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Haßfurt
Wie uralte Schätze aus Haßfurt eine neue Heimat im Spessart finden
Tino Görtler lebt seit 21 Jahren bei Gemünden, bleibt aber seiner Heimatstadt Haßfurt aber treu - und sammelt alles Historische. Was sind seine größten Schätze?
Tino Görtler ist stolz auf das fast 100 Jahre alte Verkehrsschild, das seinerzeit in der Nähe von Haßfurt stand.
Foto: Christian Licha | Tino Görtler ist stolz auf das fast 100 Jahre alte Verkehrsschild, das seinerzeit in der Nähe von Haßfurt stand.
Christian Licha
 |  aktualisiert: 06.01.2022 02:21 Uhr

"Haßfurt 7 km", steht auf dem Titan-Emaille-Schild des "Deutschen Touring Clubs", das Tino Görtler stolz in seinen Händen hält. Irgendwann zwischen 1928 und 1932 stand es irgendwo an einer Straße, eben genau diese sieben Kilometer von der jetzigen Kreisstadt entfernt.

Der 46-jährige Gastwirt aus dem Gemündener Stadtteil Seifriedsburg ist ein gebürtiger Haßfurter, den es der Liebe wegen vor 21 Jahren in den Landkreis Main-Spessart zog. Seitdem hat ihn die Sammelleidenschaft gepackt. Hauptsächlich alte Fotos, aber auch Dokumente, Schilder und ähnliches versucht er seitdem zu ergattern. Mittlerweile kann Tino Görtler schon einen wahren Schatz an teils raren historischen Dingen sein Eigen nennen.

Bevor das Hotel Post abgerissen wurde, durfte es die Haßfurter Feuerwehr für eine Übung nutzen. Heute steht hier der Kupsch-Markt.
Foto: Christian Licha | Bevor das Hotel Post abgerissen wurde, durfte es die Haßfurter Feuerwehr für eine Übung nutzen. Heute steht hier der Kupsch-Markt.

Erinnerungen an die Brauerei Hiernickel

In einer Ecke des Gasthauses "Goldener Hahn" in der Kasper-Volpert-Straße in Seifriedsburg sieht es fast aus wie in einem Brauerei-Museum. Neben dem Genuss von Schnitzeln und Bräten aus eigener Herstellung kann der geneigte Betrachter in dem Wirtshaus zahlreiche alte Tonkrüge, Biergläser und anderes Accessoires bestaunen. Vieles davon ist von der ehemaligen Haßfurter Brauerei Hiernickel, deren Firmengeschichte schon lange Vergangenheit ist.

Der Kinderspielplatz an den ersten Hochhäusern Haßfurts wurde 1973 eingeweiht.
Foto: Christian Licha | Der Kinderspielplatz an den ersten Hochhäusern Haßfurts wurde 1973 eingeweiht.

Tino Görtler, dessen Frau Nicole sowie die Kinder Marie-Sophie und Maximilian die Sammelleidenschaft unterstützen, hat aber noch viel mehr auf Lager. Über 500 alte bis uralte Fotos rund um die Kreisstadt sowie gut 300 Postkarten mit entsprechenden Motiven hat er bisher auf Flohmärkten oder bei Nachlass-Auflösungen erwerben können. "Von dieser Postkarte gibt es nur noch ganz wenige", sagt Tino Görtler und zeigt das gute Stück, auf dem das damals alleinstehende Gebäude der Schreinerei Gehles in Haßfurt zu sehen ist. Ein Verlag Namens Anton Schmitt aus Haßfurt muss diese Karte vor 1908 produziert haben. Dieses Datum bezeugt der Poststempel aus Obertheres. Von dort aus wurde die Postkarte seinerzeit nach Frankreich verschickt.

Tino Görtler entdeckte die Existenz des AMCH, eines Automobilclubs mit Sitz in Haßfurt.
Foto: Christian Licha | Tino Görtler entdeckte die Existenz des AMCH, eines Automobilclubs mit Sitz in Haßfurt.

Bekannte Haßfurter Namen im Protokoll

Unter anderem entdeckte Tino Görtler auch die frühere Existenz eines Vereines, der selbst im Haßfurter Stadtarchiv vorher noch nicht bekannt war. "AMCH Automobil-Klub Haßgau" mit Sitz in Haßfurt  steht auf dem Gründungsprotokoll, das dem Sammler vorliegt. Es ist datiert auf 25. März 1928, der Verfasser brachte es in der ehemaligen Gastwirtschaft "Bayerischer Hof" zu Papier. Namhafte Gründungsmitglieder damals waren zum Beispiel der Industrielle Nikolaus Mölter oder der Maler Josef Kehl. Als Leitspruch steht auf dem Dokument "Töff Heil".

Sehr guten Zuspruch hatte in früheren Jahren das Siedlerfest an der Kreuzung Goethestraße/Düsseldorfer Straße.
Foto: Christian Licha | Sehr guten Zuspruch hatte in früheren Jahren das Siedlerfest an der Kreuzung Goethestraße/Düsseldorfer Straße.

