Mit dem Thema Internetkriminalität hat sich der Weiße Ring Haßberge kürzlich in Ebern befasst und dabei ein junges Opfer zu Wort kommen lassen. Ob Datenklau, Mobbing, Online-Betrug oder Erpressung mit Fotos und Videos – auch online verübte Verbrechen haben auf die Lebenswelt eines Opfers handfeste Auswirkungen.
So auch für die 18-jährige Lisa Borst, die aus Ebern kommt und in Eltmann wohnt. Sie ging einem Betrüger auf den Leim, der auf einen Portal im Internet ein Auto anbot, welches der jungen Frau zusagte. „Ja ich spreche darüber, vielleicht kann dadurch verhindert werden, dass andere, so wie ich, auf Betrüger reinfallen“, sagt Lisa.
Sie hat einige Jahre auf ein Auto gespart. Und nachdem sie etwa 3000 Euro zur Seite gelegt hatte, machte sie sich auf die Suche. Ihr „Traumauto“ fand sie schließlich auf einem Portal im Internet und nahm dort mit dem Anbieter Kontakt auf. So wie es Lisa tat, suchen viele Menschen im Netz nach einem fahrbaren Untersatz. In den meisten Fällen klappt das auch. Pech hat man nur dann, wenn man an einen Betrüger gerät. Per Email hatte Lisa ihre Anfrage nach ihrem „Traumauto“ gestellt.
„Ich war wohl etwas blauäugig“
„Ich war von einem Angebot begeistert. Für 2700 Euro wurde das Auto angeboten, nach dem ich gesucht habe“, sagt die jungen Frau. Ihr wurde mitgeteilt, dass sich das Auto noch im Ausland befände und es von einer Firma geliefert würde, wenn der Kaufpreis überwiesen sei. „Ja“ gesteht Lisa und blickt verlegen zur Seite, „ich war da wohl etwas blauäugig, wohl auch weil ich mich toll auf das Auto freute.“
Jetzt weiß sie, dass sie spätestens hätte stutzig werden sollen, als sie erfuhr, dass die 2700 Euro an eine Firma „Ivanov Cryptopay GmbH“ auf ein Konto nach Serbien überwiesen werden sollten. „In meinem jugendlichen Leichtsinn habe ich das Geld überwiesen, ich hätte, das weiß ich heute, besser mal jemandem fragen sollen.“
Fälle wie diese kennt Helmut Will, Außenstellenleiter für den Weißen Ring im Landkreis Haßberge, aus seinem Engagement für die Opferschutzorganisation, aber auch aus seiner Arbeit als ehemaliger Polizeibeamter. „Die Täter verstehen es, ihre Angebote schmackhaft zu machen mit Toppreisen, wie auch im Fall von Lisa“, sagt er. Das Auto wäre, wie es angeboten wurde, weit mehr als die 2700 Euro wert gewesen. „Das ist aber für die Betrüger kein Problem, weil das Fahrzeug so und so nicht geliefert wird“, weiß Helmut Will. Auch gingen die Betrüger bei Kontakten, meist passiere dass per Email, sehr professionell vor und hätten auf zweifelnde Fragen der Interessenten meist eine plausible Erklärung parat.
Von Bank nicht gefragt oder gewarnt
Lisa jedenfalls ließ sich überreden das Geld zu überweisen. „Sie hat deshalb jetzt ein schlechtes Gewissen, ärgert sich, aber sie ist kein Einzelfall“, sagt Will. Was Lisa im Nachhinein noch gewaltig ärgert ist, dass sie von ihrer Bank, als sie den Überweisungsauftrag am Bankschalter persönlich erteilte, nicht gefragt oder gewarnt wurde. „Ich bin ein junges Ding und habe noch relativ wenig Lebenserfahrung. Hätte da nicht der Mann am Schalter mal fragen können ob das mit der Überweisung in Ordnung geht, er merkte ja auch, dass das Geld nach Serbien überwiesen wurde“, fragt sich Lisa und fährt fort: „Die in der Bank haben doch sicher auch schon mehr Erfahrung mit solchen Überweisungen und wissen bestimmt, dass es zu Betrügereien kommt, könnte man da nicht mal gewarnt werden“, so Lisa verbittert.
