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Sand am Main
Wie neuen Wohnraum schaffen, ohne viel Platz zu verbrauchen
Die Gemeinde Sand hat ein Ingenieurbüro damit beauftragt, sich Gedanken über die bessere Nutzung der Potenziale im Innenbereich zu machen, zum Beispiel bei Leerständen.
Wie kann in Sand zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden, ohne dafür viel Platz zu verbrauchen? Eine Möglichkeit wäre, Leerstände wiederzubeleben. Zweiter Bürgermeister Gerhard Zösch zeigt im Rundgang mit dieser Redaktion ein Beispiel.
Foto: Wolfgang Sandler | Wie kann in Sand zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden, ohne dafür viel Platz zu verbrauchen? Eine Möglichkeit wäre, Leerstände wiederzubeleben.
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:43 Uhr

"Es geht darum", so Zweiter Bürgermeister Gerhard Zösch im Gespräch mit dieser Redaktion, "herauszufinden, was wir machen können. Wie gelingt es uns, möglichst viel Wohnraum zu bekommen und möglichst wenig Platz dafür zu verbrauchen."  Sand sei eine kleine Gemeinde, sagt Zösch, mit einer Fläche von 1228 Hektar. Im Norden begrenzt durch ein Hochwassergebiet, im Süden überspannt eine 380 kV-Leitung das Gemeindegebiet. 82 Hektar sind unter Wasser, 200 Hektar sind bebaut. Das Problem, so Zösch, sei der Umstand, dass die Gemeinde über keine eigenen erschlossenen Bauplätze verfügt. Es gebe aber Möglichkeiten, Bauflächen zu gewinnen, ohne eine neues Baugebiet ausweisen zu müssen.

"Wir wollen erst die Ressourcen angehen, die schon zur Verfügung stehen - erst dann gehen wir auf die grüne Wiese."
Gerhard Zösch, Zweiter Bürgermeister von Sand

Und hierfür wurde nun ein Ingenieur-Büro verpflichtet, das diese Möglichkeiten ausloten soll. Es böte sich zum Beispiel, so Zösch bei einem Rundgang durch Sand, die Wiederbelebung von Leerständen an. Eine andere Möglichkeit besteht darin, große Grundstücke für eine Bebauung freizugeben. So sei das Gemeindegebiet vor Jahren von einer 220 kV-Leitung überspannt gewesen und aufgrund  von vorgeschriebenen Abständen zu der Leitung, seien die Grundstücke 1200 bis 1500 Quadratmeter groß. Die Leitung existiere nun aber nicht mehr, sondern sei in der 380 kV-Leitung aufgegangen. Deshalb könnten diese großen Grundstücke nun für eine neue Bebauung herangezogen werden.

Man könnte auch an ältere Hausbesitzer herantreten, die vielleicht nicht mehr  lange ihr Anwesen selbst bewirtschaften,und über einen etwaigen Kauf der jeweiligen Immobilie durch die Gemeinde sprechen. Dann könnte die Gemeinde entscheiden, wie künftig mit dem jeweiligen Grundstück verfahren werden kann. Zösch fasst die Absicht zusammen: "Wir wollen erst die Ressourcen angehen, die schon zur Verfügung stehen - erst dann gehen wir auf die grüne Wiese."

Sand ist als Wohnortgemeinde attraktiver denn je, sagt Bürgermeister Bernhard Ruß in einer Verlautbarung. Einen Grund dafür sieht er in der günstigen Lage und der guten Straßenanbindung an die Oberzentren Bamberg und Schweinfurt, zum anderen verfügt die Gemeinde - laut Ruß - über eine sehr gute Infrastruktur mit Kindertagesstätten, Grundschule, Sportstätten und Freizeitangeboten durch die Vereine. Gerade für junge Menschen, die Familien gründen und entsprechende Unterstützung benötigen, habe Sand viel zu bieten. Aber auch ältere Menschen seien medizinisch und durch Freizeitangebote gut versorgt. Für die Einrichtung einer Tagespflege für ältere Menschen laufen derzeit vielversprechende Verhandlungen, so Ruß.

Flächenverbrauch eingedämmt

Die Gemeinde sei in der Vergangenheit sparsam mit ihrer kleinen Gemarkungsfläche umgegangen. Für die Vergabe von Bauplätzen durch die Gemeinde habe man ein Einheimischen-Modell angewendet, sagt Ruß, das Ortsansässige bevorzugte, dafür jedoch eine Bauverpflichtung innerhalb von zwei Jahren beinhaltete. Durch diese Vorgehensweise sei der Flächenverbrauch eingedämmt worden.  Die Bevölkerung wuchs langsam und organisch. Es entwickelte sich eine gute Verbindung der Neuzugezogenen zu den Ortsansässigen. Reine Schlafsiedlungen seien vermieden worden.

