kirchenfeste beteiligen, ist offen. Zumal es schon „ein Weg war, dass alle ehrenamtlichen Helfer nach zwei Jahren Pause wieder zusammenfinden“, weiß Birgit Kastner.
Das Erbe bewahren
Die Hauptabteilungsleiterin Kunst und Kultur im Erzbischöflichen Ordinariat ist auch für die diözesanen Feste zuständig. Bei ihr laufen die organisatorischen Fäden zusammen. Wie zum Beispiel die Planungen für die Träger der Marienstatuen aus den Pfarrkirchen Unsere Liebe Frau (Obere Pfarre) und St. Martin. Oder für das etwa 600 Kilogramm schwere reich verzierte Reliquienkreuz (Domkreuz) aus dem Diözesanmuseum, das 16 starke Männer durch die Straßen tragen werden. „Ihnen sowie den weiteren Traditionsträgern gilt für ihren Dienst und ihre Mitwirkung großer Respekt und Dank“, erklärt Birgit Kastner. Denn diese Männer würden nicht nur Kreuze und Heiligenstauen tragen, sondern auch ein immaterielles Erbe der Kirche und der Stadt Bamberg bewahren.
Eine Fronleichnamsprozession gibt es in Bamberg bereits seit 1390. Damals ordnete Bischof Lamprecht von Brunn ein Fest zur Ehre des Leibes Christi mit Prozession unter Teilnahme des Domklerus und der Stiftskirchen an. „Dabei wurde das Allerheiligste mitgetragen, jedoch nur durch den Dom in den Bischofssitz Alte Hofhaltung und zurück“, erzählt Birgit Kastner aus der Geschichte. Stationen auf dem Prozessionsweg sind erst ab dem 16. Jahrhundert überliefert. Daneben fanden Umgänge an den Pfarrkirchen Unsere Liebe Frau und St. Martin statt, wo auch Bürger und Stadträte zum Mitgehen verpflichtet wurden.
Aus diesen drei Prozessionen entwickelte sich letztlich in der Barockzeit die große Fronleichnamsprozession, zu der ein handschriftliches Zeremonienbuch aus dem Jahr 1730 vorliegt. „Die Säkularisation 1802 zerschlug nicht nur kirchlichen Besitz, sondern auch Traditionen“, so Kastner. Ein Umgang mit Monstranz, Figuren und Bildern war untersagt. Erst nach der Neuordnung der Bistümer sowie Wiedereinführung der Bischöfe und Domkapitel 1817 konnte das Fronleichnamsfest wieder aufleben.
Birgit Kastner freut sich, dass die Bischofsstadt Bamberg diesen Teil ihres religiösen und kulturellen Erbes in diesem Jahr pflegen kann. Die Eucharistiefeier mit Erzbischof Ludwig Schick, den Mitgliedern des Domkapitels und den Pfarrern der Stadt beginnt um 8 Uhr auf dem Domplatz. Nach dem Schlussgebet beginnt die Prozession zu den weiteren Stationen Holzmarkt und Maxplatz, die mit dem Eucharistischen Segen auch wieder auf dem Domplatz endet.
Zahlreiche Beteiligung
Zahlreiche Gruppen und Organisationen reihen sich in den Zug ein: die Pfarreien mit ihren Geistlichen und Ministranten, die Ritterorden, die Ordensleute, Mitglieder der Räte und Gremien, die Honoratioren aus Stadt und Landkreis Bamberg sowie die Bruderschaften, Innungen und Vereine, die das Erbe der Zünfte pflegen wie etwa die Bamberger Gärtner und viele mehr.
Ein Begleitheft mit Liedern und Gebeten wird von den Ordnern verteilt. Um 8.30 Uhr beginnt auf dem Maxplatz ein Familiengottesdienst.