Seit zehn Jahren hat der Landkreis Haßberge eine Verbindung zu dem polnischen Kreis Klobuck in Schlesien. Der Kontakt kam nach dem Beitritt des Nachbarlandes zur Europäischen Union zustande. War am Anfang der Gedanke im Vordergrund die polnischen Partner beim Aufbau der Kommunalverwaltung zu unterstützen, ist nun nach und nach der gegenseitige Austausch gewachsen. Wichtige Felder sind dabei der Arbeits- und Ausbildungsmarkt, die Wertschöpfung im ländlichen Raum und der Sozialbereich.
Auf Einladung der Kreisführung weilten kürzlich Landrat Wilhelm Schneider, der Direktor des Arbeitsamtes Schweinfurt, Thomas Stelzer, und der Geschäftsleiter des Landratsamtes Haßberge, Horst Hofmann, in Klobuck. Wenn man auch nur wenige Tage Zeit fand, so wurden doch einige Vorhaben besprochen.
Einmal mehr war die Situation von Schülern, Auszubildenden und Berufsanfängern Thema. In Polen hat die Wirtschaft angezogen, die Infrastruktur hat sich deutlich verbessert. Polnische Gehälter sind jedoch nach wie vor nicht annähernd mit denen in Deutschland zu vergleichen. Die Arbeitslosigkeit ist aber stark rückläufig; in Klobuck beträgt sie derzeit unter neun Prozent. Es wird auch in Polen schwieriger, Stellen und die Wünsche der Auszubildenden zusammenzubringen. Relativ viele junge Leute suchen weiterhin ihr Glück in Großbritannien. Thomas Stelzer war eher überrascht zu hören, dass sich der Brexit auf die Zuwanderung der Polen nicht ausgewirkt hat. „Die Polen sind in England wirklich tüchtig und erfolgreich darin. Viele lassen sich als Fachkräfte nieder. Ein beachtlicher Teil davon ist außerdem selbstständig“, stellte er anerkennend fest. Nach wie vor sei aber das deutsche duale System ein Vorbild in Polen. Daher wird man von der Arbeitsverwaltung her weiter im Gespräch bleiben.
Wesentlich besser stellt sich zwischenzeitlich das touristische Angebot in Schlesien dar. Rund um den Kreis Klobuck führt der Lauf der kleinen Warthe (Liswarta), die man auf vierzig Kilometer mit dem Kanu befahren kann. An dem idyllischen Fluss sind neue Ferienhausanlagen und Ausflugsgaststätten auf gutem Niveau entstanden. Krzysztof Nowak, einer der Vorsitzenden im Kreistag Klobuck und erklärter Freund der Haßberge, konnte aus eigener Erfahrung von der jahrelangen Aufwertung der schönen Wasserstrecke berichten. Jetzt im Sommer waren die Zimmer und Wohnungen nahezu ausgebucht. Einen hohen Teil der Besucher machen in den Ferien Hochzeitsgesellschaften aus, denn in Polen wird traditionell in großer Gesellschaft und zwei Tage lang gefeiert.
Südlich von Klobuck wird eine Kette von früheren Grenzfestigungen touristisch vermarktet. Die Burg von Bobolice wurde sogar auf ihren alten Restmauern völlig wiederhergestellt und ist nun Mittelpunkt einer Ferienanlage mit Hotel, Wander- und Radwegen. Die deutschen Besucher konnten nur resigniert feststellen, dass eine solche Komplettsanierung in Deutschland unmöglich wäre. Festzustellen ist, dass Polen weiterhin ein günstiges Reiseziel bleibt. Auf dem Land liegen die Preise etwa halb so hoch wie bei uns.
Eine Reihe aktueller Themen, die über die kommunale Ebene hinausgehen, wurden bei jeder Gelegenheit besprochen. Sehr interessiert zeigten sich die polnischen Kollegen an der Bewältigung des Flüchtlingsstromes in Deutschland. Polen hat in den letzten Jahren etwa 800 000 Ukrainer aufgenommen, eine Migration, die hier kaum bekannt ist. Allerdings gibt es in Polen nur sehr geringe soziale Unterstützung. Die Einwanderer müssen ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Die ähnliche Sprache und der gemeinsame kulturelle Hintergrund erleichtern naturgemäß die Integration der Menschen aus Osteuropa.
Ein Höhepunkt des Besuches war die Kranzniederlegung am Denkmal der gefallenen Soldaten in Mokra. In der Nähe des Ortes fand am 1. September 1939 das erste Landgefecht des Zweiten Weltkrieges statt. Daran waren Einheiten aus Bamberg beteiligt. Beim Rückzug der Wehrmacht gab es erneut Kämpfe. Die Gefallenen wurden vor einigen Jahren geborgen und in Ehren beigesetzt. Landrat Wilhelm Schneider zeigte sich beeindruckt von der Geschichte und von dem aufrichtigen Bemühen der Polen, die Erinnerung wach zu halten. Er betonte: „Die Aussöhnung mit dem polnischen Volk und der direkte Kontakt möglichst vieler Menschen muss unser Ziel sein. Ich sehe eine ständige Aufgabe darin, ein so gutes Verhältnis wie zu unseren französischen Freunden zu schaffen und zu erhalten.“ Stellvertretender Landrat Maciej Biernacki und Verwaltungsleiterin Sylwia Tronina versicherten, dass man in Klobuck unabhängig von jeder landespolitischen Veränderung an der kommunalen Verbindung zu den Haßbergen festhalten werde.
Der Sonntag führte die Delegation dann mit den Radpilgern zusammen, die aus der Gemeinde Knetzgau und vor allem aus Westheim zum Wallfahrtsort Tschenstochau aufgebrochen waren. Unter Leitung von Dr. Konrad Pfister erreichte die Gruppe nach einer Woche den heiligen Berg. Sie erwiesen dem Kloster Jasna Gora und dem Gnadenbild ihre Referenz. Gemeinsam fuhr man die kurze Strecke nach Klobuck, wo die Pilger spontan in der Kirche mit Vikar Tomasz Haluszczak eine Andacht abhielten. Im Anschluss richteten die polnischen Gastgeber einen Grillabend aus, zu dem Land-rat Schneider zur Freude der durstigen Pilgerfahrer Bier aus der fränkischen Heimat zusteuerte. Spät am Abend zogen sich die Radler in ihre Unterkunft in der nahegelegenen Turnhalle zurück.
Beim Abschied am kommenden Morgen stellten die deutschen Besucher in Aussicht, dass man die Kooperation mit Klobuck ausbauen werde. Landrat Henryk Kiepura äußerte sein großes Interesse, nach zehn Jahren weiter den Weg zu einer engen Partnerschaft zu beschreiten. Horst Hofmann, der die Beziehung von Anfang an kennt, hielt fest: „Ich bin immer noch überwältigt von der herzlichen Gastfreundschaft unserer polnischen Freunde. Ich bin mir sicher, dass jeder, der aus den Haßbergen nach Klobuck kommt, das genauso erleben wird.“