Seit dem Jahr 1965 lebt Günter Flachsenberger in Sand. Schon 1966 hat er zum ersten Mal beim Bau eines Faschingswagens mitgearbeitet. Seitdem war er jedes Jahr beteiligt, mehr als 20 Jahre lang war er Präsident des Sander Faschingskomitees. 2017 hat er dann die Präsidentschaft an seinen Sohn Stefan abgegeben, er selbst wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt. Dennoch ist Günter Flachsenberger in diesem Jahr wieder mit eingebunden; die Leidenschaft für den Fasching ist ihm deutlich anzumerken. Im Gespräch mit dieser Redaktion erzählt er, wie viel Arbeit die Organisatoren in einen solchen Faschingszug stecken müssen.
"Wir legen großen Wert auf Sicherheit", berichtet Günter Flachsenberger. "Ich gehe immer durch und kontrolliere die Wagen vor dem Faschingszug." Vorgeschrieben ist unter anderem, dass es auf jedem Wagen einen Feuerlöscher geben muss und dass beim Zug neben jedem Wagen zwei Begleitpersonen herlaufen müssen.
Vorsicht mit dem Alkohol
Ein Thema, bei dem die Sander Narren mittlerweile sehr sensibel geworden sind, ist der Alkoholkonsum beim Faschingszug. Vor einigen Jahren wurde daher der Alkoholausschank von den Wagen herunter verboten. Sicherheitspersonal kontrolliert an den Zugängen zum Ort, dass niemand hineinkommt, der zu stark "vorgeglüht" hat. Außerdem erhält beim letzten Vorbereitungstreffen jeder Zugteilnehmer ein Bändchen, das er sich an den Arm machen muss, bevor er das Zelt betritt, in dem nach dem großen Zug die Feier weitergeht. Damit bekommt er zwar freien Eintritt, doch die Farbe des Bändchens verrät auch, ob er über oder unter 18 Jahre alt ist. Denn Alkohol ist für Minderjährige tabu.
Auch sonst steckt ein hoher organisatorischer Aufwand hinter dem Faschingszug: Zwischen 1200 und 1400 Teilnehmer werden auch in diesem Jahr wieder erwartet, erzählt Günter Flachsenberger - dazu kommt eine große Zahl an Besuchern. Sieben Toiletten werden zu diesem Anlass an verschiedenen Stellen des Ortes aufgestellt. Um Schäden vorzubeugen, haben die Veranstalter für den Faschingszug eine Personen- sowie eine Zugversicherung abgeschlossen.
Die Investition in die Sicherheit scheint sich auszuzahlen: "Wenn man 20, 30 Jahre zurückschaut, ist damals jedesmal was passiert", erzählt Flachsenberger. In den letzten Jahren dagegen sei alles reibungslos verlaufen. Selbst am Verbot des Alkoholausschanks von den Wagen aus, für das die Sander am Anfang noch für verrückt erklärt worden seien, hätten sich mittlerweile auch andere Faschingszüge ein Beispiel genommen.
Dass Sand seinen Titel als Faschingshochburg so erfolgreich behauptet, liegt wohl auch an den Qualitätsstandards, die sich in den letzten Jahren entwickelt haben. Es reicht nicht, sich - überspitzt gesagt - ein lustiges Hütchen aufzusetzen, um in dem Zug mitzulaufen. Einiges an Kosten und Aufwand fließt in die Gestaltung der Kostüme und der Wagen. Nicht nur Vereine beteiligen sich am Sander Faschingszug. "Es sind auch viele private Gruppen dabei, gerade Fußgruppen", berichtet Günter Flachsenberger. "Die machen das aus Freude am Faschingszug." Viele davon investieren jährlich rund 200 Euro in ihre Kostüme. "Da muss man den Hut davor ziehen", meint der Ehrenpräsident.
Die Gruppen kommen nicht nur aus Sand. Auch zahlreiche auswärtige Vereine sind jedes Jahr dabei; Sand hat eben einen Namen in der Szene. Ein Problem, genug Teilnehmer für den Zug zu finden, gebe es in Sand nicht. In so manchem Jahr gebe es sogar mehr Gruppen, die teilnehmen wollen, als Gruppen, die letztlich teilnehmen können. Denn deren Zahl ist auf 60 begrenzt - anders wäre es nicht möglich, die Sicherheit zu gewährleisten und beispielsweise Rettungsgassen zu bilden. "Wir haben nie ein Problem gehabt mit der Beteiligung. Wenn ich Leute dazu drängen müsste, würde ich aufhören", sagt Flachsenberger.
