Wenn, wie am vergangenen Wochenende, Dorffest ist im kleinen Kirchlauterer Ortsteil Pettstadt, dann ist auch Erna Schor immer mit dabei. Ihr Name ist eng verbunden mit der Kindertanzgruppe des Ortes. Für die 89-Jährige, die kurz vor ihrem 90. Geburtstag steht, war es möglicherweise der letzte Auftritt als Tanzlehrerin. Ihre Mädchen zeigten in ihren rotweißen Trachten auf dem Podium noch einmal ihr ganzes Können – und ernteten von den vielen Besuchern tosenden Beifall.
Seit Jahrzehnten bereichert die Gruppe mit ihren Tanzeinlagen die Feste in den "Heiligen Ländern". Wer aber ist die Frau, die seit 45 Jahren bei den Auftritten den Rhythmus vorgibt?
Vor über 50 Jahren nach Pettstadt gezogen
Die Eltern von Erna Schor, geborene Weiglein, stammten aus Eschenbach und Lembach. Sie selbst ist in Bamberg geboren. Mit fünf Jahren zog es die Familie nach Stadthagen bei Hannover, wo Erna Schor ihre Jugendzeit verbrachte und schon bald in der Pfarrjugend aktiv wurde. Dabei, so erinnert sie sich, kam sie erstmals mit dem Tanzen in Berührung.
In den Ferien, erzählt Schor weiter, ging es immer wieder zu den Verwandten nach Bayern. Durch Bekannte lernte sie ihren späteren Mann Josef Schor kennen. Dann, im Jahr 1970, zog Erna Schor schließlich nach Pettstadt. Das Paar heiratete. "Als ich die vielen Kinder in Pettstadt sah – damals gab es noch viele –, konnte ich nicht anders und musste einfach mit ihnen tanzen. Auch die Kinder waren gleich begeistert und so tanzten wir einfach ab und zu auf dem Dorfplatz", erinnert sie sich an ihre Anfangszeit.
In der Schule steckten die Pettstadter Mädchen auch ihre Mitschülerinnen aus Kirchlauter und Neubrunn mit ihrer Freude am Tanzen an. Später kamen andere Orte dazu. Schon bald formte sich eine richtige Tanzgruppe. "Die ersten Proben waren noch auf dem Dorfplatz in Pettstadt", erinnert sich Schor. "Bei schlechtem Wetter nutzten wir das Gemeindehaus, bevor wir dann im Gemeindezentrum in Kirchlauer unterkamen." Dies habe sich herumgesprochen, und so kamen immer mehr Eltern, die ihre Kinder für diesen fordernden Freizeitspaß anmelden wollten. In manchen Jahren tanzten bis zu 40 Mädchen im Alter von sechs bis 14 Jahren auf dem Dorfplatz.
Erna Schor verstand es dabei, die Mädchen für Tänze wie dem "Spinnradl" zu begeistern. Es hagelte Einladungen, eine Tracht musste her. Auch dafür sorgte sie mit ihren Nähkünsten und der Unterstützung des einen oder anderen Elternteils.
Buben werden Teil der Tanzgruppe
Inzwischen hatten sich auch einige Buben für die Tanzgruppe interessiert, sie traten schließlich in schicken Westen auf. Doch bis Jungen und Mädchen gemeinsam auf der Bühne stehen konnten, gab es bei der Paarbildung während der Proben auch das ein oder andere Problem, erinnert sich Erna Schor: "So mancher Junge wollte mit dem einen oder anderen Mädchen einfach nicht tanzen." Da schritt dann Erna Schor schon einmal mit den Worten ein: "Ihr sollt euch doch nicht heiraten, sondern nur miteinander tanzen!". Damit, sagt die 89-Jährige, sei die Stimmung meist wieder gerettet gewesen – und die jungen Tanzpärchen drehten sich mit einem Lächeln im Gesicht im Kreise.
Die Kindertanzgruppe Pettstadt gewann an Zuspruch, sie trat überörtlich auf bei Pfarrfesten, aber auch beim Bauernball in der Franz-Hofmann-Halle in Knetzgau oder bei Tagungen der Ortsbäuerinnen und anderen Anlässen. Inzwischen waren auch Erna Schors zwei Töchter dabei und bereiteten die Gruppe auf Faschingsauftritte vor. Dies dauerte eigentlich an bis zur Corona-Pandemie, die für die Tanzgruppe eine harte Zäsur brachte. Wie vieles andere musste auch das Tanzen völlig eingestellt werden.
Über 20 Tänze kann Schor weitergeben
Nun aber stellt sich die Frage, wie es weitergehen wird mit der Kindertanzgruppe Pettstadt. Denn die Leitung möchte die inzwischen 89-Jährige gerne abgeben. "Wenn jemand von den Müttern oder andere Frauen die Organisation übernehmen würden, stehe ich Gewehr bei Fuß", sagt sie.
Ganz aufhören möchte und kann Erna Schor am Ende aber doch nicht: "Ich habe ja über 20 andere Tänze in mir drinnen, würde die Tänze gerne weitergeben und mit den Mädchen weiter einüben." Die Tanzstunden würden ihre anderen Hobbys wie Lesen und Nähen einfach noch toppen, erzählt sie voller Freude. Auch nach 45 Jahren hat die bald 90-Jährige ihre Leidenschaft für den Rhythmus also nicht verloren.