Im Gewerbegebiet am Ebelsbacher Bahnhof steht neben den großen Märkten wie Norma, Rewe oder Netto ein kleines, unscheinbares Haus. Versteckt in einer Ecke, nur mit ein paar kleinen Wegweisern, die auf die Firma Itelya hinweisen, die dort beheimatet ist. Auch in Ebelsbach wissen viele nicht, dass es dieses Unternehmen gibt oder was es macht; dabei hat Itelya Kunden in der ganzen Welt, darunter so große Namen wie Amazon, Google, Airbus, Daimler oder Heineken.
Was all diese Unternehmen gemeinsam haben, ist, dass sie oft Mitarbeiter auf Dienstreisen schicken und ihnen dabei die Übernachtung in Hotels bezahlen müssen. Auf dem herkömmlichen Weg ist das mit viel Aufwand verbunden. Der Mitarbeiter muss das Hotelzimmer zunächst selbst bezahlen, Belege aufheben und bei seinem Arbeitgeber einreichen, beim Arbeitgeber muss die Buchhaltung Rechnungen überprüfen, gegebenenfalls Nachfragen stellen und irgendwann das Geld auszahlen.
Diesen Prozess für alle Seiten zu erleichtern, ist der Job, den Itelya übernimmt. Kurz gesagt: Der Mitarbeiter auf Dienstreise kann im Hotel übernachten, ohne zu bezahlen und ohne den üblichen Aufwand beim Ein- und Auschecken. Das Hotel bekommt die Nachricht, dass die Rechnung an Itelya geht, die Ebelsbacher Firma wiederum rechnet einmal im Monat mit den Unternehmen ab, deren Mitarbeiter in den Hotels übernachtet haben. Nun hat der Verlag "Gründerszene" Itelya als eines der wachstumsstärksten Start-ups ausgezeichnet.
Vollautomatischer Prozess
"Wir haben es geschafft, eine Lücke zu schließen", sagt Itelya-Chef Ralf Maier. Der 55-Jährige erklärt an einem Beispiel, wie eine solche Hotelübernachtung ablaufen kann und was dabei im Hintergrund läuft. In diesem Beispiel schickt der Autohersteller Daimler einen Mitarbeiter auf Dienstreise nach München, wo dieser ein Hotel braucht. Wie viel die Übernachtung höchstens kosten darf, hat Daimler zuvor festgelegt, in Maiers Beispiel sind es 140 Euro. Nun kann der Mitarbeiter eine App auf seinem Handy nutzen, um ein geeignetes Hotel zu finden. "Er kriegt dann auch nur die angezeigt, die nicht teurer als 140 Euro sind", erzählt Maier. In dem Moment, in dem er sich dann aus der Auswahl für ein Hotel entscheidet und dort die Übernachtung bucht, ist Itelya mit dabei. "Der Prozess läuft vollautomatisch im Hintergrund", sagt Maier.
Das Hotel erhält die Information, dass die Abrechnung über Itelya läuft – beziehungsweise über "Smart Booking", das System zur Abrechnung, das die Firma anbietet. Mit der Buchung erhält das Hotel auch die Auskunft darüber, was der Gast alles auf Kosten seines Arbeitgebers tun darf. In Maiers Beispiel zahlt Daimler die Übernachtung und ein Frühstück; wenn sich der Mitarbeiter dagegen am Abend noch aus der Minibar bedient, müsste er die Getränke aus eigener Tasche bezahlen.
Wenn der Reisende keine Kosten verursacht hat, die sein Arbeitgeber nicht übernimmt, kann er am nächsten Morgen das Hotel verlassen, ohne auszuchecken. Eine Zeitersparnis, nicht nur für die Gäste, sondern auch für die Hotels.
Geschäft mit den Daten
Und auch im Geschäft mit den Daten, das im digitalen Zeitalter immer wichtiger wird, spielt Itelya eine Rolle. "Wir können den Hotels die Auswertung zur Verfügung stellen, welche Unternehmen bei ihnen buchen", berichtet Maier.
Einmal jährlich zeichnet der Verlag "Gründerszene" Deutschlands wachstumsstärkste Start-up-Unternehmen aus, dabei schaffte es Itelya auf Platz 9 unter allen Teilnehmern, im Bereich Finanztechnologie gelangte die Ebelsbacher Firma sogar auf Platz 3.
