Wie es der Zufall so will, kommen zwei sich bisher Unbekannte ins Gespräch – und landen darin bei Thomas Dehler. Bei dem liberalen Politiker, der am 25. Mai 1946 den Bamberger Ortsverband der Freien Demokratischen Partei (FDP) gründete – zusammen mit 24 honorigen Bürgern der Stadt. Die amerikanische Militärverwaltung hatte ihren Antrag auf Parteigründung genehmigt. Gleich drei Parteimitglieder konnte die FDP dann nach Wahlen in den Stadtrat entsenden.
Die beiden Senioren, die sich austauschen, sind Rechtsanwalt Wolfgang Jans (80) und Irmgard Heider. Die 82-Jährige hat Jans wegen ihrer Erbschaftsregelung aufgesucht und gerät ins Plaudern. Irmgard Heider ist wie elektrisiert. Denn: "Thomas Dehler war mein väterlicher Freund in beratender Hinsicht, ich war seine Ziehtochter", sagt die agile Dame im Gespräch mit dieser Redaktion.
Ja, es gab sogar eine gewisse verwandtschaftliche Beziehung: "Mein Cousin Rudolf, mit dem ich in der Alten Hofhaltung aufgewachsen bin, heiratete die Tochter Elisabeth, und so war Thomas Dehler sein Schwiegervater." Ein "liebenswerter Mensch und echter Franke!", charakterisiert Irmgard Heider den so prominent gewordenen Dehler, in dessen Haus am Michelsberg sie "auch als pubertierendes Mädchen" stets höchst willkommen gewesen sei. "Er hat mich verstanden!", freut sich Irmgard Heider immer noch, zumal ihr leiblicher Vater sehr streng gewesen sei.
Dehlers Tochter Elisabeth, zwölf Jahre älter als Irmgard und Einzelkind wie diese, "war wie eine Schwester für mich". Manchmal habe die Ältere gestöhnt: "Mein Vater hat dich, Irmgard, viel lieber als mich!" Doch das sei durchaus wohlwollend gemeint gewesen, weiß die Seniorin noch wie heute.
Im ersten Adenauer-Kabinett
Gut erinnert sich Irmgard Heider daran, mit welchem Staunen sie die Karriere Thomas Dehlers verfolgte. Aus dem Rechtsanwalt wurde der Präsident des Oberlandesgerichts Bamberg, dann im ersten Kabinett Konrad Adenauers Bundesjustizminister und danach Bundesvorsitzender der FDP sowie zeitweise Vorsitzender der Bundestagsfraktion. Schon im November 1945 erreichte die FDP durch Thomas Dehler ihre Zulassung in Ober- und Mittelfranken.
"Ich habe Thomas Dehler als Menschen gemocht, an seiner politischen Partei hatte ich kein Interesse", erzählt Irmgard Heider weiter. Sein plötzlicher Tod durch einen Herzinfarkt am 21. Juli 1967 habe sie sehr getroffen, merkt sie leise an.
Politisch an der FDP interessiert, ist dagegen Wolfgang Jans. "Meine Mutter hat die Dehlers häufig besucht und oft gesagt, dass es vor lauter Antiquitäten in dem Haus aussah wie im Germanischen Nationalmuseum!" lacht der Anwalt auf. Dehlers Ehefrau Irma habe dieses Faible für alte Stücke besessen.
"War für mich ein großes Vorbild"
Ähnlich wie Irmgard Heider verlor Wolfgang Jans den Menschen und Politiker Thomas Dehler nicht aus den Augen. "Er war für mich ein großes Vorbild", betont Jans, der das nur noch rar vorhandene Quellenmaterial über Dehler sammelt.
Einige Jahre war Wolfgang Jans als Schatzmeister Vorstandsmitglied im FDP-Ortsverband. Inzwischen ist er aus der Partei ausgetreten, "aus Altersgründen". Aber auch, weil "streitbare, liberale Urgesteine wie Hans-Dietrich Genscher, Walter Scheel oder Hildegard Hamm-Brücher keine Nachfolger gefunden haben".
Festakt zur 75-Jahr-Feier
Nach Auskunft von FDP-Ortsvorsitzenden und Stadtrat Martin Pöhner wird es in diesem Jahr "natürlich auch noch eine Feier zum 75-jährigen Bestehen geben", wenn die Corona-Situation diese zulasse. Das sei derzeit noch offen.