Mitunter lässt sich Demokratie auch in Zahlen fassen: 100 Tonnen schwer und rund 3200 Kilometer lang. Die Stimmzettel des Wahlsonntags am 14. Oktober haben nicht nur ein beträchtliches Gewicht. Die Bögen von Landtags- und Bezirkswahl in Unterfranken aneinandergelegt würden gar bis Grönland reichen. „Oder bis in Staaten, in denen die Menschen froh wären, an demokratischen Wahlen teilnehmen zu können“, sagt Hubert Gerhart nachdenklich. Auch wenn im Besprechungsraum zwei Türen Geschäftsführer Gerhart und seine Mitarbeiter Stefan Michalicka und Alexander Schäflein von der großen Produktionshalle trennen, ist das monotone Rauschen nicht zu überhören. Auf Hochtouren läuft bei der Firma „Haßfurter Medienpartner“ der Druck der Stimmzettel für die Landtags- und Bezirkswahl.
Eine Herausforderung schon, aber längst kein Neuland ist der Druckauftrag der Regierung von Unterfranken für das Haßfurter Unternehmen, berichten Gerhart und seine Mitarbeiter im Gespräch mit der Redaktion. Denn Stimmzettel für Wahlen produziert die Firma nicht zum ersten Mal.
„Eine Herausforderung“ ist es dennoch wieder. Dafür sorgen gleich mehrere Tatsachen: „Es muss eine große Menge in knapper Zeit produziert werden.“ Und die eigentlichen Aufträge des Unternehmens müssen ja auch erledigt werden, so Gerhart. Die große Menge heißt in Zahlen: Rund 4,3 Millionen Stimmzettel werden es am Ende für die zehn Stimmkreise sein. 40 verschiedene Stimmzettel sind zu drucken, unterschiedliche Formate jeweils für den Stimmkreis (Erststimme) und den Wahlkreis (Zweitstimme), die Landtagswahl auf weißem Papier, der Bezirk auf blauem Papier.
Und das Papier braucht Platz. Bedruckt und unbedruckt. Und die verschiedenen Sorten. „Enorme Flächen“ galt es für den Druckauftrag vorzuhalten, berichtet Produktionsleiter Alexander Schäflein. Wie groß der Umfang ist, das zeigt sich, wenn erst einmal alle Stimmzettel gedruckt sind: 400 Paletten stehen dann gefüllt für die Verteilung an die Städte und Landratsämter in Unterfranken bereit. Bis dahin müssen sie in der Druckerei sicher verwahrt sein. Selbst Makulatur wird sicher aufbewahrt bis nach der Wahl. Wobei die logistische Herausforderung noch nicht abgeschlossen ist, denn meist sind die Ämter in den Innenstädten, es kann dann nicht unbedingt mit einem großen Lastwagen angeliefert werden, sagt Schäflein. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, dass rechtzeitig geliefert sein muss. Soll heißen: Bis 5. September müssen die Stimmzettel vom Hof in Haßfurt und bei den Behörden sein.
Denn dort warten dann bereits auch schon die weiteren „Abnehmer“, wie etwa die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Hofheim. Stimmzettel für 9641 Wähler benötigt die VG Hofheim, berichtet Oliver Hesse von der VG, für den dies die zweite Landtagswahl ist, die er betreut. Warum der genaue zeitliche Rahmen wichtig ist, macht Hesse deutlich: Ab etwa 10. September gehen die Wahlbenachrichtigungskarten in die Post, dann können auch die Briefwahlunterlagen beantragt werden. Hesse hofft, dass dabei möglichst viele Wähler ihre Briefwahlunterlagen online beantragen. Das erleichtert und beschleunigt das Verfahren. Allein schon deshalb, weil nach Einschätzung von Hesse der Anteil der Briefwähler wohl bei 30 bis 40 Prozent liegen dürfte. Über das Portal der VG Hofheim ist die Beantragung der Briefwahlunterlagen möglich, sobald die Wähler ihre Wahlbenachrichtigung bekommen haben.
Wenn dann die ersten Stimmzettel auf dem Weg zu den Wählern sind, damit die ihre Kreuzchen machen können, dürfte in der Haßfurter Druckerei ein Auftrag endgültig abgeschlossen sein, der seinen Anfang nahm, lange bevor in der Produktionshalle die Druckmaschinen angeworfen wurden.
Seit Juni beschäftigt das Unternehmen diese Wahl, berichtet Kunden-Betreuer Stefan Michalicka. Begonnen hatte es mit der Ausschreibung. Als der Zuschlag kam, galt es, Papier zu bestellen. Es wird auf Recycling-Papier gedruckt. Wichtig zudem: die Personalplanung. Denn immerhin fiel der Drucktermin in die Ferien. Um den Auftrag fristgerecht durchzuführen, war es nötig, im Schichtbetrieb zu arbeiten. Mit Aushilfen beschäftigt das Unternehmen laut Hubert Gerhart 45 Mitarbeiter. Als „Grundvoraussetzung“ während dieser Zeit bezeichnet er es, dass alles gut vorbereitet ist.
Dann, am Freitag, 17. August, kam der Tag, „von dem an die Zeit rückwärts läuft“, so Schäflein. Soll heißen: Die Regierung hatte die Druckfreigabe für die Stimmzettel erteilt. Denn was auf den Stimmzetteln steht, da ist die Druckerei außen vor. Vom Tag der Druckfreigabe an hat die Druckerei dann zwei Wochen Zeit, die Namen der Parteien und Bewerber zu Papier zu bringen. 40 verschiedene Stimmzettel gibt es im Regierungsbezirk.
Dass diese alle richtig sind, die Namen korrekt, das wurde vor der Druckfreigabe mehrmals geprüft, berichtet Nicolas Rupp von der Pressestelle der Regierung von Unterfranken auf Anfrage der Redaktion. Sowohl die Wahlvorschläge als auch Rohdrucke der Muster-Stimmzettel wurden „mehrmals kontrolliert“, so Rupp. Erst dann erfolgte die Druckfreigabe. Aus diesem Grund sei es „sehr unwahrscheinlich“, dass es auf den Stimmzetteln noch Fehler gibt. Was aber, wenn doch? Dann komme es immer auch darauf an, wie schwerwiegend ein Fehler sei.
Was aber, wenn doch ein schwerwiegender Fehler gefunden würde, müsste dann noch einmal gedruckt werden? Rupp nennt dies eine „hypothetische Frage“, denn die Erfahrung sei eine andere, in den vergangenen Landtagswahlen sei dies nicht vorgekommen. Schnell mal neu drucken, würde für die Haßfurter Firma auf jeden Fall bedeuten, dass wieder Papier geordert werden müsste, und das blaue Papier für die Bezirkswahl zumindest in einer ähnlichen Farbe. Doch mit einer „Neuauflage“ rechnen auch Gerhart, Michalicka und Schäflein nicht.
Und doch werden alle drei noch einmal „ihre“ Stimmzettel „bearbeiten“, mit Kreuzchen. Denn obwohl die Wahl in den vergangenen Wochen wohl einigermaßen Nerven gekostet hat sind sie längst nicht wahlmüde. Alle drei gehen zur Wahl. Produktionsleiter Schäflein wird die Wahl zudem noch länger beschäftigen, er ist in seinem Heimatort Untertheres Wahlhelfer.