Was macht ein 79-jähriger Pensionär? Kreuzfahrten? Golfen? Enkelkinder bespaßen? Hans Jürgen Küchle fährt demnächst in die Mongolei, um dort ehrenamtlich zu arbeiten. Seit 20 Jahren ist er als Senior-Experte des SES (Senior Experten Service, Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit) vor allem im Kongo und in Kambodscha unterwegs, hat Schulen, Schülerinnen-Wohnheime gebaut und Trinkwasserbrunnen gebohrt. Von seinen Erlebnissen berichtete er am Freitag auf Einladung des Lions-Clubs und der Rotarier Haßberge in der Rathaushalle in Haßfurt.
Hans Jürgen Küchle ist einer, der anpackt. Auch wenn er schon viele Vorträge gehalten hat – vor allem, um Spendengelder für Projekte zu sammeln, für den Abend in Haßfurt hat er seinen Freund, den Journalisten Werner vom Busch, mitgebracht, der ebenfalls Erfahrung mit Entwicklungshilfe-Projekten hat. In einem lockeren Interview zeigten sie auf, was Senior-Experten weltweit leisten.
„Wir sind da gar nicht so weit weg von dem, was Sie in ihren Clubs bei den Lions und den Rotariern machen, denn wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe, vor allem im Bereich Bildung und medizinische Versorgung“, so Küchle, der im vergangenen Jahr für sein Engagement mit der Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet wurde.
Küchle, der eigentlich aus dem Allgäu stammt, hatte ein spannendes Berufsleben – zunächst als Oberstabsbootsmann bei der Bundesmarine, dann als Sprengmeister und schließlich als Zollbeamter an der innerdeutschen Grenze. Weil die dann weg war, wurde er schon mit 54 in den Ruhestand versetzt. Pfarrer Brütting, Salesianer-Pater, meinte damals zu ihm „in dem Alter müsste ich schon noch was Sinnvolles tun“ und brachte ihn mit den Projekten der Salesianer in Kambodscha und schließlich dem SES in Kontakt. Seit 1998 war Küchle regelmäßig in Kambodscha, wo „besonders liebenswürdige Menschen leben“, das Essen jedoch eher gewöhnungsbedürftig ist.
Am schwersten für ihn war jedoch die politische Zurückhaltung, die den Senior-Experten auferlegt ist. Dennoch gaben Küchle und vom Busch Einblicke, wie das Regime in Kambodscha funktioniert und wie die Salesianer ihre örtlichen Kontakte nutzen, um dennoch humanitäre Hilfe direkt an die Menschen zu bringen. Die katholischen Patres arbeiten konfessionsübergreifend und kooperieren vor allem auch mit den buddhistischen Mönchen. Auch die Schulen, die sie bauen, sind für alle Konfessionen offen.
Mit eindrucksvollen Bildern zeigte Hans Jürgen Küchle, wie in Kambodscha mit einfachsten Mitteln Schulen und Wohnheime entstehen. Barfuß stehen die Arbeiter im Schlamm und biegen Armierungseisen. Besonders stolz ist er auf die Kläranlage, die er für eine Schule gebaut hat. „So etwas gibt es dort weit und breit nicht.“ Wichtig ist sie, weil in Kambodscha die natürlichen Arsen-Werte im Boden sehr hoch sind.
Das Klima habe er bis vor einigen Jahren gut ausgehalten, „man schwitzt halt und stinkt dann“, grinste er. Magenprobleme habe er nie gehabt, weil er sich immer an die Regeln gehalten habe – immer Wasser aus Flaschen zu trinken, oder gleich Cola, ist eine davon. Ein einziges Mal bekam er Ausschlag, ebenfalls fotografisch belegt. „Da habe ich Haifisch mit Haut gegessen. Das sollte man lassen“, erklärte er dazu ganz lapidar.
Warum er das alles tut? „Ich habe als Sprengmeister so viel kaputt gemacht, da muss man auch mal was aufbauen“, witzelte er im Interview. Es sei einfach eine sehr beglückende Aufgabe, schickte er nach. Seiner Frau sei er unendlich dankbar, dass sie ihn da versteht, wenn er wieder einmal für sechs, acht oder zehn Wochen den Koffer packt. In den Kongo darf SES derzeit nicht wegen der Unruhen, das Klima in Kambodscha ist für sein Herz nicht mehr geeignet – und deshalb bereitet sich Hans Jürgen Küchle nun auf einen Einsatz in der Mongolei vor.
Höchsten Respekt zollten ihm die Präsidenten Michaela Just und Franz Beck von Rotariern und Lions, wie auch alle Zuhörer in der Rathaushalle. Viele nutzten anschließend noch das Gespräch mit Küchle und vom Busch – und einige spielen seit Freitag mit dem Gedanken, es den beiden gleich zu tun.
Inzwischen gibt es solche Projekte nicht nur für Ruheständler, sondern auch für Menschen, die noch mitten im Berufsleben stehen und für einen solchen Einsatz, bei dem sie ihre Qualifikationen einbringen können, eine Auszeit nehmen wollen und können.