zurück
HAßFURT
Wie ein rauchender Hund in die Weltliteratur kommt
Beim Haßfurter Literaturfestival las Axel Hacke unter anderem aus seinem Buch „Das kolumnistische Manifest“, einer Sammlung seiner Kolumnen, die im SZ-Magazin erschienen.
Foto: René Ruprecht | Beim Haßfurter Literaturfestival las Axel Hacke unter anderem aus seinem Buch „Das kolumnistische Manifest“, einer Sammlung seiner Kolumnen, die im SZ-Magazin erschienen.
Von unserem Redaktionsmitglied Peter Schmieder
 |  aktualisiert: 15.12.2020 15:10 Uhr

Unter anderem um Eltern, die versuchen, andere Eltern zu erziehen, um gescheiterte Hobbyhandwerker oder um das „Partnerschaftspassiv“ ging es am Dienstagabend beim Haßfurter Literaturfestival. Der Journalist und Autor Axel Hacke, der vor allem durch seine Kolumne im SZ-Magazin bekannt ist, bot einen Streifzug durch verschiedene Werke. Dabei las er in der gut besuchten Stadthalle nicht nur aus den Büchern vor, sondern erzählte auch Anekdoten zur Entstehungsgeschichte seiner Texte.

Haßfurts Bürgermeister Günther Werner sagte in der Anmoderation, Axel Hacke hätte es einmal als langweilig bezeichnet, dass er in Anmoderationen vor seinen Lesungen immer wieder seine eigene Biografie hören muss. So hielt sich Werner lieber an den Inhalt der Werke des Kolumnisten und zitierte unter anderem dessen Aussage, man müsse nun gegen „postfaktische“ Zeiten und Fake News aufstehen. Axel Hacke begann dann seinen Auftritt mit den Worten: „Das war das erste Mal, dass ich schon vor einer Lesung meinen eigenen Texten zugehört habe. Das ist gut, da muss ich weniger machen.“

Zuerst las er aus seinem Buch „Der kleine König Dezember“ und berichtete auch, dass es hierdurch zu seiner langjährigen Zusammenarbeit mit dem Illustrator Michael Sowa gekommen war. Dessen erster Entwurf für das Gesicht des kleinen dicken Königs habe ausgesehen wie Franz Josef Strauß, der zweite wie Kater Karlo. Schließlich fiel das Wahl auf ein Bild, das aussah wie Oliver Hardy. Hacke erzählte auch von dem Versuch, die Geschichte auf die Theaterbühne zu bringen. Vorgesehen für die Titelrolle war damals Dirk Bach, der seinen Text gelernt und sich auf die Rolle vorbereitet hatte. „Und drei Tage vor der Premiere ist er gestorben“, berichtete Hacke.

Die Titelfigur dieser Geschichte stammt aus einer Welt, in der die Menschen im Laufe ihres Lebens nicht größer, sondern kleiner werden. „Ich wollte gerne noch mal so ein Buch schreiben, das die Welt auf links dreht“, leitete Hacke dann auf sein neuestes Werk „Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“ über. In diesem lernt der Ich-Erzähler einen alten Herren kennen, mit dem er sich öfter unterhält und merkwürdige Dinge sieht. Schließlich stellt sich heraus, dass es sich bei dem Alten um den Schöpfer der Welt handelt. Doch Gott sagt, er möge das Wort „Gott“ als Selbstbezeichnung nicht. „Weil die Menschen, wenn sie mit Gott reden, vor allem mit sich selbst reden. An mir sind sie nicht interessiert, nur an dem Gott, den sie sich erfunden haben.“

