"Das ist ein kleiner Ansatz, um die Welt in fünf Jahren neu zu erfinden. In dieser Zeit haben wir die Chance, dass alle mitmachen", sagte Oliver Kunkel, der Vorsitzende der Bürgerinitiative "Wir gestalten Heimat" bei der Abschlussveranstaltung der Europäischen Mobilitätswoche in Ebern. Vor Schloss Eyrichshof präsentierten sich am Sonntag zahlreiche Fahrzeuge mit alternativem Antrieb. Rund 200 Besucher fanden den Weg in den Schlosshof, wo sich altehrwürdige Gemäuer und moderne, umweltschonende Technik gegenüberstanden.
Oliver Kunkel hat eine Vision, wie es im Jahre 2025 im Landkreis Haßberge aussehen könnte: "Ich wünsche mir überall vor Ort attraktive Mobilstationen mit viel Grün außenrum, Sitzmöglichkeiten und ein App-gesteuertes, intelligentes System". Das könnte dann so aussehen, dass die App die beste Verbindungsmöglichkeit von A nach B vorschlägt und zum Beispiel für die Hinfahrt den Regionalbus und für die Rückfahrt ein Elektroauto oder Fahrrad, das man unkompliziert mieten kann, vorschlägt.
"Es muss in Zukunft mehr Gemeinschaftsverkehr geben"
Bürgermeister Jürgen Hennemann freute sich, dass trotz der Pandemie die Mobilitätswoche in Ebern stattfinden konnte. Sehr gewissenhaft habe der der Verein "Wir gestalten Heimat" bei allen Veranstaltungen die Corona-Auflagen umgesetzt. Auch in der Sache stimmt das Stadtoberhaupt den Netzwerkern zu: "Es muss in Zukunft weniger Individualverkehr und mehr Gemeinschaftsverkehr geben". Hennemann ist auch bereit, zukünftig die Mobilitätswoche regelmäßig in Ebern stattfinden zu lassen und zu unterstützen. Zumal am gleichen Wochenende immer Kirchweih in der Türmerstadt ist, wäre das auch eine gute Gelegenheit beide Veranstaltungen miteinander zu verknüpfen, erklärte Hennemann.
Sofort begeistert von der Idee, eine Fahrzeugausstellung in seinem Schlosshof stattfinden zu lassen, war Freiherr Hermann von Rotenhan. Ergo sagte er seinem einstigen Klassenkameraden Oliver Kunkel sofort zu. "Dieser Informationstreff ersetzt zwar nicht das Gartenfest und das Open-Air, aber es ist schön zu sehen, dass das Schossareal belebt ist", so der Baron. Der Gitarrist Klaus Neubert aus Zeil sorgte für den musikalischen Rahmen.
Die Bandbreite der Elektromobilität
Zahlreiche Aussteller boten den Interessierten eine große Fahrzeugschau in Sachen Elektromobilität. Das Autohaus Gelder und Sorg aus Ebern hatte zum Beispiel den neuen VW ID 3 dabei, der das einzige Elektroauto von Volkswagen ist, bei dem sich die Akku-Parzellen einzeln austauschen lassen. BMW/Peugeot Kühnl aus Haßfurt präsentierte unter anderem den vollelektrischen Peugeot E 2003, der serienmäßig mit einem 11 Kw-Anschluss in nur fünf Stunden komplett aufgeladen werden kann.
Das kleinste Elektroauto, laut Zulassung eigentlich sogar ein Quad, hatte Renault Rost aus Rentweinsdorf mit dem "Twizzy" vor Ort. Mit dem "Kuga" und dem "Puma" lockte das Autohaus Ankenbrand aus Eltmann die Besucher an seinen Stand. Außerdem informierten das Autohaus Kirchner aus Haßfurt und die ATB Autotechnik GmbH aus Schweinfurt mit mehreren Fahrzeugen.
