Der Kreis der interessierten „Käsbröter“ am Vortrag von Dr. Monika Fritz-Scheuplein am Mittwoch im Wonfurter Rathaus war überschaubar. Im Rahmen der Arbeit am Sprachatlas, des Dialektinstitutes der Uni Würzburg, sei die Erforschung der Ortsnecknamen als Nebenprodukt entstanden, so Dr. Fritz-Scheuplein.
Zwischenzeitlich ist hierüber nicht nur ein Buch erstellt worden, sondern auch eine umfangreiche Datenbank wurde angelegt, erläuterte sie. Ortsnecknamen gibt es seit dem 14. Jahrhundert. In der Regel handelt es sich um mündliche Überlieferungen, schriftliche Zeugnisse sind eher zufällig, so die Referentin. Oft fänden sich dabei dieselben Ortsnecknamen in verschiedenen Regionen. So gibt es beispielsweise die „Mainbrunzer“ oder „Mainseicher“ in vielen am Main gelegenen Ortschaften. Allerdings spreche man sie meist unterschiedlich aus. Alle gesammelten Ortsnecknamen hätten aber eines gemeinsam: „Sie befassen sich zu 25 Prozent mit den menschlichen Ausscheidungen.“ Wahres mische sich mit Angedichtetem und Eigenheiten Einzelner wurden auf Gruppen übertragen. Auch heute noch im täglichen Gebrauch sind zum Beispiel im Landkreis Haßberge die Bezeichnungen für die Bamberger „Zwiebeltreter“ und für die Schweinfurter „Schnüdel“.
Dr. Fritz-Scheuplein stellte den Besuchern die gesammelten Ortsnecknamen in den Altlandkreisen Haßfurt, Gerolzhofen und Schweinfurt vor. Sie räumte aber ein, dass die Sammlung nicht vollständig ist, sondern für etliche Gemeinden und Gemeindeteile ihr bis dato keine Ortsnecknamen bekannt seien. Auch die jeweiligen Begründungen seien oft sehr lückenhaft.
Man weiß also nicht, warum die Forster den Spottnamen „Kirchenscheißer“ weghaben – und warum die Wonfurter „Käsbröter“ genannt werden. Die Erklärung für Letzteres gab es dann aber just an diesem Abend. Eine ältere Dame aus Wonfurt erinnerte sich, dass hier früher exzessive Milchwirtschaft betrieben wurde. Es wurde aus der Milch sogar ein Käse hergestellt, der bis weit über Bayern hinaus verkauft wurde. Beim Ernteumzug hätten die Wonfurter früher auch symbolisch immer ein Käsebrötchen gegessen.
Damit kann man nun die Online-Datenbank zu den Ortsnecknamen um eine Erklärung bereichern. Auch was den Beinamen „Klein Paris“ für Wonfurt betrifft, der früher wohl sehr geläufig war, erfolgte an diesem Abend eine Erläuterung. Einer der Besucher berichtete, dass seine Eltern ihn davor gewarnt hätten, sich mit einem Mädel aus Wonfurt einzulassen. Sie galten wohl als besonders freizügig und es habe auch tatsächlich früher überdurchschnittlich viele ledige Mütter in „Klein Paris“ gegeben. Auch war man hier ganz allgemein sehr offen. So gingen die Frauen am Sonntag nach der Kirche auch ohne männliche Begleitung in die Gastwirtschaft. Was andernorts völlig undenkbar war.
Und noch ein Neckname konnte an diesem Abend geklärt werden. So werden wohl die Unterthereser manchmal als „Knetscher“ bezeichnet. Dies komme daher, dass die Unterthereser bei Prozessionen oder Wallfahrten immer so langsam musiziert und gesungen hätten, wusste ein Besucher. Ob dies so stimmt, weiß natürlich niemand mit Sicherheit zu sagen. Im benachbarten Thüringen beispielsweise ist ein „Knetscher“ angeblich eine Plaudertasche. Demnach wäre bei den Prozessionen mehr gequatscht, denn gesungen worden.
Die Motive für die diversen Spottnamen sind sehr vielfältig und oft eben nicht bekannt. So könne man nur spekulieren, warum man zu den Haßfurtern angeblich auch „Milchsupper“ gesagt hat. Vielleicht war es in Haßfurt immer sehr neblig, so dass die Bewohner weniger Sonne abbekommen haben oder die Städter haben seltener in der Landwirtschaft gearbeitet, waren also der Sonne nicht so intensiv ausgesetzt – man weiß es nicht. Amüsant war es jedenfalls allemal zu erfahren welch teils kuriose Ortsnecknamen es gibt. Es wurde an diesem Abend auch noch geraume Zeit über die entsprechenden Begründungen gerätselt.