Im August vor 170 Jahren stand in Königsberg die Wiege für Carl Heinrich Epler. Der Knabe, dessen 59 Jahre währendes Leben am 5. August 1846 hier begann, zählt heute als Persönlichkeit zu den „Söhnen und Töchtern der Stadt“.
Die heute etwa 3600 Einwohner zählende Kleinstadt mit ihren malerischen Gassen, imposanten, überwiegend aus dem 17. und 18. Jahrhundert stammenden Gebäuden und einem Altstadtensemble, das unter Denkmalschutz steht, war sicher auch zur Zeit von Eplers Geburt reich an kunstvollen Bauwerken. Epler mag von diesen beeindruckt gewesen sein, wählte er doch den Beruf eines Bildhauers. Dennoch hielt er es nicht sein Leben lang hier aus. Als 23-Jähriger zog es ihn weg von Franken und hin nach Sachsen.
Als die Semper-Oper brannte
1869, in dem Jahr, als in der sächsischen Stadt Dresden das königliche Hoftheater des Baumeisters Gottfried Semper einem Brand zum Opfer fiel, kam der junge Epler dorthin und ging bei Johannes Schilling in die Lehre.
Schilling war Bildhauer und hatte zu dieser Zeit bereits einen Namen in der sächsischen Kunstmetropole. Sein Entwurf für die preisgekrönte Figurengruppe „Vier Tageszeiten“, bestehend aus „Abend“, „Nacht“, „Morgen“ und „Mittag“ machte ihn weltberühmt.
Die Gruppe war für die Freitreppe zur Brühlschen Terrasse, einer bis heute beliebten Flaniermeile für Touristen und Einheimische, bestimmt.
Reiterstandbild für den König
In der Zeit, als Epler bei ihm eintraf, schuf Schilling die Quadriga für die nach dem Brand des Hoftheaters errichtete Semperoper. Auch ein Reiterstandbild für König Johann von Sachsen auf dem Dresdner Theaterplatz stammt von ihm.
Epler war bei einem bedeutenden Bildhauer angekommen, dessen Wirken den Weg des Königsbergers maßgeblich beeinflussen sollte. Er wurde Mitglied der Dresdner Kunstakademie und ab 1897 Professor. Schon zwei Jahre nach seiner Ankunft in der Stadt gründete Epler eine eigene Werkstatt und war ab 1895 als Lehrer der Modelierklasse tätig. Im Stadtteil Striesen, in der Haydnstraße 27, lebte und arbeitete er bis zu seinem Tod im Jahr 1905.
Aus der Dresdner Zeit Eplers stammen Kunstwerke, die bis heute in der zuweilen als Elbflorenz bezeichneten sächsischen Stadt einen würdigen Platz haben.
Relief in der Kreuzkirche
Eine dieser Arbeiten verbindet Königsberg mit Dresden auf besondere Weise: Die Dresdner Kreuzkirche, in der im Jahr 1539 die Anhänger des Reformators Martin Luther das erste evangelische Abendmahl feierten, ist im Laufe der Jahrhunderte viermal abgebrannt und wiederaufgebaut worden. Im Zweiten Weltkrieg waren nach Bombenangriffen im Februar 1945 nur die Außenmauern stehen geblieben, aber wie durch ein Wunder ist ein Relief des Bildhauers Heinrich Epler am Podest des Altars nicht zerstört worden.
Das Relief stammt aus dem Jahr 1900 und erinnert an jenes erste lutherische Abendmahl in dieser Kirche. Ein Abbild dieser ersten Abendmahlsfeier gelangte durch den Schöpfer des Reliefs in dessen Geburtsstadt Königsberg. Bis heute ist es in der evangelischen Marienkirche am Königsberger Marktplatz zu bewundern. Zu danken ist das dem Sohn der Stadt, dem hier geborenen Bildhauer Epler.
Für Dresden schuf Epler plastischen Schmuck an öffentlichen Gebäuden. Auch beeindruckende Begräbnismonumente gehören zu seinen Werken. In Blasewitz, einem südöstlich des Zentrums gelegenen Stadtteil Dresdens, beherbergt die denkmalgeschützte Heilig-Geist-Kirche eine Christusstatue des Bildhauers Epler. Besucher können die Statue auf der Westseite des Sakralbaus betrachten.
Vorbild steht in Venedig
1893 schuf der Künstler mit zwei 20 Meter hohen bronzenen Fahnenmasten außergewöhnliche Kunstwerke. Sie entstanden im Gedenken an den Besuch von Kaiser Wilhelm I. in Dresden und sind bis heute am Neustädter Markt platziert. Die Masten sind mit je einem Reliefbild Wilhelms I. sowie des sächsischen Königs Albert verziert. Die daran anschließende Balustrade und die Sitzbänke bestehen aus schwedischem Granit.
Als Vorbild für diese besonderen Fahnenmasten dienten zwei Masten mit reich verzierten Bronzesockeln, die zu Beginn des 16. Jahrhunderts von Alessandro Leopardi geschaffen worden sind und vor dem Markusdom in Venedig stehen, dort gestaltet mit Medaillon und Portrait des Dogen Leonardo Loredan.
Neben Eplers Masten befindet sich das wohl wichtigste Wahrzeichen der Dresdner Neustadt, der „Goldene Reiter“. Das Standbild zeigt als Reiter „August den Starken“, der als Selbstdarsteller bekannt ist und durch seine rege Bautätigkeit und ausgeprägte Sammelleidenschaft im Wesentlichen den Ruf Dresdens als prunkvolle barocke Metropole begründete.
Figuren auf der Bürgerwiese
Eine Bronzeplastik, die Epler „Zwei Mütter“ nannte, gehört zu den Figurengruppen der etwa zehn Hektar großen Bürgerwiese, einem alten Landschaftsgarten Dresdens. Sie stellt eine Menschen- und eine Tigermutter bei der Rettung ihrer Kinder aus den Wasserfluten dar und wurde vom Bildhauer in den Jahren zwischen 1899 und 1902 geschaffen.
Am 30. April 1905 starb Epler in Dresden. Sein Grab befindet sich auf dem Johannisfriedhof in Dresden-Tolkewitz.