Wer eine Warze im Gesicht trägt und mit diesem Makel nicht leben möchte, der kann sich die Warze wegoperieren lassen. Selbst wenn jemandem seine Nase stört, kann er zum Schönheitschirurgen, damit dieser richtet, was zu richten ist. Wer mit seinem Namen unzufrieden ist, der kann sich von diesem nicht so leicht trennen. Die Änderung von Vor- und Familiennamen unterliegt gesetzlichen Bedingungen. Und diese sind gar nicht so leicht zu verstehen.
Josef Fuchs bekommt das immer wieder zu spüren. Nicht, dass er seinen Namen ändern möchte, oder im deutschen Namensrecht nicht durchblicken würde. Das Gegenteil ist der Fall: Fuchs ist am Landratsamt in Haßfurt der Ansprechpartner für die Unglücklichen, die gerne einen neuen Namen möchten. Für viele Anliegen hat er Verständnis. Doch er ist an Gesetze und Verwaltungsvorschriften gebunden und muss den Menschen, die zu ihm kommen, zunächst einmal erklären, dass ein Name – und dessen im Geburtsregister eingetragene Schreibweise – einen Menschen sein Leben lang begleitet.
Normalerweise. Denn auch der deutsche Verwaltungsapparat kennt Ausnahmen – vor allem dann, wenn er sich vor Probleme gestellt sieht. Bei deutschstämmigen Spätaussiedlern aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion ist dies beispielsweise der Fall, wie Fuchs schildert. Deutsche Register können deren in kyrillischen Buchstaben geschriebenen Namen in dieser Form nicht erfassen, für sie gilt das lateinische Alphabet. Also müssen die Namen gemäß einer normierten Schablone übertragen (transkribiert) werden.
Spätaussiedler dürfen „eindeutschen“
In diesem Zuge gesteht der Gesetzgeber Aussiedlern einmalig das Recht zu, den Namen zu ändern, man könnte – etwas schräg ausgedrückt – auch sagen „einzudeutschen“. Aus Wladimir kann so beispielsweise Waldemar werden, oder jeder andere gültige Vorname. Dies muss aber nicht sein.
Dieser spezielle Anspruch steht Spätaussiedlern zu, anderen aber nicht, erläutert Fuchs' Vorgesetzter Ullrich Nembach. Dies führt immer wieder zu Nachfragen und Unverständnis. Beispielsweise wenn jemand, der laut Personalausweis Rudolf heißt, der aber so lange er sich erinnern kann immer nur Rudi gerufen wurde, diese Kurzform amtlich machen möchte, von der Behörde erfährt, dass dies nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen (siehe Infobox) geht.
Der Hintergrund ist, dass im deutschen Rechtsbereich der Name eines Menschen in Kombination mit dessen Geburtsdatum als einziges sicheres Identifikationsmerkmal gilt. In anderen Ländern gibt es weitere eindeutige Kennzeichen, wie die Sozialversicherungsnummer in den USA, die ein Mensch sein Lebtag behält und die ihn zuverlässig identifiziert. In Deutschland ist der Versuch, eine einheitliche, unveränderliche Steuernummer einzuführen, vor einigen Jahren am Widerstand von Datenschützern gescheitert. Deshalb ist hierzulande die exakte Schreibweise von Namen so wichtig – spätestens seit der Einführung der elektronischen Datenverarbeitung, die jede noch kleine Abweichung in der Schreibweise als Fehler wertet.
Ein Beispiel: Wenn aus einer Catharina (im Geburtsregister) später beim Eintrag ins Heiratsregister – weil jemand nicht aufgepasst hat – eine Katharina wird, dann wird das später, wenn sie ihre Rente beantragt, wahrscheinlich zu Problemen führen, weil die Schreibweisen sich unterscheiden und die Frau damit als nicht sicher identifizierbar gilt. In solchen Fällen, in denen Menschen gutgläubig teils jahrzehntelang eine bestimmte, vom Geburtseintrag abweichende Namensform gebrauchen, kann ein Name offiziell geändert werden. Vor Gericht wird dies meist mit dem durch das Grundrecht verbriefte Recht eines Menschen auf seinen Namen begründet.
Wenn jemand seinen Namen ändern möchte, dann geht er in den meisten Fällen zum Standesamt seiner Gemeinde. Das Landratsamt wird dann eingeschaltet, wenn das Standesamt Namensänderungen ablehnt oder bei sogenannten behördlichen Namensänderungen, zum Beispiel bei Pflegekindern oder Scheidungshalbwaisen.
Das Recht auf Namensänderung besteht auch dann, wenn Familiennamen frivole oder lächerliche Bezüge zulassen, was allerdings eher selten vorkommt. Josef Fuchs erinnert sich an einen Fall, als eine Frau im Zuge ihrer Heirat den Familiennamen Fick abgelehnt hat.
Schutz für Verbrechensopfer
Auch Angehörigen eines Gewaltverbrechers steht es offen, gleichlautende Familiennamen zu ändern. Allerdings ist dies mit der Pflicht zum Wohnortwechsel verbunden, die Angehörigen des Verbrechers müssen also unter neuem Familiennamen umziehen. Andernfalls wäre das Ziel der Namensänderung, wieder ein unbehelligtes Leben führen zu können, ohne mit einem bestimmten verbrechen in Verbindung gebracht zu werden, auch nicht erreichbar.
