Was haben ein Ring Fleischwurst, ein Ehering und ein Paar Lackschuhe mit einem Wintergarten gemeinsam? Eigentlich wenig, es sei denn sie sind Nachbarn im Portfolio eines außergewöhnlichen Fotografen. Wolfgang Rottmann aus dem Ebelsbacher Gemeindeteil Schönbach hat sich spezialisiert auf die Fotografie in den Bereichen Food, Konsumgüter, Bau und Industrie. Aber er lichtet die Produkte nicht einfach ab, er zelebriert jedes Bild, er spielt mit dem Licht, führt das Auge des Betrachters genau dorthin, wo er es haben will.
"Das ist mein Leben", sagt der Künstler, der weltweit seinesgleichen sucht. Der ein spezielles fotografische Premium-Konzept entwickelt hat. Warum sollen nur Marken wie Prada oder Ferrari ihre Produkte in Form von High-End-Präsentationen vorstellen können? Warum soll nicht auch der regionale Mittelstand die Chance dazu haben, sei es für die erwähnte Fleischwurst, den Schuh, den Wintergarten? Und genau hier sieht Rottmann seinen Wirkungskreis.
Manchmal tüftelt er stundenlang, bis jedes Detail an seinem Bild stimmt, das er gerade in seinem nicht allzu weit entfernt untergebrachten Schwarz-Studio oder dem weißen Pendant dazu in Arbeit hat. Alles muss passen. Jede Kleinigkeit. Und er überlässt nichts dem Zufall. Wenn er die Schubladen in seinem Reich öffnet, kommen zum Beispiel Hunderte von verschiedensten Brotzeitbrettchen zum Vorschein. "Man kann ja nicht immer dasselbe nehmen", erklärt er bescheiden. "Auf diesem", er deutet auf ein recht unscheinbar wirkendes, wurmstichiges Exemplar, "habe ich für Alexander Hermann (bekannter Fernsehkoch, mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet, die Red.) ein Stück Käse fotografiert."
Es versteht sich von selbst, dass Rottmann solche Bilder nicht mit dem Handy knipst. Wie Rembrandt ohne Pinsel und Farbe kaum seine "Nachtwache" hätte erschaffen können, braucht auch ein Meister der Fotografie sein Equipment. Die technischen Details seiner Ausrüstung aufzuzählen, würden den Rahmen dieser Beschreibung sprengen.
Doch so viel sei verraten, er fotografiert mit Mittelformat-Kameras des dänischen Herstellers Phase One - jede im Wert einer gut ausgestatteten Mittelklasse-Limousine - und nicht minder hochwertigen und -preisigen Objektiven von Schneider Kreuznach. "Ich habe früher mit Vollformat-Modellen von Canon fotografiert. Aber damit bin ich an Grenzen gestoßen", so Rottmann. Zudem sei die Frage einer Bildagentur nach der Ausrüstung des Fotografen immer auch so etwas wie eine Eintrittskarte in die Champions League der Produktfotografie. Und in der spielt der Schönbacher schon seit Jahren.
Abdrücken kann jeder
Angefangen hat alles aber ganz anders. Als junger Mann erlernte er den Beruf des Großhandelskaufmanns. "Ich habe Werbung gemacht für große Unternehmen", erzählt Rottmann. Aber irgendwann war er es leid. "Ich habe nie die Bilder gekriegt, die ich gerne gehabt hätte." Also selbst ist der Mann beziehungsweise Fotograf.
Aber ganz so leicht ist es eben nicht, solche Qualität, wie sie Rottmann vorschwebte, auch zu fabrizieren. Das dachte er aber - und "ich bin gewaltig auf die Schnauze gefallen", bekennt er reumütig. Es ist eben doch noch kein Meister vom Himmel gefallen. Einfach eine Kamera kaufen und abdrücken kann jeder- so entstehen dann aber ganz "normale" Bilder. Doch Rottmann wollte ja mehr.