In der Zeitschrift, in der die Gewinner vorgestellt werden, hebt Gründerszene-Autor Julian Wessel eine Besonderheit von Itelya hervor: Kurios sei, dass die Idee nicht von Gründer Ralf Maier selbst stammt. Angefangen hat Itelya 2010 als Unternehmensberatung. "Wir haben Unternehmen beraten, wie man Papierprozesse automatisiert", berichtet Maier. 2013 beklagte der damalige Geschäftsführer der Buchungsplattform hotel.de ihm gegenüber die Probleme mit der Reisekostenabwicklung, woraufhin Maier sich mit dieser Idee selbstständig machte. 2014 wurde aus der Unternehmensberatung das Start-up, das die Reisekosten automatisierte.
Der "Daimler-Ausschlag"
Im Gespräch mit dieser Redaktion zeigt Maier die Erfolgskurve seines Unternehmens. Die beginnt mit einer längeren Phase, in der nur wenig Wachstum zu verzeichnen ist. "Am Anfang hatten wir 2000 Buchungen im Jahr", sagt Maier – so viele sind es heute in wenigen Stunden. Dann kommt ein großer Sprung nach oben, den Maier als "Daimler-Ausschlag" bezeichnet; also den Moment, in dem Itelya den großen Autobauer als Kunden gewinnen konnte.
Eine solche Kurve sei durchaus typisch für erfolgreiche Start-up-Unternehmen: Es dauert eine Weile, bis die Überzeugungsarbeit geleistet ist, dann geht es schlagartig nach oben. Seit Mitte 2019 gehört als größter Kunde auch Amazon zu den Unternehmen, die ihre Dienstreisen über Itelya abrechnen. Weitere prominente Kunden sind unter anderem die Europäische Zentralbank – unter "unglaublichem Datenschutz", wie Maier betont – und die Deutsche Bahn.
Bei dieser gibt es ein weiteres Problem zu meistern: Kurzfristige Buchungsänderungen. Rund 1500 Hotelübernachtungen benötigt die Bahn täglich, vor allem für das Personal der Fernzüge. Wenn beispielsweise ein ICE von München nach Berlin fährt, übernachten Lokführer, Schaffner und die Mitarbeiter des Bord-Bistro am Zielort und übernehmen dann am nächsten Tag einen Zug, der von Berlin abfährt. Doch bei Zugausfällen, Umleitungen oder sonstigen Fahrplanänderungen muss schnell reagiert werden; Hotelbuchungen in einer Stadt fallen weg, in einer anderen muss eine Buchung her. Dafür hat Itelya ein Computersystem, das die Fahrpläne in Hotelbuchungen an den Zielbahnhöfen umrechnet.
Ein Mitarbeiter, drei Entwickler
21 Mitarbeiter hat Itelya derzeit in Deutschland, diese arbeiten am Firmensitz in Ebelsbach sowie in einer Außenstelle in Bamberg. Dazu kommen 85 Mitarbeiter in einem Tochterunternehmen in Vietnam; dort sitzen vor allem die Software-Entwickler. "Das ist heute das klassische Bild eines Start-ups", sagt Maier. "Hinter jedem Mitarbeiter hier sitzen drei Entwickler."
Neben den Hotelübernachtungen bietet die Firma mittlerweile auch die Abrechnung von Mietautos sowie die Organisation von Meetings an. Gründer Ralf Maier trägt heute den Titel Geschäftsführender Gesellschafter. 75 Prozent seines Unternehmens gehören ihm selbst, mit 25 Prozent ist seit drei Jahren die Buchungsplattform HRS beteiligt.
Kritik äußert Maier allerdings an der Standortkommune. "Die Gemeinde Ebelsbach kennt diese Firma nicht", sagt er. "Da ist ein Aldi-Neubau wichtiger, obwohl wir zukunftsorientierte Arbeitsplätze schaffen." Derzeit reicht dem Unternehmen der Platz, den das Haus im Gewerbegebiet bietet. Sollte das Unternehmen allerdings weiter wachsen und irgendwann größere Räume brauchen, wisse Maier nicht, ob er mit seiner Firma in Ebelsbach bleiben könne. Denn von Seiten der Gemeinde gebe es wenig Unterstützung und damit wohl auch kaum Möglichkeiten, vor Ort mehr Platz zu bekommen. Zwar wolle er Ebelsbach nicht verlassen, doch die Erfahrung in Bamberg habe gezeigt, dass andere Kommunen viel besser mit Unternehmen zusammenarbeiten.