
Bis vor wenigen Wochen gab es im gesamten Landkreis keinen brütenden Weißstorch, trotz vielfältiger Bemühungen an verschiedenen Orten. Nun kann man an der Treinfelder Mühle im Baunachgrund bei Rentweinsdorf in zehn Metern Höhe ein Liebespaar in seinem Horst beobachten, das brütet und auch die Hoffnung schürt, dass bald auch einige junge Störche nach unten blicken.
Nach Aussagen von Bürgern konnte man immer wieder schon seit 30 Jahren Störche sehen, auch auf dem Kamin der Treinfelder Mühle. Manchmal war es nur einer, manchmal aber sind auch es zwei gewesen. „Sie sind aber nie hier geblieben. Gebaut hat nie einer“, bestätigt Mühlenbesitzer Horst Pickel.
Es gab im ersten Jahr Probleme, die sind jetzt gelöst
Im letzten Jahr war dann ein Jungstorchenpaar zu Gast und hatte den Horst auf dem Kamin besetzt. Der Storch war bis Juni gesessen und hat dann aufgegeben. Die Gründe können laut Storchenexperte Hans Schönecker vielseitig sein. „Vielleicht war er noch nicht so erfahren oder er war noch gar nicht geschlechtsreif, um ein Ei zu befruchten.“ Auf jeden Fall hinterließ er im Nest ein Ei, das nicht ausgebrütet war.
Bei der Besiedlung des Kamins tat sich aber ein weiteres Problem auf, dass die darunterliegende Photovoltaikanlage des Mühlenbesitzers durch das ständige Koten des Storches in Mitleidenschaft gezogen wurde und ein tägliches Reinigen der Anlage über Wochen nötig war. Auch behinderte das Nest Nutzung des Kamins für die darunterliegende Werkstatt in der kalten Jahreszeit. Die weitreichenden Kotspritzer stellten noch dazu eine Belästigung der unterhalb abgestellten Wohnwagen und deren Bewohner dar.

Deswegen sollte ein neuer Standort her. Manfred Husslein von der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes Haßberge und Harald Amon, der Vorsitzende des Bund Naturschutz, zogen den Storchenexperten Hans Schönecker (Coburg) vom Landesbund für Vogelschutz zu Rate.
Gemeinschaftsaktion für einen neuen Horst
Es kristallisierte sich das Grundstück neben der Scheune der Treinfelder Mühle als ideale Lösung heraus, Mühlenbesitzer Horst Pickel stellte es zur Verfügung. Harald Amon berichtete, dass das Aufstellen des Horstes kein einfacher Akt gewesen sei. Durch Geld- und Sachspenden sowie unentgeltliche Arbeitskraft sei ein 14 Meter hoher Baumstamm in einer zweieinhalb Meter tiefen Grube verankert worden.
Amon sprach von einer beispielhaften Zusammenarbeit aller Beteiligten und es sei nur machbar gewesen, weil sich auch Mühlenbesitzer Horst Pickel handwerklich und mit seinem Organisationstalent so eingebracht habe. Rechtzeitig vor einem möglichen Eintreffen der Störche konnte der neue Horst dann Ende Februar fertiggestellt werden. Und die nächsten Wochen blickten viele Augen dann immer wieder auf das Storchennest.

Am Sonntag, 14. März, fand sich ein Storch ein, um die Brutmöglichkeit zu inspizieren. „Er richtete seine neue Wohnung noch etwas her. Nach knapp drei Wochen trafen weitere vier Störche ein, setzten sich auf das Scheunendach und der Storch musste seine Behausung verteidigen, bis schließlich die Störchin zu ihm fand. Das alles geschah mit viel Geklapper“, meinte Horst Pickel. Er stellte menschliche Züge unter dem Storchenpaar fest. „Der Storch klapperte wie wild und hat sich über seine Mitbewohnerin gefreut. Aber die hatte nichts anderes zu tun, als erst einmal im Nest aufzuräumen und auszumisten. Dann holten sie viel Moos hinein ins Nest und legten außen herum Äste.“
Beobachter freuen sich über Szenen einer Saisonehe
Storchenexperte Hans Schönecker ist sich ganz sicher, dass die beiden Störche in der Brutzeit sind. Er begründet das mit dem Schauspiel, wenn im Horst Brutablösung und Begrüßung stattfinden. Das wird in letzter Zeit oft von neugierigen Gästen beobachtet.

Manfred Husslein von der Unteren Naturschutzbehörde verwies darauf, dass das Nahrungsangebot sehr wichtig sei. „Der Storch will keine hohen Wiesen, weil er Angst vor dem Fuchs und anderen Feinden hat. Wir brauchen deswegen ein Mosaik von Wiesenmahd und verschiedene Mahdstreifen vom Frühjahr bis zur Spätmahd. Glück haben wir heuer, dass die Wiesen etwas feuchter sind.“ Der Storch ernähre sich von Amphibien, Heuschrecken oder Mäusen aus Gräben und Wiesen. Dabei jage er nicht aus der Luft, sondern nur am Boden, stolziert durch sein Jagdgebiet und stoße dann blitzschnell zu.
Der Storch bleibt seinem Nest in der Regel treu
Zum gleichen Zeitpunkt flogen auch noch zwei weitere Störche über den Horst und blickten sicherlich neidvoll auf die Wohnung der „Neu-Rentweinsdorfer“. Horst Pickel interessierte dabei die Frage, ob die beiden Störche wohl auch schon im letzten Jahr auf dem Kamin waren. Diese Frage beantwortete der Storchenexperte mit einem klaren Ja, denn der Storch bleibe seinem Nestplatz treu und fliege ihn jedes Jahr wieder an. Nur ihre Partner wechseln sie und deswegen spreche man auch von einer „Saison-Ehe“.

Das Storchenpaar von Rentweinsdorf hat mit seiner Brut nun ein Alleinstellungsmerkmal im Landkreis. An zahlreichen anderen Standorten hofft man auf eine ähnliche Besiedlung. Dies gilt für die Horste in Pfarrweisach, Kraisdorf, Eyrichshof, Baunach, Reckendorf genauso wie am Landratsamt in Haßfurt. Dort sei schon vor einiger Zeit in aufwändiger Arbeit einen Horst installiert worden. Noch aber sei kein Adebar heimisch geworden, sagt Manfred Husslein.
Ungünstige Lage am Landratsamt
Bei der Beschreibung des Haßfurter Nestes erkannte dafür Storchenexperte Schönecker auch einen möglichen Grund. „Dieser Horst ist unterhalb des Firstes gebaut, so dass der Storch nur einen Sichtwinkel von 180 Grad hat". Angreifende Artgenossen von der anderen Seite sieht er möglicherweise nicht. "Für ihn wäre eine Rundumsicht wichtig. Deswegen hat vielleicht auch noch kein Storch das Nest angenommen.“

Auch in den Mainauen oder anderswo seien Nesthilfen gebaut, aber nicht angenommen worden. Auch hierfür scheint es nach Schönecker eine Begründung zu geben. „Das Nest soll in der Nähe von Menschen sein. Der Storch will dahin, wo sich was rührt und wo Menschen sind. Das sieht man in Bad Rodach, wo Meister Adebar seinen Horst 50 Meter neben dem Festplatz hat, auf dem alljährlich ein großes Schützenfest über mehrere Tage stattfindet.“
Seit vier Wochen ist auf dem alten Baywa-Gebäude in Pfarrweisach ein Storchenpaar dabei, sich ein Nest zu bauen. „Es wäre eine kleine Sensation, wenn die Störche hier brüten würden“, meint Bürgermeister Markus Oppelt.
Der Weißstorch
