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HASSFURT
Vor Gericht: Lastwagenfahrer bangt um berufliche Existenz
Manfred Wagner
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:52 Uhr

Hat ein selbstständiger Lastwagenfahrer (57) absichtlich die Fahrerkarte seines bei ihm beschäftigten Sohnes benutzt, um Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten vertuschen? Oder ist ihm dieser Fauxpas – wie er behauptet – versehentlich passiert?

Letztlich musste das Haßfurter Amtsgericht diese Frage nicht entscheiden, weil sich alle Prozessbeteiligten auf die vorläufige Einstellung des Verfahrens unter Zahlung einer Geldauflage einigten: Wenn der Selbstständige binnen eines Monats 1200 Euro an die Kreisverkehrswacht Haßberge zahlt, gilt die Sache aus juristischer Sicht als erledigt.

Ilker Özalp verlas seitens der Staatsanwaltschaft die Anklageschrift. Das Unternehmen des Beschuldigten ist im hessischen Main-Kinzig-Kreis ansässig. Vor fast einem Jahr, am 20. Juni 2017, war der Mann mit seinem Sattelzug auf der Autobahn A 70 bei Knetzgau unterwegs. Dort wurde er bei einer Polizeikontrolle dabei erwischt, dass er eine fremde Fahrerkarte benutzte, wodurch wahrheitswidrige Daten auf das digitale Kontrollgerät gespeichert wurden.

Gesetzlich ist es so, dass jeder Kraftfahrer, der gewerblich ein Fahrzeug mit digitalem Kontrollgerät lenkt, eine persönliche Fahrerkarte benutzen muss, die einen Speicherchip mit seinen Identitätsdaten enthält. Der Fahrer ist verpflichtet, diese Fahrerkarte während der Fahrt mit sich zu führen und er muss die Schaltvorrichtung des Kontrollgeräts so betätigen, dass Lenkzeiten, Arbeitsunterbrechungen und Ruhezeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden.

In seiner Einlassung gab der Mann zu, die Lastwagen-Fahrerkarte seines Sohnes benutzt zu haben. Er bestritt allerdings, aus einer Täuschungsabsicht heraus gehandelt zu haben. Vielmehr hätten sich im Handschuhfach des Lasters beide Karten befunden und er habe aus Versehen die falsche erwischt. Wenige Wochen nach dem Vorfall hatte er einen Strafbefehl des Staatsanwalts erhalten, wonach er 30 Tagessätze a 40 Euro, also 1200 Euro Geldstrafe bezahlen sollte. Dagegen hatte er Einspruch eingelegt.

Rechtsanwalt Rudolf Karras erläuterte das Ziel des Einspruchs. Seinem Mandanten gehe es nicht ums Geld, sagte er. Da er ein fahrlässiges Fehlverhalten zugebe, sei er auch bereit, eine Geldbuße dafür zu zahlen. Falls er aber den Strafbefehl akzeptiert hätte, wäre dies einer Verurteilung gleichgekommen.

In diesem Fall würde das bereits mit vier Punkten belastete Konto des Beklagten bei der Flensburger Verkehrssünderdatei um weitere zwei Punkte aufgestockt. Damit wäre das Verkehrssünderkonto gefährlich nahe an der Schwelle von acht Punkten, wo bekanntlich Schicht im Schacht ist und der Führerschein einkassiert wird.

Damit ein Verfahren eingestellt werden kann, muss auch der Staatsanwalt mitspielen. Ilker Özalp führte dezidiert aus, weshalb er mit der vorläufigen Einstellung einverstanden ist: Erstens habe der Angeklagte laut Bundeszentralregister eine weiße Weste, zweitens sei er bereit, die im Strafbefehl ausgewiesene Geldstrafe als Geldauflage zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu leisten und drittens möchte der Vertreter der Staatswaltschaft vermeiden, dass der Mann seinen Führerschein und damit seine Existenzgrundlage verlieren könnte.

 
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