Es wird geknetet, gemalt, gehämmert, gebügelt, gestochen, gefilzt, geklebt und gesponnen. Die Klassenzimmer der Grundschulen in Hofheim und Aidhausen haben sich für drei Tage in Kunstwerkstätten und Ateliers verwandelt. Welche Tür man auch öffnet – wo sonst Mathe und Deutsch gebüffelt werden, sind Schüler mit Feuereifer dabei, ihr künstlerisches Talent zu erproben.
Zum zweiten Mal fanden vergangene Woche an der Hofheimer Grundschule die Projekttage „Kunststückchen“ statt. Wie bereits vor vier Jahren, haben sich auch dieses Mal Künstler und Lehrkräfte gefunden, die den Erst- bis Viertklässlern vielfältige kreative Gestaltungsmöglichkeiten näherbringen. Aus zwölf Angeboten konnten die Hofheimer, aus sechs die Aidhäuser Schüler je zwei Favoriten wählen. „Roboter, Töpfern und Schmuck lagen bei uns hoch im Kurs“, sagt Lehrerin Anja Schumm vom Steuerungsteam „Kunststückchen“. Zusammen mit ihren Kolleginnen Anna-Maria Ort, Margitte Hartung-Eller, Annika Lingg-Lerche und Michaela Wüchner war sie für die Organisation verantwortlich. Jeder Schüler sollte nach Möglichkeit in eine Gruppe seiner Wahl kommen – bei gut 300 Kindern eine Herausforderung, gesteht die Lehrerin.
Blickt man von einem der oberen Stockwerke hinab in die Aula, bietet sich ein tolles Bild: Auf ausgebreiteten Decken knien und liegen Schüler und bemalen Bretter mit bunten Figuren. Die lustig gestalteten Holzlatten werden künftig als Zaun den Pausenhof verschönern.
Sich selbst schmücken, darum geht es den Mädchen in der Gruppe von Tanja Weißenseel. Aus der Modelliermasse Fimo werden pastellfarbene Perlen geformt. In einen Anhänger aus Aluminium hämmern die jungen Schmuckdesigner mit Schlagstempeln ihren Namen oder ein Motiv. „Wir nehmen die Buchstaben ,BFF' und eine Pusteblume und einen Marienkäfer“, haben sich die Freundinnen Jule und Anika für Freundschaftanhänger entschieden.
In der Roboterwerkstatt blinkt und glitzert es. Phantasievolle Gestalten sind hier mit jeder Menge Alufolie, Weihnachtsschmuck und Heißkleber kreiert worden. Die Baumeister sind sichtlich stolz auf ihre Objekte. „Zurück in die Steinzeit“, heißt es in der Gruppe Höhlenmalerei. Mit behauenen Feuersteinen ritzen die Schüler Mammuts und anderes urzeitliches Getier in Steine. Eine mühselige Angelegenheit, die Ausdauer verlangt.
„Wir halten nicht nur Unterricht“, sagt Schulleiter Helmut Ott. Die Projekttage seien ein attraktives Angebot für die Kinder. „Alle dürfen das machen, wofür sie sich entschieden haben.“ Von den Kindern seien Konzentration und Geduld gefordert. Die bewiesen die Teilnehmer in der von ihm geleiteten Gruppe „Dot-Painting“ auf jeden Fall. Gar nicht so einfach, Punkt für Punkt so akkurat zu platzieren, dass sie symmetrisch gemusterte Schmetterlingsflügel oder Schildkrötenpanzer bilden. Hochkonzentriert färben Elisa und Luise wieder und wieder das Wattestäbchen ein und tupfen damit aufs Blatt. „Man braucht schon viel Geduld“, sind sie sich einig. „Aber, es macht auch richtig Spaß“. Voller Vorfreude planen sie, wie sie die Steine gestalten wollen, die als nächstes an der Reihe sind. „Da müssen wir besonders aufpassen, dass wir die Farben richtig anmischen“, hat sich Elisa gemerkt. „Genau, nicht zu flüssig und nicht zu fest“, ergänzt Luisa.
Im Handumdrehen lassen sich dagegen mit der Maltechnik Enkaustik überraschende Effekte zaubern. Wachs auf das heiße Bügeleisen auftragen und drauf aufs Papier. Doch damit kleine Kunstwerke entstehen, müssen auch hier Farben und Strukturen stimmen. Präzision ist auch beim Falten der Kraniche gefragt. Ein Schwarm von mindestens 200 der Vögel schweben von der Decke des Klassenzimmers in Aidhausen – ein fantastischer Anblick.
Ausstellung zum Abschluss
Am Freitag folgte die große Ausstellung. Rektor Helmut Ott dankte Sponsoren und allen Beteiligten für ihren Einsatz. Einen besonderen Applaus gab es für Hausmeister Eugen Klopf. „Egal was gebraucht wird, er schafft es herbei.“ Eltern, Großeltern und andere Gäste staunen nicht schlecht über die gelungenen Ergebnisse. „Alles phänomenal“, ist Klaus Zitzmann von den vielen kreativen Ideen begeistert. „Bei den Wachsbildern könnte man glatt meinen, da waren Künstler am Werk.“ Mit sichtlichem Stolz zeigen die jungen Künstler ihre Werke und werden nicht müde, wieder und wieder den Herstellungsprozess zu erklären. „Meine Tochter Franziska ist jeden Tag völlig begeistert heimgekommen“, lobt auch Michaela Just das Projekt. Der Elternbeirat, neben der Raiffeisen-Volksbank und der Sparkasse einer der Hauptsponsoren des Projektes, sorgte während der Ausstellung für die Verpflegung. Elternbeiratsvorsitzende Nina Eiring freut sich über den Eifer der Kinder. „Aber auch die Künstler haben tolles geleistet. Sie kennen die Kinder ja nicht und müssen zudem auf die unterschiedlichen Altersgruppen eingehen.“
Lob an die Schulkinder
Auch die Lehrkräfte, die den Gruppen zugeordnet waren, sind angetan. „Man erlebt die Kinder ganz anders“, schwärmt Doris Kampmann. „Gerade die Kinder, die im Unterricht etwa schwieriger sind, zeigen sich hier von einer positiven Seite.“ Der Kunstunterricht ist im Schulalltag nur einstündig. Nun sei mal wirklich Zeit gewesen, an einer Sache zu bleiben, sagt Karin Janek. „Es durfte endlich mal was fertig werden. Und die Ergebnisse sind einfach wunderschön“, freut sie sich. Aus der Gruppe „Freiheit der Farben“ habe sie selbst viel für ihren Unterricht mitgenommen. Allem voran die Botschaft, „du kannst in der Kunst nichts falsch machen.“