
Wenn Christine Welsch die Flamme einer Kerze blickt, dann sieht sie in dem aufsteigenden Rauch eine Tänzerin. Wenn sie sich in den Anblick einer Blüte vertieft, dann blickt sie plötzlich in die Augen einer Elfe – und dann setzt sie sich an ihre Staffelei und skizziert ihr nächstes Bild. Die Malerei, künstlerisches Gestalten, begleitet die 45-Jährige schon ihr ganzes Leben. Freunde ermutigten sie, ihre Werke auch der Öffentlichkeit zu zeigen und so hat sie in den vergangenen Jahren ein paar Ausstellungen gewagt, wie derzeit im Weinhaus Schaffner in Haßfurt. Vergangenes Jahr war eines ihrer Werke auf der „Amory Art Week“ in New York zu sehen, einer der größten Kunstausstellungen der Welt.
Christine Welsch ist eine ruhige Frau. „Ich kann meine Emotionen nur schwer mit Worten ausdrücken, deshalb tue ich das mit meinen Bildern“, erzählt sie im Gespräch mit dieser Redaktion. Wir sitzen an ihrem Esstisch, die ganze Wohnung ist eine Galerie; zwischen ihren eigenen Werken auch Bilder und Skulpturen ihrer Kinder. Vor allem die Tochter hat das künstlerische Talent der Mutter geerbt. Allen aber hat sie auch ihre mathematische Begabung weitergeben und so studieren Paula und Lukas im Bereich Informatik, Silas geht noch aufs Gymnasium.
Gegen alle Widerstände
Die Künstlerin ist mit fünf Geschwistern in Neuschleichach im Steigerwald aufgewachsen – in einer Familie, in der gerne und viel gesungen wurde. Neben viel Arbeit beschäftigte sich der Vater gern mit Bauernmalerei. „Ich wäre gerne in den technischen Zweig der Realschule gegangen, aber das war für ein Mädchen untypisch und mir wurde abgeraten. Später wollte ich das Fach Technisches Zeichnen und Werken belegen, aber der Rektor meinte damals, ich solle doch vernünftig sein und – wie alle Mädchen – den Hauswirtschaftszweig nehmen“.
Lukas sitzt daneben und kann kaum glauben, welches Rollenbild Ende der 70er Jahre noch herrschte. Seine Mutter ließ sich aber nicht beirren. Sie bewarb sich bei Milewski um einen Ausbildungsplatz als Technische Zeichnerin. „Drei Stellen waren zu besetzen, die anderen waren alle Realschüler, aber ich habe es geschafft“, ist sie rückblickend stolz und dankbar, denn immer fand sie berufliche Stellen, die sowohl ihr mathematisches Talent, als auch ihre künstlerische Ader forderten. Vom Küchenhersteller wechselte sie in ein großes Architekturbüro und zeichnete für drei Landschaftsplaner. Und auch nach der langen Familienpause konnte sie wieder alle ihre Talente vereinen: „Das Beste, was mir passieren konnte“, sei die Anstellung bei einem Modellbauer. Für Architekten und Museen erstellt sie maßstabsgetreue Modelle. Da kommt ihr zugute, dass die Technische Zeichnerin beim Küchenhersteller in Zeil quasi auch eine Holztechniker-Ausbildung mit absolvierte. „Wir haben auch ein Gesellenstück angefertigt“, erzählt sie und weist auf den Dielenschrank.
Ein Kurs bringt Selbstvertrauen
Drei Kinder hat sie großgezogen, für das Malen blieb in diesen Jahren immer weniger Zeit, aber ihre Kinder waren beliebte Motive. „Die Buben haben sich dann irgendwann gewehrt“, erzählt sie lächelnd beim Rundgang durch das Haus. Da hängen Bilder von Kindern, die selig schlafen oder aus deren Augen es verschmitzt blitzt. Erst vor wenigen Jahren hat sie einen Kurs in einer Kunstschule in Ebelsbach belegt. „Vorher habe ich einfach ausprobiert – verschiedene Materialien, verschiedene Techniken, vom Buntstift über Pastellkreide bis zu Acryl und Öl“. Der Kurs und der Kontakt mit anderen hat ihr die Theorie vermittelt „und vor allem Selbstvertrauen gegeben“. Sie brauche sich mit ihrer Kunst nicht zu verstecken, auch wenn sie nicht akademisch darüber erzählen kann, wurde sie ermutigt.
So kam es zu ersten kleinen Ausstellungen – und Christine Welsch hat ihre Bilder ins Internet gestellt. Eines Tages kam ein Schreiben einer Schweizer Galerie, sie könne ein Bild einreichen für die Amory Art Week in New York. „Ich hab erst überlegt, ob das seriös sein kann, aber die Galerie hat einen guten Namen“. So reichte sie den „Gitarristen“ ein, der tatsächlich im März vergangenen Jahres in New York gezeigt wurde – nicht als Original-Gemälde, sondern auf einem Bildschirm. Das Original ist derzeit in Haßfurt zu sehen. Antonio Castellana, ein italienischer Kurator und Kunstkritiker, nimmt sie auf in ein Buch, für das er 100 Künstler ausgewählt hat, denen er viel zutraut.
Explodierende Farbenpracht
Ganz vorne in ihrer Zeichenmappe finden sich Pop-Art Motive aus den 80er Jahren. „Das waren die Poster, die man sich in meiner Jugend ins Zimmer gehängt hat. Mein Taschengeld hat dafür nicht gereicht, also habe ich sie aus dem Katalog abgemalt“, erzählt Christine Welsch.
Auch heute wählt sie manchmal bekannte Gesichter, um die Emotionen zu transportieren, die sie gerade bewegen. Dabei nutzt sie die gesamte Bandbreite, die die Malerei bietet – vom fast fotografischen Portrait über Verfremdungen, in denen sich die Gesichter am Rand in Farbexplosionen auflösen bis hin zu collagen-artigen Werken, die ihre letzten Details erst bei längerem Betrachten preisgeben. Ein solches entsteht gerade. „Aber da bin ich mit den Farben noch nicht ganz zufrieden“, erklärt die Künstlerin. Die Verbundenheit mit der Natur will sie zeigen, Formen und Farben sollen ineinander übergehen.
Motiv und Farben sollen die Emotion gleichermaßen transportieren, wie bei dem in tiefes Rot getauchten Stier, der im Esszimmer hängt. „Da war ich richtig wütend“, erzählt Christine Welsch und man kann kaum glauben, dass sie auch zu solchen Explosionen fähig ist.
Christine Welschs Bilder sind noch bis 11. März im Weinhaus Schaffner in Haßfurt zu sehen und auf ihrer Homepage www.christine-welsch.de.