In der Unteren Länge (Richtung Knetzgau) sei deutlich zu sehen, wie groß die Nachfrage nach Bauplätzen in Sand ist. Kaum war der Asphalt kalt, wurden die ersten Häuser gebaut, so Ruß. Inzwischen mache das Siedlungsgebiet schon einen geschlossenen Eindruck.

Nachdem die Gemeinde über keine eigenen Bauflächen verfüge, die Nachfrage nach Bauland in Sand aber nach wie vor groß sei, muss die Gemeinde entscheiden, wie sie die weitere Entwicklung steuern will. Dazu gehöre die Nutzung von Leerständen im Altortbereich, die Aktivierung von Baulücken, die schon seit Jahrzehnten brach liegen sowie auch die mögliche Ausweisung weiterer Baugebiete, gibt Ruß seinem Stellvertreter Recht.

In Sonderprogramm aufgenommen

Um sich bei der Erhebung der Innenentwicklungspotenziale und der Entscheidung über die weitere Entwicklung des Ortes professioneller Unterstützung bedienen zu können, habe die Gemeinde die Aufnahme in das Sonderprogramm der bayerischen Staatsregierung beantragt und auch erreicht. "Sand erhält die Höchstförderung für Gemeinden bis 5000 Einwohner in Höhe von 15 000 Euro", so Bernhard Ruß.

Das Planungsbüro Wegner (Veitshöchheim) habe im Februar dieses Jahres mit seiner Bestandaufnahme begonnen und die ersten Ergebnisse und die weiteren Planungsschritte in einer Informationsveranstaltung am 21. Mai präsentiert, zu der rund 50 interessierte Bürgerinnen und Bürgern erschienen waren. Danach sind 64 Baulücken vorhanden, bei 37 Grundstücken ist eine Nachverdichtung möglich. Außerdem besteht noch Potenzial für Gewerbeflächen. Auch durch Änderungen bei den Festsetzungen des Bebauungsplans können weitere Flächen zur Bebauung gewonnen werden, erläutert Ruß die Vorstellungen des Ingenieur-Büros.

Eigentümer-Befragung

Zunächst würden mittels eines Fragebogens die Eigentümer der erhobenen Potenzialflächen über ihre Absichten zur Nutzung befragt. Angeboten werde dabei auch eine Beratung, wie sie ihr Grundstück in Wert setzen können. So könnten sie zum Beispiel den Wert ihres Grundstückes als Kapital einbringen und in der zu errichtenden Immobilie Eigentum erwerben und eine Rendite erzielen.

Darüber hinaus wurde ein Infoblatt „Innenentwicklung – Möglichkeiten und Chancen“ erstellt, das an alle Haushalte verteilt wird. Darin seien Problemstellung und Lösungsansätze zusammengefasst und Ansprechpartner benannt. Alle, die an der Weiterentwicklung der Gemeinde Sand interessiert sind, sollten sich damit auseinandersetzen. Bertram Wegner habe darum gebeten, dass die Rückmeldung auf den Fragebogen bis zum 30. Juni erfolgen solle.

Das Innentwicklungsprojekt der Gemeinde Sand geht somit über eine Bestandaufnahme und eine reine Verkaufsbörse hinaus: Es verschafft dem Grundstückseigentümer zusätzliche Perspektiven. Beraten lassen können sich aber auch alle anderen Eigentümer, die sich Gedanken über eine spätere Nutzung ihrer Immobilie machen, schließt Bürgermeister Ruß.

Als Folge der Zunahme der Bevölkerung bei gleichzeitig erhöhtem Raumbedarf je Einwohner würden in Bayern täglich etwa 12 Hektar Landschaft überbaut – Flächen, die für Tiere und Pflanzen, Klima und Landwirtschaft, aber auch für die Erholung von maßgeblicher Bedeutung seien. Die Aktivitäten der Gemeinde Sand seien ein bescheidener Beitrag, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Ruß zitiert in diesem Zusammenhang den chinesischen Philosophen Laotse: „Jede große Reise beginnt mit einem kleinen Schritt.“

Die Kartierung gibt Aufschluss über Möglichkeiten zur Wohnraumgewinnung in Sand, ohne zusätzliche Baugebiete ausweisen zu müssen.
Foto: Grafik: Jutta Glöckner | Die Kartierung gibt Aufschluss über Möglichkeiten zur Wohnraumgewinnung in Sand, ohne zusätzliche Baugebiete ausweisen zu müssen.
Gründe für gestiegenen Flächenbedarf
Der gestiegene Flächenbedarf hat verschiedene Gründe. Einer davon ist der durch den Wohlstand gestiegene Bedarf an Wohnraum. Lag dieser 1950 in Deutschland noch bei 15 m² je Bewohner, so liegt er heute bei 47 m². Verbunden mit dem Anstieg der Bevölkerung von 2.010 Einwohnern im Jahre 1958 auf derzeit 3.122 Einwohner bedeutet dies für Sand eine Zunahme der Wohnbebauung von 26 Hektar auf 125 Hektar. Gleichzeitig sank die Siedlungsdichte von 77 EW/ha auf 25 EW/ha.
 
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