Im Landkreis Haßberge hat zwar jede Gemeinde und jede Stadt ihr eigenes Wappen, aber von den Dörfern führen nur wenige etwas „im Schilde“. Doch der Wunsch nach einem eigenen Symbol ist in den letzten zehn Jahren deutlich stärker geworden. Die Dörfer wollen eine eigene Identität, wollen sich nach außen unverwechselbar darstellen. Oft ist dann ein Jubiläum der Anlass, sich nach jemanden umzusehen, der ein Wappen schaffen kann.
Im Landkreis ist Kreisheimatpfleger Günter Lipp in Ebern dafür die geeignete Adresse. Lipp hat die Heraldik zu seinem Hobby gemacht. Er hat in den letzten 40 Jahren mehr als 20 Dorfwappen und mehr als 50 Kommunalwappen geschaffen, darunter auch das des Landkreises. Die heraldischen Regeln sind ihm bestens vertraut. Jedes Jahr erreichten ihn viele Anfragen zu Wappen aller Art, ließ Lipp die Heimatzeitung wissen. In den vergangenen Monaten hat Günter Lipp zwei neue Dorfwappen gestaltet: Für Westheim und für Stöckach.
Die Anfrage für Westheim in der Gemeinde Knetzgau sei von Hermann Schnös gekommen, der sich als ehemaliger Maler- und Stuckateurmeister noch heute viel mit Wappen beschäftigt, erklärte Lipp. Er hatte ein gemeinsames Symbol für alle Westheimer Vereine im Blick. Bei einer ersten Besprechung habe sich das Projekt schnell als relativ einfach herausgestellt, „denn für Westheim gibt es bereits seit Jahrhunderten ein eigenes Wappen“: Es handelt sich Lipp zufolge dabei vermutlich um ein altes Dorfgerichtssiegel. Erhalten hat es sich auf zwei Steinreliefs, von denen eines heute in der Sparkassenfiliale und das andere am ehemaligen Feuerwehrhaus hängt.
Das Ältere ist fast 300 Jahre alt, es stammt aus dem Jahr 1718. Sein Schild zeigt „zwei seltsame gekreuzte Geräte“, die zunächst nicht zu bestimmen gewesen seien. Doch ältere Bauern im Ort hätten sie dann erkannt: „Es handelt sich um sogenannte Reuten, auch Abstreifer, Vorschäler oder Schälholz genannt. So ein Werkzeug hing am Pflug und erlaubte es, die Schar noch während des Pflügens von der anhaftenden Erde zu befreien“, führte der Kreisheimatpfleger aus. Beispiele dafür befänden sich noch in Heimatmuseen, aber auch an einzelnen Bildstöcken. In den Winkeln werden die Reuten im Westheimer Wappen von drei Sternen begleitet. Die deutet das Dorf heute als Hinweis auf die drei Religionen – katholisch, evangelisch und jüdisch – die es einst in Westheim gab.
„Leider sind uns die alten Abbildungen ohne Farben überliefert“, bedauert Lipp. Um die alte Verbindung des Dorfes zum Hochstift Würzburg zu zeigen wurden dafür Rot und Weiß (Silber) gewählt. Die Sterne erhielten ihr „natürliches“ Gelb (Gold). So ergab sich insgesamt folgende fachliche Beschreibung: „In Rot zwei gekreuzte silberne Reuten, in den Winkeln begleitet von drei goldenen Sternen.“ Die Reinzeichnung hat Heribert Staufer, ein Heraldiker aus Kaufbeuren, angefertigt. Nur dafür sind dem Dorf Kosten entstanden. Doch waren die geringfügig und wurden von einem Sponsor übernommen. „Eigentlich wurde in Westheim also nur ein altes Dorfsymbol wieder zum Leben erweckt. In den nächsten Jahren wird es zunehmend Vereinsabzeichen, Plakate, Urkunden, Chroniken und ähnliches schmücken und so den Stolz der Westheimer auf ihr Dorf, seine Eigenart und seine Geschichte fördern“, blickt Lipp nach vorne.
Anders waren die Gegebenheiten in Stöckach, Gemeinde Bundorf, für das Herbert Welz bei Heimatpfleger Lipp anfragte. Das Dorf habe in seiner Vergangenheit nie ein eigenes Zeichen besessen. Hier musste ein grundsätzlich neues Wappen geschaffen werden. Ansatzpunkt waren wie so oft die früheren Dorfherrschaften. Da gab es vor allem zwei, die hervorstachen: die Zollner von Rottenstein und die Herren von Hettersdorf. Erstere führten in Silber drei rote Beile und letztere in Silber einen ausgerissenen schwarzen Eichenschößling. Die Zollner waren die ersten Lehensträger in Stöckach, die Hettersdorf ließen hier Schloss und Kapelle errichten. Die beiden Familien sind um 1546 bzw. 1829 im Mannesstamm ausgestorben.
Nach der Beratung mehrerer Entwürfe von Günter Lipp entschloss sich die kleine Gruppe aus Bürgermeister Endres, Kreisheimatpfleger Jäger und Ortsvertretern für die einfachste vorgeschlagene Möglichkeit, nämlich die direkte Zusammenführung beider Wappenbilder in einem Schild: „In Silber vorne drei (2:1 gestellte) rote Beile, hinten ein bewurzelter schwarzer Eichenschössling.“ Die Reinzeichnung hat Kreisheimatpfleger Lipp selbst gefertigt, so dass dem Dorf keine Kosten entstanden. Am Samstag, 23. Juni, wird das Wappen offiziell in Stöckach vorgestellt.