
Jeder Bundesbürger trinkt im Durchschnitt über hundert Liter Bier pro Jahr. Deshalb traf es die Deutschen auch besonders hart, dass sie wegen Corona in diesem Jahr länger als gewohnt auf die Öffnung ihrer geliebten Biergärten warten mussten, von den damit verbundenen Randerscheinungen wie Mund- und Nasenschutz, Registrierung und Warteschlange vor dem Einzug ins Paradies ganz zu schweigen. Doch Vorsicht! Ist das Ziel der bierseligen Wünsche endlich erreicht, droht Gefahr durch ungeladene Gäste, die sich weder registrieren, noch eine Schutzmaske tragen wollen. Und damit sind nicht militante Maskengegner gemeint, sondern sehr kleine Lebewesen, die einem den Biergenuss nachhaltig vermiesen können. Denn auch Zecken mögen Biergärten. Eine bundesweite Erhebung hat schon vor einem Jahr in ganz Deutschland Biergärten auf Zecken untersucht. Das Ergebnis: Die kleinen Blutsauger kamen fast überall vor.
Die Parasiten finden sich in ländlichen, aber auch in städtischen Gebieten in ganz Deutschland. Sie bewegen sich natürlich nicht nur in Biergärten, vor allem findet man die Spinnentiere auf Grashalmen, in Büschen und im Unterholz, in Wäldern und auf Wiesen. Auch in Gärten und Stadtparks oder auf Sportplätzen sind sie unterwegs. Wer sich gerne im Grünen aufhält, begibt sich somit automatisch ins „Zeckenrevier“. Die Parasiten lassen sich übrigens nicht von Bäumen fallen, das ist eine Räuberpistole, die immer wieder hartnäckig verbreitet wird, sondern klettern nur bis zu einer Höhe von maximal 1,50 Metern, um sich dann von einem vorbeigehenden Opfer, den sie als Wirt missbrauchen, abstreifen zu lassen. Haben die Parasiten einen Wirt gefunden, suchen sie nach möglichst gut durchbluteten Stellen, um zuzustechen. Dazu gehören beispielsweise die Kniekehlen und der Schritt.

Zecken können gefährliche Krankheitserreger wie das FSME-(Frühsommer-Meningoenzephalitis-)Virus übertragen. Dagegen kann man sich durch Impfen schützen. Die sogenannte Grundimmunisierung gegen FSME besteht aus drei Impfungen in einem bestimmten zeitlichen Abstand zueinander. Die Herbst- und Winterzeit ist daher ideal, um den Impfschutz rechtzeitig für die kommende Zeckensaison aufzubauen.
Ab sieben Grad aktiv
Aber noch läuft ja die aktuelle Zeckensaison. Die Tierchen sind ab Temperaturen von sieben Grad Celsius aktiv und machen sich auf Nahrungssuche. Hat eine infektiöse Zecke zugestochen, wird das FSME-Virus sofort übertragen. FSME ist eine Erkrankung der Hirnhaut und des zentralen Nervensystems, die nicht mit Medikamenten heilbar ist. Sie kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen wie Lähmungserscheinungen haben und sogar lebensbedrohlich sein.
Da Zecken neben FSME-Viren zum Beispiel auch Borreliose-Bakterien übertragen können, ist es ratsam, sich gar nicht erst stechen zu lassen. Um Zeckenstichen vorzubeugen, sollte man daher festes Schuhwerk und möglichst lange Kleidung tragen, die Hosenbeine in die Socken stecken sowie den Körper nach jedem Aufenthalt im Grünen gründlich absuchen, rät Dr. Jürgen Reimann, Leiter des Gesundheitsamtes Haßberge. Zusätzlich könne Anti-Zeckenspray dabei helfen, die Spinnentiere für ein paar Stunden auf Abstand zu halten.
Starkes Zeckenjahr
Dass dies im Landkreis Haßberge durchaus notwendig ist, bestätigt Dr. Reimann im Gespräch mit dieser Redaktion. "Wir haben heuer viele Zecken, es wurden auch zahlreiche Stiche gemeldet", so der Mediziner. Vor allem wurden in diesem Jahr mehr Fälle von Borreliose beim Gesundheitsamt registriert als in den letzten Jahren. "Wir sind immer noch Risikogebiet", sagt Dr. Jürgen Reimann. Allerdings sei im Gegensatz zu der Bakterienerkrankung bislang in dieser Saison kein einziger Fall von FSME aktenkundig geworden.
Nicht immer, wenn eine infizierte Zecke einen Menschen sticht, überträgt sie dabei Borrelien. Selbst nach einer Übertragung erkrankt nur ein kleiner Teil der Infizierten tatsächlich an Borreliose, etwa gut ein Prozent. Es vergehen in der Regel Tage bis Wochen zwischen dem Zeckenstich und dem Auftreten erster Symptome einer Borreliose. Die Prognose für Patienten hänge wesentlich von einer schnellen Behandlung ab: Eine frühzeitig erkannte und behandelte Lyme-Borreliose, das ist die häufigste übertragene Krankheitsform, heile meist komplett aus. Unter Umständen könne die Erkrankung aber ernste Komplikationen, Folgeerkrankungen und Spätschäden nach sich ziehen.