Für den Zoologen Dr. Dieter Mahsberg steht fest, dass solche exotischen Neubürger das ökologische Gleichgewicht ins Wanken bringen: "Als Fleischfresser, die sich von Fischen, Fröschen und Krötenlaich ernähren, zerstören sie die heimische Kleinfauna", so der Wissenschafter, der an der Uni Würzburg arbeitet. Dieses Problem spitze sich durch die Globalisierung immer weiter zu, denn die Globalisierung von Handel und Tourismus habe die natürlichen Barrieren wie Berge, Flüsse und Meere, die die Arten an der ungehemmten Ausbreitung hindern, außer Kraft gesetzt. Exotische Tiere werden demnach in Gebiete eingeschleppt, die sie ohne menschliche Hilfe nie erreicht hätten.
Inzwischen gilt die Verbreitung eingeschleppter Tierarten - nach der Zerstörung von Lebensräumen - als zweitwichtigste Ursache des Artensterbens. Einige der Eindringlinge werden für Schäden in Land- und Forstwirtschaft und das Einschleusen gesundheitsbedrohender Parasiten verantwortlich gemacht.
Den amerikanischen Ochsenfrosch nennt der Würzburger Zoologe Mahsberg als drastisches Beispiel. Der gehöre zu möglicherweise kritischen Neozoen. Bisher sei er noch nicht zu einem Problem geworden, doch seine Ausbreitung sei zu befürchten. Die Teiche im Landkreis Haßberge seien noch nicht betroffen, aber die Gegend um Karlsruhe haben die räuberischen Lurche, die ausgestreckt bis zu 50 Zentimeter messen und ein Kilo schwer werden, bereits erobert. "Sie fressen alles, was sich bewegt und in ihr Maul passt", weiß der Wissenschaftler.
Auf dem Speiseplan stehen demnach vor allem Nacktschnecken und Käfer, aber auch Lurche sowie gelegentlich Fische, Ratten und Enten. Selbst vor dem eigenen Nachwuchs mache die Fressgier dieses Frosches nicht Halt. Sein nächtliches Gebrüll sei kilometerweit zu hören. In Deutschland fehle es an natürlichen Feinden, die ihn an der unkontrollierten Ausbreitung hindern könnten. Breite er sich rasch aus und siedele sich hier an, dann fresse er heimische Amphibien und richte damit ökologische Schäden von noch nicht bekanntem Ausmaß an.
Während der Ochsenfrosch wahrscheinlich noch nicht aus den Vereinigten Staaten im Landkreis angekommen ist, bereitet er amerikanische Kamberkrebs den einheimischen Krebsarten Probleme. Diplombiologe Jürgen Thein vom Bund Naturschutz nennt eine aktuelle Bestandsaufnahme, die deutlich mache, dass im Landkreis Haßberge zwar noch einige Steinkrebse vorkommen, aber die eigentlich heimischen Edelkrebse bereits weitgehend fehlen würden. "Die kommen nur noch in einigen wenigen Gewässern Unterfrankens vor, insbesondere in der Rhön und im südlichen Steigerwald", so der Diplombiologe.
Ein besonderen Platz bei den gebietsfremden Tierarten nehmen auch Vögel in Anspruch. In vielen deutschen Städten, vor allem im Raum Köln, in Wiesbaden und um Mannheim brüten so genannte afrikanische Halsbandsittiche. Dabei handelt es sich Mahsberg zufolge wahrscheinlich um Nachkommen von Exemplaren, die einst aus den Käfigen privater Haushalte und zoologischer Gärten entflohen sind. Bundesweit schätzt er die Zahl der grünen Papageien mit dem schwarzen Halsband auf rund 1700. Tendenz steigend. Mit Fasan, Kanadagans, Mandarinente, Trauerschwan und sogar Nandus nennt der Forscher weitere Beispiele auf der Liste der Neubürger.
Aber in der Geschichte der Evolution habe es immer wieder Veränderungen in den Lebensräumen und Lebensgemeinschaften von Tieren und Pflanzen gegeben. "Es geht hier nicht um eine das Verteufeln von Neozoen, sondern um das neutrale Abwägen des Für und Wieder dieses Problems", so Mahsberg.