Helmut Will, an den sich Lisa gewandt hatte als alles schon zu spät war, kann ihr hier nur Recht geben. „Es wäre schon ein guter Kundenservice, wenn in solchen Fällen eine Warnung käme, vor allem, wenn – wie im Fall von Lisa – diese persönlich am Schalter die Überweisung in Auftrag gibt.“ Will weiß aber auch, dass das in manchen Fällen passiert, ja sogar die Überweisung manchmal zurück gehalten und erst noch einmal beim Kunden nachgefragt wird. „Damit konnte schon manchmal verhindert werden, dass Kunden ihr Geld auf Nimmerwiedersehen überwiesen haben“, sagt Will.
Lisa hat sich an den Weißen Ring gewandt, nachdem sie bei der Polizei Anzeige erstattet hatte. Dort wurde ihr aber schon, nachdem die Angelegenheit geprüft war gesagt, dass sie sich wenig Hoffnung machen soll, dass sie ihr Geld wieder bekommt. Lisa ist finanziell nicht auf Rosen gebettet, umso mehr schmerzt es sie, dass ihr in Jahren erspartes Geld weg ist.
Kleines Trostpflaster für Lisa
Der Weiße Ring will mit der Aktion am „Tag der Kriminalitätsopfer“ wach rütteln und aufklären, damit Straftaten über das Internet begangen, verhindert werden. „Wir wollen über das Thema informieren, Gefahren aufzeigen und Tipps geben, wie man sich bestmöglich schützen und sicher im Netz unterwegs sein kann“, sagt Will. Als kleines „Trostpflaster“ erhielt in diesem Fall Lisa vom Weißen Ring eine kleine finanzielle Hilfe, die ihr aber bei Weitem ihren erlittenen finanziellen Schaden nicht ausgleicht.
„Trotzdem bin ich dankbar, dass ich in einem Gespräch ausführlich aufgeklärt wurde, so etwas wird mir nicht mehr passieren“, sagt Lisa und über die finanzielle Zuwendung freut sie sich auch. Das Internet bietet viele Vorteile und ist aus der heutigen Welt nicht mehr wegzudenken. „Allerdings kann man im Netz auch Opfer werden, egal ob jung oder alt. Darauf will der Weiße Ring am Tag der Kriminalitätsopfer aufmerksam machen, da online verübte Verbrechen auf die reale Lebenswelt eines Opfers handfeste Auswirkungen haben“, sagt Helmut Will. Für Lisa jedenfalls wurde ihr Traumauto zum Alptraum.
Zu erreichen ist der Weiße Ring im Landkreis Haßberge unter Tel. (0 95 31) 94 35 16 oder per Mail unter wr-hassberge@t-online.de. Weitere Infos unter www.weisser-ring.de.
Tipps für den Online-Kauf
Bei Überweisungen, die man ins Ausland verfügen soll, ist stets höchste Alarmstufe angesagt. Hier sollte man sich, wenn man unsicher ist, immer beraten lassen. Das ist bei der Polizei möglich, aber auch Banken und Verbraucherschutzverbände sowie der Weiße Ring geben Auskunft.
Bei Onlinebanking kann das Konto für Auslandsüberweisungen gesperrt werden. Fragen Sie bei ihrer Bank nach. Es gibt keinen hundertprozentigen Schutz. Dennoch können Internetnutzer etwas für die eigene Sicherheit tun. Der Weiße Ring rät dazu, aktuelle Virenscanner und zusätzliche Sicherheitssoftware wie Firewalls zu nutzen. Betriebssysteme der Rechner, Smartphones und Tablets sollten stets mit neuen Updates des Herstellers versehen sein.
Gleiche Passwörter sollten nicht mehrmals für unterschiedliche Zugänge wie beispielsweise E-Mail-Programme und soziale Netzwerke verwendet und regelmäßig gewechselt werden. Auch sollten sie mindestens aus sieben Zeichen und immer aus einer Kombination aus Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen bestehen.
Mit eigenen Daten wie Fotos, Adressen und Telefonnummern sollte zurückhaltend umgegangen werden. Je mehr öffentlich preisgegeben werde, desto einfacher könne damit Missbrauch betrieben werden.