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HASSFURT
Wenn Kinder sich selbst verletzen
Auf sehr großes Interesse stieß der Vortragsabend der Präventionsstelle des Landratsamtes Haßberge zum Thema „Selbstverletzendes Verhalten bei Kinder und Jugendlichen“ mit der Sozialpädagogin Sonja Liebig.
Foto: Christiane Reuther | Auf sehr großes Interesse stieß der Vortragsabend der Präventionsstelle des Landratsamtes Haßberge zum Thema „Selbstverletzendes Verhalten bei Kinder und Jugendlichen“ mit der Sozialpädagogin Sonja Liebig.
Christiane Reuther
 |  aktualisiert: 30.04.2017 03:45 Uhr

Auf sehr großes Interesse stieß der Vortragsabend der Präventionsstelle des Landratsamtes Haßberge zum Thema „Selbstverletzendes Verhalten bei Kinder und Jugendlichen“ im Haßfurter Pfarrsaal. Pädagogen, Erzieher, Sozialarbeiter sowie Vertreter von Vereinen und von der Polizei zeigten sich angetan von dem Referat der Sozialpädagogin Sonja Liebig. Die ist zwar stellvertretende Leiterin im Krisendienst Würzburg, hielt den Vortrag aber freiberuflich, da der Krisendienst nur für den Landkreis und die Stadt Würzburg, für den Landkreis Kitzingen und für den Landkreis Main-Spessart zuständig ist.

Wenn Eltern, Freunde, Lehrer oder sonstige Bezugspersonen mitbekommen, dass Kinder und Jugendliche sich selbst verletzen, sind sie zunächst meist sehr geschockt und verunsichert. Denn es kann nur schwer nachvollzogen werden, warum sich jemand schneidet oder auf sonstigem Weg Schmerzen zufügt. Wie ein unterstützendes Gespräch aussehen kann, wann es professioneller Hilfe braucht und wo man diese findet, das waren nur einige der Fragen, mit denen sich die Referentin ausführlich auseinandersetzte.

„Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare“ – mit einem Zitat von Christian Morgenstern stieg die Referentin in eine Thematik ein, die keine leichte Kost ist. „Wenn ich mich ritze und das warme Blut über meinen Arm fließt, dann weiß ich, dass ich noch lebe“, lautete ein von Liebig vorgetragener Buchauszug aus „Mein Leben als Ritzerin“ (von Angela S.).

Kritische Lebensereignisse

Kritische Lebensereignisse (schulische Überforderung, Probleme mit den Eltern, Trennung von Freund oder Freundin, der Tod einer nahestehenden Person) sind in jungen Jahren Herausforderungen, die der Auslöser für eine Selbstverletzung sein können. Der Beginn der Selbstverletzung fällt oftmals auch mit dem Beginn der Pubertät zusammen.

Von der Selbstverletzung, die in direkter und indirekter Form vorkommt, sind mehr Mädchen als Jungen betroffen, wie Sonja Liebig erklärte. Zur direkten Form zählen etwa Ritzen, Schneiden, Ausreisen von Haaren, Kopfschlagen oder Verbrennen und Verbrühen, zur indirekten Form etwa Nahrungsverweigerung sowie Alkohol- und Medikamentenmissbrauch. Auch eine gestörte Bindung, die Trennung von Bezugspersonen in der Kindheit oder familiäre Gewalt können zu einer Selbstverletzung führen.

Dies sei dadurch bedingt, dass man laut der Expertin, deren Arbeitsschwerpunkt in suizidalen Krisen liegt, von klein auf nicht gelernt habe, starke Emotionen zu ertragen. Aber auch in Familien, die nach außen hin intakt wirkten und die finanziell gut aufgestellt seien, sei laut Referentin selbstverletzendes Verhalten zu erkennen. Die Jugendlichen bauten ihren Druck oftmals durch das Ritzen ab, das sie als Selbstbestrafung sähen.

Ein gestörter Schlaf, Rückzugstendenzen oder nicht erklärbare Schnittwunden und Narben können erste Warnzeichen für eine Selbstverletzung sein. Eltern müssen aber auch hellhörig werden, wenn Heranwachsende sagen, dass sie sich wert- und hoffnungslos fühlen. Hilfe kann eine therapeutische Begleitung sowohl für den betroffenen Jugendlichen als auch für die Eltern sein. „Den Hilfeschrei erkennen“ und „das Verhalten akzeptieren“ gab die Referentin als Tipps für den Umgang mit Jugendlichen, die zu einer Selbstverletzung neigen. Man müsse die Jugendlichen ernst nehmen, ohne bewertend oder kritisierend zu reagieren.

Maßnahmen zur Selbsthilfe

Aber auch Maßnahmen zur Selbsthilfe für betroffene Jugendliche hatte Sonja Liebig parat: Eiswürfel in der Hand halten, auf ein Kissen oder auf das Bett einschlagen oder das Erlernen von Entspannungstechniken. Den individuellen Fahrplan müsse jedoch jeder Betroffene selbst im Laufe einer Therapie für sich erkennen und lernen, so die Referentin.

 
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