Im Zusammenhang mit diesem Buch erzählte Hacke auch von einer Szene, die eigentlich nur durch Michael Sowas Illustration in die Geschichte kam. Denn auf seinen gemeinsamen Spaziergängen mit Gott sieht der Erzähler allerhand merkwürdige Dinge. So hatte Sowa auf einem Bild einen rauchenden Hund gemalt. Das Problem dabei war allerdings, dass dieser im Text des Buches nicht vorkam. Anstatt auf das Bild zu verzichten schrieb Hacke kurzerhand eine neue Szene in die Geschichte hinein, in der der rauchende Hund vorkam. In diesem Zusammenhang berichtete er von seiner Zeit als einer der Autoren der Kommentarreihe „Streiflicht“ in der SZ. Hier hätten sich die Autoren oft gegenseitig Aufgaben gestellt, bestimmte Worte und Formulierungen in den Text einzubauen, bevorzugt solche, die überhaupt nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Daher habe er Übung darin, bestimmte Dinge, die auf den ersten Blick unpassend erscheinen, so in einen Text einzubauen, dass es aussieht, als würde es dazugehören. „Ich schreibe ihnen in jedes Buch der Weltliteratur einen rauchenden Hund rein, ohne dass der Autor es merkt“, sagte Hacke.

Weiter las der Autor aus seinem Buch „Das kolumnistische Manifest“. Dieses unterscheide sich vom „kommunistischen Manifest“ von Karl Marx und Friedrich Engels dadurch, dass es viel dicker sei und keine zwei Autoren benötigt habe. Bei Hackes Buch handelt es sich um eine Sammlung von einigen seiner Kolumnen aus dem SZ-Magazin. Los ging es mit einer Geschichte darüber, wie sein Sohn versucht, sich etwas unter Papas Beruf vorzustellen. Denn während sich ein Kind unter der Aufgabe eines Polizisten oder eines Feuerwehrmannes schnell bildlich etwas vorstellen kann, sei es schwer, dem Jungen zu vermitteln, wie das mit dem Schreiben funktioniert. Manchmal halte der Junge eines seiner Kinderbücher hoch und frage: „Hast du dieses Buch geschrieben?“, worauf der Vater erklären müsse, dass das jemand anders verfasst hat. Auf die Frage „Warum schreibst du nicht dieses Buch hier?“ habe er geantwortet: „Man kann nicht einfach das schreiben, was jemand anders schon geschrieben hat.“ An dieser Stelle unterbrach Hacke die Lesung und meinte: „Man merkt, dass das von 2002 ist. Das war noch vor Guttenberg.“

Weiter ging es mit Geschichten über die vergeblichen Versuche des Hobbybastlers, eine Vorhangstange aufzuhängen oder über das „Partnerschaftspassiv“, bei dem einer von beiden sagt: „Das müsste mal gemacht werden“ oder „Jemand müsste das mal machen“ – ein dezenter Hinweis darauf, dass der Partner die Aufgabe übernehmen soll, ohne ihn direkt dazu aufzufordern. Während er vor allem aus lustigen Texten vorlas, berichtete Hacke, in der letzten Zeit seien seine Texte ernster geworden und es gebe viel mehr politische Themen.

Zum Schluss ging er auf die Rolle des Lesers ein, denn diese sei bei seinen Kolumnen eine ganz besondere: „Die Leser können sich einbringen und dem Autor Ideen schicken“, berichtete er. Nachdem er einmal über Verhörer in Liedtexten geschrieben hatte, kamen so viele Zuschriften mit anderen falsch verstandenen Liedzeilen, dass schließlich eine Trilogie von Büchern über solche Missverständnisse entstand. Der Titel „Der weiße Neger Wumbaba“ ist ebenfalls ein solcher Verhörer, er bezieht sich auf das Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ von Matthias Claudius. Die eigentliche Textzeile des Liedes heißt „der weiße Nebel wunderbar“.

Viel Applaus bekam Hacke bei der Lesung in Haßfurt. Im Gespräch mit dem Haßfurter Tagblatt bezeichnete er das Publikum in der Kreisstadt als „sehr angenehm und total nett“. „Man merkt recht schnell, ob das Publikum mitgeht“, sagte er, und in Haßfurt sei das der Fall gewesen.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Haßfurt
Axel Hacke
Dirk Bach
Franz-Josef Strauß
Friedrich Engels
Günther Werner
Haßfurter Tagblatt
Karl Marx
Kolumnisten und Kolumnistinnen
Kunstwerke
Matthias Claudius
Oliver Hardy
Weltliteratur
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top