Einer, der bereits 200 000 Kilometer Erfahrung mit Elektroautos gesammelt hat, ist Christoph Helfrich aus Bad Königshofen. Zusammen mit vielen weiteren Privatleuten, die auch ich eigenes E-Auto dabei hatten und ausstellten, berichtete der Einkaufsleiter aus erster Hand. Helfrich arbeitet bei einem Energieversorger und ist beruflich bundesweit viel unterwegs. Sein erstes E-Mobil war vor viereinhalb Jahren ein BMW i3, während er heute einen Opel Ampera E fährt. "Am Anfang war es schon ein Abenteuer, unterwegs eine Ladestation zu finden", so Helfrich.
Oft saß er ein bis zwei Stunden an der Routenvorbereitung seiner Geschäftsreise, um an passender Stelle Energie "tanken" zu können. Aktuell habe sich das Netz der Ladestationen aber so vergrößert, dass er keine Probleme mehr habe und nicht befürchten müsse, irgendwo stehen zu bleiben. Freilich kostet das Laden Zeit, aber der Geschäftsmann nutzt diese Zeit für Telefonate oder das Verfassen von E-Mails.
Mit der App lässt sich die Klimaanlage einstellen
Helfrichs Frau fährt einen Tesla und zeigte stolz die App auf ihrem Smartphone, auf der sie immer weiß, wo sich ihr Auto gerade befindet. Dazu sieht sie, wie viele Prozente der Akku beim Ladevorgang schon voll ist oder kann einige Zeit vor Fahrtantritt die Klimaanlage beauftragen, das Auto zu wärmen oder zu kühlen. "Wenn ich meine Tochter anrufe und sie hört das Telefon nicht, dann lasse ich aus der Ferne mittels App den Tesla hupen und dann weiß meine Tochter, dass ich gleich anrufe", berichtet die vom elektrischen Antrieb begeisterte Frau augenzwinkernd mit einem Lächeln.
Ganz besondere Zweiräder präsentierte die Initiative "Lastenrad Bamberg". Zusammen mit einigen Mitstreitern war Katharina Breinbauer, die Vorsitzende des Trägervereins AStA Bamberg, die rund 30 Kilometer nach Ebern - natürlich mit Lastenrädern - angereist. Die Studentin erzählt von dem Projekt, das ihrer Meinung nach auch leicht an anderen Orten umsetzbar sei.
Die Idee, freie Lastenräder mit Elektroantrieb für Bamberg anzuschaffen, entstand bereits im November 2014. "Aus unserer eigenen Arbeit wissen wir: Ehrenamtlichen, kulturellen und sozialen Initiativen sowie zahlreichen Bürgern fehlt es häufig an Transportmöglichkeiten. Der Autoverleih besitzt für viele schwer überwindbare finanzielle und organisatorische Hürden (Alter, Führerschein, Kosten). Ein Lastenrad reicht für den Transport aber meist aus, ist umweltfreundlicher und im Stadtverkehr sogar schneller", so Breinbauer.
"Lore" und "Hans" sind in Bamberg unterwegs
Mit Hilfe einiger Unterstützer ging im Frühjahr 2017 das erste Lastenrad namens "Lore" und im Mai 2020 das zweite Lastenrad "Hans" in Betrieb. An zwei Standorten in der Domstadt können die Räder gegen eine freiwillige Spende ausgeliehen werden. Mit den Fahrrädern können Gegenstände bis 100 Kilogramm transportiert werden. Aber auch zwei Kindersitze sind in der Ladefläche integriert, damit auch die Jüngsten bei einer Ausfahrt dabei sein können.
Ganz ohne Sponsoren ließ sich die Anschaffung nicht bewältigen, aber zumindest der Unterhalt deckt sich mit den Einnahmen aus der Vermietung, erklärte die Vorsitzende. Das Angebot werde in Bamberg sehr gut angenommen, jedes Jahr würden vom Frühling bis zum Herbst mit jedem Fahrrad etwa 3000 Kilometer zurückgelegt. Erst vor einigen Tagen habe der Verein den Fuhrpark erweitert und ein drittes Lastenrad in den Verleih aufgenommen.