Ein ganz altes Stück ist das Kassenbuch der "Bischof Georg Anton Kleinkinder-Verwahranstalt-Stiftung zu Haßfurt" aus den Jahren 1865/66. Bekannte Haßfurter mit Namen wie Hiernickel, Amberg, Reinhard und Elsen unterzeichneten hier ein Protokoll mit Rechnungsbelegen. Uralt ist auch ein Los der "Geld Lotterie Haßfurt", bei der am 7. Dezember 1886 die Ziehung der Geldpreise anstand. 50 000 Mark winkten damals dem glücklichen Hauptgewinner, der nur zwei Mark Lotterieeinsatz zu zahlen hatte. 

Zu Gunsten der Renovierung der Ritterkapelle konnte man 1886 Lotterielose erwerben und 50 000 Mark als Hauptpreis gewinnen.
Foto: Christian Licha | Zu Gunsten der Renovierung der Ritterkapelle konnte man 1886 Lotterielose erwerben und 50 000 Mark als Hauptpreis gewinnen.

Damals gab es noch eine Badeanstalt am Main

Aus der neueren Geschichte Haßfurts - von den 1950-er bis 1970-er Jahren - hat Tino Görtler zahlreiche Fotos, die das damalige Leben dokumentieren. So sieht man zum Beispiel, dass damals noch Hochbetrieb beim alljährlichen Heimat- und Schützenfest der Königlich privilegierten Schützengesellschaft 1430 herrschte. Seit den 1990-er Jahren gibt es dieses Fest nicht mehr.

Viel los war früher beim Heimat- und Schützenfest auf dem Festplatz Gries.
Foto: Christian Licha | Viel los war früher beim Heimat- und Schützenfest auf dem Festplatz Gries.

Ähnlich sieht es aus alljährlichen Siedlerfest, das immer an der Kreuzung Goethestraße/Düsseldorfer Straße stattfand. Dereinst waren vollbesetzte Sitzplätze keine Seltenheit, wie auf einem anderen Foto zu sehen ist. Ebenso ist die einstige Badeanstalt am Main dokumentiert, genauso wie der Neubau des TV-Freibades in den 1960-er Jahren. Aufnahmen von den Baracken in der Nikolaus-Mölter-Straße nach dem Krieg, vom Straßenbau in der Brüder-Becker-Straße oder vom 1973 eingeweihten Spielplatz an den damals ersten Hochhäusern in Haßfurt "Am Sauerländig" sind ebenso wertvolle Fotoschätze.

Unvergessen für die alten Haßfurter: Hannes Ebert fuhr bis in die späten 1980-er Jahre mit seinem Pferdefuhrwerk durch Haßfurt und erledigte Transporte für die Bevölkerung.
Foto: Christian Licha | Unvergessen für die alten Haßfurter: Hannes Ebert fuhr bis in die späten 1980-er Jahre mit seinem Pferdefuhrwerk durch Haßfurt und erledigte Transporte für die Bevölkerung.

Schluckimpfung in Plastikbechern

Passend zur heutigen Zeit hat Tino Görtler einen alten Zeitungsbericht herausgesucht, in dem es heißt: "Das Zeug schmeckt wunderbar süß". Gemeint ist die 1963 eingeführte Schluckimpfung gegen Kinderlähmung, die einen großen Andrang erfuhr. Die Zeitung berichtet, dass 200 Personen der Impfstoff in Plastikbechern serviert wurde - die Behältnisse waren noch kleiner als ein Schnapsglas.

Eine Eisenkette von einer 'Meekuh' erinnert in Seifriedsburg vor dem Kriegerdenkmal an die alte Schifffahrt auf dem Main bei Haßfurt.
Foto: Christian Licha | Eine Eisenkette von einer "Meekuh" erinnert in Seifriedsburg vor dem Kriegerdenkmal an die alte Schifffahrt auf dem Main bei Haßfurt.

Ein weiteres Relikt aus Haßfurt prangt in Seifriedsburg vor dem Kriegerdenkmal. Tino Görtler konnte einst von einem Sammler ein Stück der in England hergestellten Eisenkette erstehen, die damals an den auf dem Main schwimmenden "Meeküh" angebracht waren. Als zweiter Vorsitzender der Soldatenkameradschaft in seinem neuen Heimatdorf kam Tino Görtler auf die Idee, diese Kette vor dem Denkmal anzubringen, was anläßsslich einer Renovierung vor einigen Jahren realisiert wurde. Wie Tino Görtler erzählt, wurden ab 1940 viele dieser Ketten eingeschmolzen und für die Kriegsproduktion verwendet. Nur wenige überlebten bis in die heutige Zeit, so wie das rund drei Meter lange Teilstück an dem Mahnmal.

Die Häuser standen schon, aber danach wurde erst die Straße gebaut. Blick in die Brüder-Becker-Straße in den 1960-er Jahren.
Foto: Christian Licha | Die Häuser standen schon, aber danach wurde erst die Straße gebaut. Blick in die Brüder-Becker-Straße in den 1960-er Jahren.
 
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  • molinarius21
    Das Essen im "Goldenen Hahn" ist sehr zu empfehlen. Für jeden, der die gut-bürgerliche Küche mag, ein Leckerbissen. Und Hassfurt: Auch ein schönes Städtchen.
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