Lange Vorausplanung
Einer der Vereine, die sich schon seit vielen Jahren mit einem Wagen am Faschingszug beteiligen, ist der Motorsportclub (MSC) Sand. "Ich bin ein ganz Verrückter", sagt Vorstandsmitglied Ralf Bauer auf die Frage, wann die Vorbereitungen für den Zug anfangen. Denn üblicherweise versuchen er und seine Vereinskollegen, schon über ein Jahr vor dem Faschingszug zu wissen, welches Thema ihr Wagen haben soll. Während er mit seinen Mitstreitern also gerade im Vereinsheim den Wagen für den Faschingszug 2019 zusammenzimmert, rattert es schon in den Köpfen, wie der Wagen 2020 aussehen soll. "Wir haben für nächstes Jahr schon zwei Ideen", erzählt er. Mehr möchte er aber bisher nicht verraten.
Bei allen Bestrebungen, jedes Jahr etwas Neues zu machen, versucht der MSC doch, altes Material und Bestandteile des Wagens wiederzuverwenden. "Ein Neubau ist schon viel Aufwand", meint Bauer. So wird für den diesjährigen Zug ein Wagen umgearbeitet, der schon zweimal im Einsatz war. Entstanden ist der aufwändige Aufbau aus einem Holzgerüst, das die Wagenbauer mit Vlies überzogen haben. Dabei gaben sie dem formbaren Material eine Struktur, die an Mauerwerk erinnert. Seinen ersten Einsatz hatte das Bauwerk, als die Modellauto-Freunde vom MSC als "Snowman-Gang" auftraten; damals als weißes Iglu. Den zweiten Auftritt hatte der Wagen im vergangenen Jahr: In neuen Farben angesprüht und mit einem neuen Aufbau wurden die Schneeblöcke zu Mauersteinen, das ganze Bauwerk zu einem prachtvollen Schloss.
Nun gestalten Ralf Bauer und seine Mitstreiter den Wagen ein weiteres Mal um: Diesmal soll es zu einer Piratenfestung werden, ausgestattet mit Kanonen, Totenkopfflaggen und einer Schatzkiste, den die MSCler in ihren Piratenkostümen bewachen. "Die Sander Piraten haben das Sander Schlössla eingenommen", sagt Bauer lachend und verbindet damit die verschiedenen Auftritte des Faschingswagens zu einer Geschichte. Ob es wohl im kommenden Jahr noch eine Fortsetzung dazu geben wird?
An zwei Abenden in der Woche treffen sich Bauer und seine Vereinskollegen zum Wagenbau. Üblicherweise sind sie dabei zu viert. Wenn es dann an die Malarbeiten geht, bei denen unter anderem Schriftzüge am Wagen angebracht werden, kommen noch die Frauen der Wagenbauer dazu.
Und woher kommen die Kostüme, die die MSCler dann beim Zug am Faschingssonntag tragen? "Teilweise sind die selbstgeschneidert", berichtet Ralf Bauer. Die Mehrheit der Kostüme sei allerdings gekauft und dann in eigener Arbeit verschönert. Auch sonst fließt einiges an Geld in den Faschingszug: 300 bis 500 Euro kostet das Material für den Wagenbau, weitere 400 Euro kosten die Süßigkeiten, die der MSC vom Wagen herab verteilt.
"Wir machen's gern", sagt Ralf Bauer. "Es ist auch richtig gut für das Vereinsleben." Denn gerade in den Wintermonaten sei in vielen Vereinen relativ wenig los, die Aktivitäten finden meist eher im Sommer statt. So biete der Bau eines Faschingswagens in vielen Vereinen den Mitgliedern eine Unterbrechung der Winterpause und die Gelegenheit, auch in der kalten Jahreszeit etwas gemeinsam mit den Vereinsfreunden zu unternehmen. "Ich glaube, deswegen machen das auch so viele in Sand."