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HAßFURT
Wenn zum Schaden noch die Scham kommt
Dankbar ist die Seniorin, die von skrupellosen Tätern um ihren Schmuck gebracht wurde, für die Ratschläge und Unterstützung von Helmut Will, Weißer-Ring-Außenstellenleiter im Landkreis Haßberge.
Foto: Weisser Ring | Dankbar ist die Seniorin, die von skrupellosen Tätern um ihren Schmuck gebracht wurde, für die Ratschläge und Unterstützung von Helmut Will, Weißer-Ring-Außenstellenleiter im Landkreis Haßberge.
Bearbeitet von Gerlinde Schlereth
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:36 Uhr

Ob am Telefon, an der Haustür ober beim Einkaufen – ältere Menschen werden oft in Alltagssituationen Opfer von Straftaten. Darauf weist die Bundesgeschäftsführerin des Weißen Ring, Bianca Biwer, hin. Der Weiße Ring, Deutschlands größte Opferhilfsorganisation, schildert am „Tag der Kriminalitätsopfer“ (22. März), ein Fallbeispiel aus dem Landkreis Haßberge.

„Die Frau am Telefon war recht nett und wirkte vertrauenswürdig“, sagt eine 71-jährige Rentnerin aus einer Ortschaft im Maintal aus dem Landkreis Haßberge. Die Seniorin hatte aufgrund einer Annonce eine Mobilfunknummer angerufen, weil sie ihre Kleidungsstücke aus Pelz „loswerden wollte“. Niemand aus ihrer Familie mochte die Pelze haben, weshalb sie sich entschloss, diese zu verkaufen.

Auf einen Trick hereingefallen

Mit der Angerufenen vereinbarte die Dame einen Termin in ihrer Wohnung. Sicherheitshalber hatte sie ihre Tochter dazu gebeten. Zur verabredeten Zeit erschienen zwei Männer. Eigentlich, so meinen die Seniorin und ihre 48-jährige Tochter im Nachhinein, hätten sie schon hellhörig werden müssen, als sich die Männer zunächst gar nicht für die Pelze interessierten.

„Sie fragten ob ich Gold hätte, weil sie auch Gold aufkaufen müssten, um von einer Firma Provisionen zu erhalten“, erzählt die Rentnerin. Die 71-Jährige zeigte den beiden Männern einige Kettchen und Ringe. „Es waren vierzehn Teile, alle aus 333-iger Gold und ich wollte wissen, was die wert sind“, sagt die verwitwete Frau. Daran hätten die Männer Interesse gezeigt und ihr gesagt, dass sie die Teile von einer Firma, für die sie arbeiten, prüfen lassen müssten, um den Wert der Kettchen und Ringe zu ermitteln.

Die Rentnerin und ihre Tochter vereinbarten gutgläubig mit den Männern, dass sie nach Prüfung der Ware an einem folgenden Wochentag wieder kommen, um den Wert der vierzehn Schmuckstücke mitzuteilen und um sich dann handelseinig zu werden. „Komischerweise interessierten sie sich dann gar nicht mehr für die Pelze, weswegen sie eigentlich gekommen waren“, sagt die Tochter der älteren Dame. Darauf angesprochen hätten die beiden Männer erklärt, dass man sich, wenn man nach Prüfung des Wertes der Schmuckstücke wieder komme, auch über den Ankauf der Pelze unterhalten werde.

Hier senkt die Seniorin ihren Kopf und sagt: „Ich war dumm und ich ärgere mich über meine Gutgläubigkeit.“ Auch ihrer Tochter ist anzumerken, dass sie sich maßlos ärgert, mit auf den Trick hereingefallen zu sein.

Als die beiden Männer zum vereinbarten Zeitpunkt in der folgenden Woche nicht kamen, hat die Seniorin erneut die Mobilfunknummer die in der Annonce stand, angerufen. „Trotz mehrerer Versuche habe ich niemanden erreicht“, erläutert die 71-Jährige. Ihr und ihrer Tochter fiel es dann wie Schuppen von den Augen, dass sie auf Betrüger hereingefallen waren, und sie verständigten die Polizei in Haßfurt. Außer einer Personenbeschreibung hatten sie für die Polizei keine Hinweise. „Ein Auto hatten wir wohl gesehen, einen Typ oder gar ein Kennzeichen konnten wir der Polizei allerdings nicht mitteilen“, sagt die Seniorin. Ihr Schmuck war weg.

Helmut Will, der im Landkreis Haßberge zusammen mit vier Frauen für den Weißen Ring arbeitet, erfuhr von der Polizei vom Missgeschick der Seniorin. „Die Dame schämte sich, dass sie auf Betrüger hereingefallen war.“ Der Weiße Ring kann neben menschlichem Beistand auch finanzielle Unterstützung leisten, wenn Opfer von Straftaten finanziell nicht „auf Rosen gebettet“ sind.

Entschädigung für Gewaltopfer gibt es von der Landesbehörde Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS). Das ZBFS habe im vergangenen Jahr 17,5 Millionen Euro ausgezahlt, teilte die Behörde am Dienstag mit. Das sei der höchste Betrag, mit dem das ZBFS innerhalb der vergangenen fünf Jahre Gewaltopfer in Bayern unterstützt hat. In Bayern haben 3000 Opfer von Gewalttaten Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz.

Wie sich ältere Menschen vor Straftätern schützen können

• Wenn Fremde an der Haustür klingeln diese nicht ins Haus lassen. Immer die Sicherungskette an der Haustür einhängen. Kommunikation nur über Sprechanlage, bei vorgelegter Sicherungskette oder über ein Fenster.

• Niemals an der Haustür etwas kaufen oder unterschreiben. Unaufgefordert kommende Vertreter nicht in die Wohnung lassen.

• Wenn ein Termin vereinbart wurde, immer eine weitere vertrauenswürdige Person zum Gespräch hinzuziehen, stets misstrauisch und achtsam sein, eventuell Ausweis zeigen lassen.

• Bei unklaren Verhältnissen möglichst versuchen, ein Fahrzeug mit dem die Personen unterwegs sind, feststellen, mit Typ, Farbe und am besten mit dem amtlichen Kennzeichen.

• Wenn jemand am Telefon um Geld bittet, immer misstrauisch sein. Einfach auflegen, die Polizei informieren.

• Bei Werbeanrufen nicht auf ein Gespräch einlassen, Telefon auflegen, niemals eine Kontonummer, Bankverbindung oder PIN-Nummer preisgeben.

Ist jemand Opfer einer Straftat geworden, kann er sich an das Opfer-Telefon wenden, das bundesweit kostenlos unter Tel. 116 006 zu erreichen ist.

In Unterfranken gibt es Außenstellen in Würzburg, Tel. (09 31) 407 09 27, Rhön-Grabfeld, Tel. (0 97 24) 90 74 74, Bad Kissingen, Tel. (09 71) 6 27 18, Main-Spessart, Tel. (0 93 64) 81 53 00, Schweinfurt, Tel. (0 97 21) 295 34 78, Aschaffenburg, Tel. (0 60 21) 36 76 99, Haßberge, Tel. (0 95 31) 94 35 16, Kitzingen, Tel. (0 93 23) 208 00 29, sowie im benachbarten Main-Tauber-Kreis, Tel. (0 93 41) 84 88 81

Weitere Informationen im Internet unter www.weisser-ring.de geha

 
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