Wer einen E-Scooter fährt, braucht zwar keinen Führerschein, aber ein Versicherungskennzeichen und einen klaren Kopf. Wer ohne Versicherung und alkoholisiert mit so einem Roller unterwegs ist, der kann schnell vor dem Kadi landen. Diese Erfahrung machte ein – strafrechtlich gesehen – "alter Bekannter", der eine Latte von 19 Vorstrafen vorzuweisen hatte. Die Polizei erwischte den 50-jährigen Lagerarbeiter auf dem Radweg entlang der Osttangente in Haßfurt. Da er aufgrund seiner jüngsten Verurteilung schon unter laufender Bewährung stand, konnte er froh sein, dass er nicht erneut in den Knast muss.
Schwankend und lallend auf dem Roller unterwegs
Die Beamten schnappten den Mann am 16. Juli des vergangenen Jahres um 19 Uhr. Es war ein Freitag und der Angeklagte gab vor Gericht an, damals von einer Betriebsfeier seines Arbeitgebers gekommen zu sein. Im Zeugenstand schilderte der Polizist, der damals die Kontrolle durchgeführt hatte, dass der Angeklagte seinerzeit stark geschwankt und gelallt habe. Zudem seien seine Augen glasig und gerötet gewesen. Eine wenig später durchgeführte Blutprobe ergab einen Alkoholwert von 1,1 Promille. Nachdem auch ein Drogenvortest positiv angeschlagen hatte, fanden die Ordnungshüter ein Rauschgifttütchen mit 1,2 Gramm Amphetamin. Die Droge wird landläufig als Ecstasy oder Crystal bezeichnet.
Eine zentrale Rolle in der Verhandlung spielte die Tatsache, dass der Mann ein ellenlanges Vorstrafenregister hat. Zigmal wurde er wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis, wegen diverser Trunkenheitsfahrten sowie wegen Diebstählen und Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Etliche Male saß der Angeklagte monatelang hinter Gittern.
Staatsanwalt fordert Freiheitsstrafe
Die letzte Verurteilung datiert vom 1. Juli 2020. Damals kassierte der notorische Straftäter vom Amtsgericht in Paderborn eine sechsmonatige Freiheitsstrafe, die auf drei Jahre – also bis Juli 2023 – zur Bewährung ausgesetzt wurde. Bei einem Rückfall während einer laufenden Bewährung sprechen die Juristen von einem "Bewährungsversager". Eine erneute Bewährung kommt dann meistens nicht infrage. Von daher verwunderte es nicht, dass der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine viermonatige Freiheitsstrafe "ohne" beantragte.
Alexander Wessel als Pflichtverteidiger arbeitete die "Pluspunkte" für seinen Mandanten heraus. Er betonte, dass dieser voll geständig sei und dass er sich kooperativ verhalten habe. Das Gefährdungspotenzial durch einen E-Scooter, der nur mit Fahrradgeschwindigkeit auf einem Radweg fahre, sei auch längst nicht so groß wie etwa mit einem Auto im regulären Straßenverkehr. Zudem habe sich der Angeschuldigte seit gut zwei Jahren aus seinem unheilvollen Umfeld im nördlichen Bereich des Ruhrgebiets abgesetzt und wohne seitdem bei seinem Bruder im Maintal. Und nicht zuletzt habe er einen unbefristeten Arbeitsplatz in der Kreisstadt. Aufgrund all dieser Umstände solle man seinen Mandanten nicht wegsperren, sondern einen "letzten Schuss vor den Bug" geben, schloss der Anwalt.
Geldstrafe und Führerscheinsperre
In seiner Urteilsbegründung sprach Richter Ralf Hofmann, dass er doch "einen gewissen Funken Hoffnung" habe. Immerhin habe der Angeklagte nun eine feste Arbeitsstelle. Bisher habe zwar "alles nichts genutzt" und auch die Knasterfahrung habe nicht zu einer Besserung geführt. Von daher spüre der Angeklagte die empfindliche Geldstrafe vielleicht mehr als eine Freiheitsstrafe. Zusätzlich wurde eine Sperrfrist von mindestens einem Jahr für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis ausgesprochen. Die Verteidigung zeigte sich mit dem Richterspruch einverstanden, ob die Staatsanwaltschaft in Berufung geht, blieb am Verhandlungstag offen.