Soeben fährt ein Krankenwagen vom Hof der Rettungswache am Paradiesweg. Blaulicht, Martinshorn, hohe Geschwindigkeit: ein Szenario, mit dem die meisten das Rote Kreuz verbinden. Rettungssanitäter Kai Fronhöfer schaut dem dahin rasenden Fahrzeug hinterher. Seine Kollegen, die mit ihm an diesem Samstag eine Acht-Stunden-Schicht absolvieren, sind im Noteinsatz. „Mir geht es gut beim Roten Kreuz“, versichert Kai Fronhöfer, einer von rund 180 000 hauptamtlich Beschäftigten dieses Spitzenverbandes der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland.
Am Montag jährt sich die Gründung des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zum 100. Mal. Die Gründungsväter und -mütter hatten sich am 25. Januar 1921 im Rokkokosaal des Alten Rathauses in Bamberg versammelt: „Wo hätten wir hierfür eine bessere Stätte gefunden als in der Stadt Heinrichs und Kunigundes, dem alten Bamberg, wo wir den Spuren der großen deutschen Vergangenheit auf Schritt und Tritt begegnen. Hier hoffen wir zu unserem Teile einen Baustein zum Wiederaufbau Deutschlands beizutragen. Möge der Frohsinn dieses schönen Raumes eine günstige Vorbedingung für den Ausgang unserer Beratung sein! Möge sich hier unsere feste Zuversicht erfüllen, dass wir hier das Deutsche Rote Kreuz zum Abschluss bringen.“ Mit diesen Worten, die aus dem „Stenographischen Sitzungsbericht“ hervorgehen, eröffnete Joachim von Winterfeldt-Menkin die Tagung, in der er zum ersten Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes gewählt wurde.
1863 wurde in Württemberg der erste Sanitätsverein gegründet worden
Ihre Teilnehmer waren die Vertreter der einzelnen Landesvereine und die Vertreterinnen der Landesfrauenvereine. Denn schon längst hatte sich die nimmermüde Arbeit des Roten Kreuzes für Mitmenschen in deutschen Landen etabliert: So war bereits am 12. November 1863 ein Sanitätsverein in Württemberg als erste Nationale Rotkreuzgesellschaft gegründet worden, nur einige Monate nach der Gründung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am 17. Februar 1863 in Genf.
Dieses war aus dem Entsetzen über die blutige Schlacht von Solferino (24. Juni 1859) durch die Tatkraft des Genfer Kaufmanns Henry Dunant ins Leben gerufen worden. 40 000 Soldaten der Kaiser Napoleon III. von Frankreich und Franz-Joseph I. von Österreich fanden an jenem Tag auf dem Schlachtfeld den Tod. Unzählige blieben verletzt zurück. Dunant machte sich mit den Einheimischen daran, die Verletzten zu versorgen.
Sein folgender Appell an einflussreiche Persönlichkeiten in ganz Europa für eine bessere Versorgung und den neutralen Schutz von Verwundeten in bewaffneten Konflikten traf auf breite Zustimmung. Die „Genfer Konvention“ folgte. Diese legt fest, dass Hospitäler, Ambulanzen, Sanitätsdienste und Ärzte als neutrale Instanz agieren sollen, und dass die Soldaten des Feindes die gleiche ärztliche Versorgung verdienen wie die eigenen Truppen.
Rotes Kreuz und Roter Halbmond in 192 Länder der Erde vertreten
Eine Idee, die Geschichte macht: Das Emblem des Roten Kreuzes wird erstmals 1864 im Deutsch-Dänischen Krieg als Armbinde eingesetzt. Als Kennzeichen für Ambulanzen, zivile und militärische Rettungsdienste hat es heute einen hohen Bekanntheitsgrad. Und obendrein ist die internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung mit nationalen Gesellschaften in 192 Ländern die größte humanitäre Organisation der Welt. Sie alle einen die sieben Grundsätze der Bewegung: Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Universalität.
Das Deutsche Rote Kreuz mit seinen fast drei Millionen Fördermitgliedern und mehr als 443 000 ehrenamtlichen Helfern in den Bereitschaften, der Wohlfahrts- und Sozialarbeit, dem Jugendrotkreuz, der Bergwacht und der Wasserwacht ist eine der größten nicht staatlichen Organisationen der Bundesrepublik. „Sehr erfreulich ist, dass die Zahl der Ehrenamtlichen in den vergangenen 15 Jahren sogar gestiegen ist, auch die Zahl der Hauptamtlichen hat sich erhöht“, sagt DRK-Präsidentin Gerda Hasselfeldt. Das Ehrenamt werde auch in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen, wenn es darum gehe, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland zu stärken, so Hasselfeldt.
Festakt in Bamberg geplant, wenn Corona das zulässt
Die Präsidentin wird sich am Weltrotkreuztag am 8. Mai 2021 in das Goldene Buch der Stadt Bamberg eintragen, „vorausgesetzt Corona lässt die Jubiläumsfeier zum 100. Gründungstag des Dachverbandes zu“, wie Klaus Otto vorausblickt. Bei dem Bamberger Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes laufen die organisatorischen Fäden der Geburtstagsfeier zusammen. Dazu soll auch ein Festakt im Spiegelsaal der Harmonie gehören.
Apropos Rotes Kreuz in Bamberg: Seine Geschichte beginnt am 30. November 1880, als der Kreisausschuss vom Roten Kreuz in Oberfranken mit Sitz in Bamberg die Gründung einer Sanitätskolonne in der Stadt verfügt.
Auch der 80. Gründungstag des Deutschen Roten Kreuzes am 25. Januar 2001 wurde mit einer Gedenkstunde im Alten Rathaus begangen. Der damalige Präsident, Knut Ipsen, ging auf den Grund ein, warum Bamberg 1921 zum Gründungsort gewählt worden ist. Mit der Ortswahl habe man nach Ipsens Worten ein Beispiel dafür setzen wollen, dass nicht jede Entwicklung in Deutschland von einer Zentrale wie Preußen ausgehen müsse, sondern auch von süddeutschen Staaten kommen könne.