Mit bis zu 20 Verfahren zur Namensänderung hat er pro Jahr zu tun, schätzt Fuchs. Hinzu kommen Beratungsgespräche, wenn etwa Eltern es versäumt haben, beim Eintrag ihres Neugeborenen ins Geburtsregister den Vornamen des Taufpaten als weiteren Vornamen ihres Kindes mit eintragen zu lassen. Der Eintrag des Namens des Kindes – maximal fünf Vornamen! – muss innerhalb von zwei Tagen nach der Geburt beim Standesamt erfolgen. Später sind Änderungen zwar noch möglich, erklärt Fuchs, aber umständlich. Im Fall des vergessenen Namens des Taufpaten bleibt beispielsweise der Weg, unter Berufung auf das Grundrecht der Religionsfreiheit den kompletten Taufnamen des Kindes im Geburtsregister nachtragen zu lassen. Dies gilt aber nicht für unbegrenzte Zeit, sondern sollte im ersten Lebenshalbjahr des Kindes erfolgen. Andersherum ist es deutlich schwieriger den Namen eines Taufpaten als Namensbestandteil löschen zu lassen, etwa wenn man sich mit diesem zerstritten hat.
Keine billige Angelegenheit
Die Änderung von Namen ist unweigerlich mit Kosten verbunden. Zum einen fallen Verwaltungsgebühren an, die das Landratsamt kassiert: 255 Euro für die Änderung eines Vornamens, 1022 Euro für einen neuen Familiennamen – noch muss man sagen, denn die seit dem Jahr 1938 geltenden Gebühren sollen nach Auskunft von Fuchs demnächst erhöht werden.
Und dann müssen normalerweise eine ganze Reihe von Dokumenten mit geändertem Namen neu ausgestellt werden: vom Reisepass angefangen, über den Führerschein, über Kreditkarten bis hin zu Darlehens- oder Mietvertrag. Hier entstehen Kosten und unter Umständen auch Ärger, die manche nicht im Blick haben, die ihren Namen ändern wollen.
Fuchs erinnert sich an zwei Fälle, in denen Bürger nachträglich ihre Namensänderung am liebsten wieder rückgängig gemacht hätten, weil die Scherereien für sie dann erst richtig losgegangen sind.
Ansichtssache
Ob ein Familienname nur gegen den guten Geschmack verstößt oder die Grenze des Anstands überschreitet, das ist oft reine Ansichtssache. Bei der deutschlandweiten Suche in Onlinetelefonbüchern (www.dasoertliche.de, www.dastelefonbuch.de) stößt man auf zahlreiche Beispiele. So finden sich dort 129 Einträge zum Familiennamen Dumm, was ebenso nüchtern betrachtet ebenso harmlos ist, wie die knapp 1100 Treffer für Hohl oder die 812 Treffer für Fick. Ob Karl von Arsch aus Mecklenburg-Vorpommern mit seinem Namen glücklich ist, müsste man ihn wohl selbst fragen, genauso wie Johann Dr. Muschi in München. Auch die 409 Einträge zu Schwanz könnten sich einen schöneren Namen wünschen. Zumindest Kenner der Geschichte des Nationalsozialismus' in Deutschland dürften den Wunsch verspüren, ihren Namen zu ändern, wenn sie sich unter den 361 Treffern wiederfinden würden, die die Suchmaschine zum Familiennamen Himmler ausspucken. Problemlos könnte wohl Herr Hitler aus Mecklenburg-Vorpommern seinen Namen ändern – wenn er das denn möchte.
Gesetze regeln Änderungen
Wer seinen Vor- und/oder Familiennamen ändern möchte, kann sich auf mehrere Gesetze berufen, muss diese aber auch beachten. Die Bestimmung des Ehenamens und des Namens eines Kindes ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Soll ein im Geburtseintrag genannter Name geändert werden, kann Bezug aufs Grundgesetz (Artikel 1 und 2) oder das Personenstandgesetz (PStG) genommen werden.
Bei Ausländern können das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) bei speziellen Fragen zu geänderten Vor- und Familiennamen oder zur fremdländischen Namensbestandteilen zum Tragen kommen, oder die Artikel 47 und 48 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Das Transsexuellengesetz (TSG) regelt die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen.
Die genannten Gesetze sind vorrangig gegenüber dem Namensänderungsgesetz (NamÄndG), das – kaum zu glauben – im Jahr 1938 erlassen wurde und bis heute bei Änderungen des Vor- und Familiennamens gilt.
Seltsam, in §22 PStG (Personenstandsgesetz) werden den Eltern/Mutter bis zu einem Monat Zeit gelassen für ihr Kind den/die Vornamen festzulegen. Und nach §22(2) kann man die Vornamen jedem beliebigen Standesamt mitteilen.
Wäre auch lustig, wie die 2-Tagesfrist eingehalten werden soll, wenn das Kind um 19 Uhr an einem Donnerstag vor Karfreitag zur Welt kommt (Standesamt ist wegen den Feiertagen erst wieder am darauffolgenden Dienstag besetzt). Von einem Standesbeamten-Notdienst in jeder(!) Gemeinde habe ich noch nichts gehört.