Es ließ ihm keine Ruhe. Er musste einfach besser werden - nach Möglichkeit der Beste, impfte ihm sein Ehrgeiz ein. Bis dorthin war es aber noch ein weiter Weg. "Ich habe rund 400 Fachbücher über Fotografie gelesen, ja geradezu verschlungen", beschreibt Rottmann seinen Kurs als Autodidakt. "Ich habe mir Schritt für Schritt selbst beigebracht."
Hilfreich war für ihn, dass er sich schon in jungen Jahren aktiv der Malerei gewidmet hatte. Darin liegt seine Kreativität, der Hang zum Künstlerischen begründet. Und so wurde er nach und nach immer besser. Als er vor 25 Jahren dann seine Firma "Quadratmedia" gründete - zunächst im Nebenberuf -, "sind meine Fotos schon gut angekommen". Vor 14 Jahren machte er sich schließlich ganz selbstständig.
"Seitdem geht meine Erfolgskurve nach oben", so Rottmann nicht ohne Stolz. Seit sieben Jahren nimmt er keine neuen Kunden mehr an, da er komplett ausgelastet ist. "Außer", schmunzelt der Maestro, "jemand kommt mit einem Auftrag, der mich interessiert." Wenn er gefordert wird, wenn es darum geht, neue Wege zu gehen, zu tüfteln, zu probieren, um dann das Kunstwerk dem Kunden präsentieren zu können. Der oftmals gar nicht bemerkt, welche Qualität er da in seinen Händen hält oder auf seiner Homepage präsentiert. "Die sagen oft bloß: ,Das ist aber ein schönes Bild'", kann sich Rottmann mit der ganzen Souveränität des Könners darüber amüsieren.
Dabei begleitet er seine Kunden von Beginn an, wenn es gilt, ein neues Produkt ins Bild zu setzen. Er macht mit dem Kunden einen Plan für Online, Print, Kataloge, Social Media, Website. "Wie können wir die Vorteile des Produktes rausstellen?" Wie kann man ein Bild sprechen lassen? Die Schaumkrone auf einem Glas mit frischem Bier, die am Glas perlenden Tropfen, das alles mit der perfekten Beleuchtung und einer Auflösung von 100 Megapixeln vollendet. "Das Mittelformat ist eigentlich surreal", erklärt er. "Man braucht von allem mehr: mehr Licht, mehr Technik, mehr Zeit. Man hat keinen Autofokus, nur einen Fokuspunkt, geringe Schärfentiefe - aber das Ergebnis zählt."
Fotokurse in Firmen für Fotografen
Rottmann hat sich während seiner Entwicklung "immer weiter gesteigert. Ich bin immer besser geworden, habe immer nach dem Besten gesucht und versucht, das mindestens genauso gut hinzubekommen". Wer so spricht, weiß was er kann. Und dieses Können, dieses Wissen gibt Wolfgang Rottmann auch bereitwillig weiter. Deshalb gibt er auch gerne Fotokurse in Firmen für Fotografen. Das hat den Vorteil, dass die "Schüler" ihren Lehrer verstehen, denn das Metier ist nicht einfach. Deshalb schreibt Wolfgang Rottmann auch ein Buch über Produktfotografie, beginnend mit den Basics, um ein breiteres Publikum zu erreichen.
Er sei immer wieder gefragt worden, so Rottmann, warum er im Zeichen seines Aufschwungs nicht seine Firma personell aufstockt und expandiert. Aufträge wären doch wahrlich genügend zu erwarten. Darüber kann der Meister nur schmunzeln: "Dann würde ja jemand anders gerade die Arbeiten machen, die mir selbst so viel Spaß machen." Er wäre dann nur noch der Verwalter seines Pläsiers, das sei nicht seine Welt. Schließlich hat ja auch Rembrandt seinen Pinsel bei der Schaffung der "Nachtwache" nicht von einem Tagelöhner führen lassen.