Drei Tage lang hat eine illustre Gruppe von Wissenschaftlern und Leihen einen Brunnen ausgeräumt, der im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten im Pfarrgarten entdeckt worden war.
Im Gegensatz zur Not- oder Eilgrabung, die verhindert, dass historische Zeugnisse undokumentiert durch Bauarbeiten vernichtet werden, handelt es sich in Burgpreppach um eine sogenannte Lustgrabung. Darunter versteht die Fachwelt eine Grabung, die aus rein wissenschaftlichem Interesse durchgeführt wird. Genau diesem Anspruch entsprach die gespannte, erwartungsfrohe Stimmung unter den zahlreichen Helfern, die sich für drei Tage der Ausräumung des Brunnens verschrieben hatten und sich zum ersten Tag am Pfarrzentrum versammelten.
Bei der Begrüßung freut sich der maßgebliche Initiator und Koordinator, Pfarrer Peter Bauer, sichtlich über die beginnende Ausräumung, die zunächst im Rahmen einer dreitägigen Aktion den den Abraum des „neuzeitlichen“ Schutts vorsieht. Er weist außerdem auf die Leihgaben von Arbeitsgeräten hin, die die Gesamtkosten für die Kampagne deutlich senken. Bauers Dank gilt dem THW Haßfurt, der Kläranlage in Hofheim um dem Bauhof der Gemeinde Burgpreppach.
Im Hintergrund legen Grabungstechnikerin Martina Lörler und Grabungsleiter Bernhard Häck vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege Seile, Karabiner, Helm und Späten zurecht, während die Herren Ernst Hümmer (Junkersdorf) und Oswald Tränkenschuh (Königsberg) bereits mit der Montage des Dreifußes am Brunnen begonnen haben. Über einen Flaschenzug mit Seilwinde sollen hernach Mann, Gerät und Abraum im engen Brunnenschacht nach oben und unten befördert werden.
Akademiker, Bauarbeiter, Schlossherren, Kirchendiener, Hobbyhistoriker und begeisterte Laien, Archäologen, Männer, Frauen, jüngeren und reiferen Semesters bilden das 16-köpfige Team, das an drei Tagen in unterschiedlichster Konstellation höchst effizient und harmonisch zusammenwirken wird. Relativ schnell sind Vorgehensweise und Abläufe klar, und jeder Helfer findet Arbeit und seinen Platz.
Obwohl sehr erfahren und routiniert, weist Häck, zuständig für etwa 30 000 registrierte Hohlräume (Keller, Schächte, Stollen, Gruben) In Bayern, vor dem Abseilen in den dunklen Schacht ausdrücklich auf die Gefahren hin: Verwesungsgase oder unvorhersehbare Hohlräume, die immer wieder auftreten können und den steten Blick eines Wachsamen am Brunnenrand auf den Mann auf dem Grund dringend erfordern. Jetzt herrscht also gespannte Aufmerksamkeit bei allen Beteiligten, als der Experte, an den Seilen zehn Meter tiefer auf den Grund gelangt.
Erwartet hätte man eigentlich, zunächst die Fragmente jener Steinplatte zu sehen, die im vergangenen Jahr bei Bauarbeiten durch den Bagger zerbrochen und in den darunter befindlichen Brunnenschacht gestürzt ist.
Nun aber sieht sich das Team um Lörler und Häck der ersten Herausforderung gegenüber, als sich am Brunnengrund zuoberst schwer überwindliche Zementreste zeigen. Ein seltsam anachronistischer Anblick, wenn sich in hoch technisierten, voll automatisierten und computergesteuerten Zeiten besonnen wird auf die altbewährten Praktiken des historischen Baubetriebes. Wenn, vor der Kulisse des hochmodernen Neubaus, eine Handvoll Männer in den Seilen hängt, um sich des mittelalterlichen Schwinghammer-Prinzips zu bedienen: Ein schwerer Stein wird im Brunnenschacht mehrfach hinaufgezogen und wieder fallen gelassen, auf dass die Wucht des Aufpralls die Zement Schicht zerstöre.
Ein armenisches Sprichwort sagt: „Nur ein Narr wirft einen Stein in den Brunnen, wo 40 Kluge ihn nicht wieder herausholen können“. Um die Mittagszeit stößt man nämlich auf das bereits erwartete Steinplattenfragment von unerwartet großen Ausmaßen.
Dieses muss zuerst in der tatsächlichen gefundenen Lage freigelegt- und fotografiert werden. Dann folgt das immer gleiche zeitraubende und kräftezehrende Procedere: Der Stein muss solide angeseilt-, der Brunnenausheber aus dem Brunnen- und anschließend der Stein aus dem engen Schacht gezogen werden. Dabei stellt das gewaltige Gewicht von etwa einer Vierteltonne grenzwertige Anforderungen an Mensch und Gerät. Wird die Seilwinde Stand halten?
Die harte Arbeit wird mit einem Gemüseeintopf belohnt, der von Schlossherrin Monica von Deuster Fuchs von Bimbach und Dornheim spontan zubereitet wird und nachhaltig für gute Stimmung sorgt, genauso wie die Fundstücke, die in den drei Tagen ans Licht kommen.
In dem überwiegend lehmigen Aushub ergibt das Scharren im Schubkarren und das Kratzen in den Batzen neben Keramik- und Glasscherben und Knochen immerhin zwei Pfennig – Münzen aus den Jahren 1902 und 1922, Glasperlen und ein Tonkugel-Spielzeug.
Zu den bedeutenderen Steinfunden zählen zahlreiche Bruchstücke, versehen mit Ornament und Inschriften, deren Sinn und Entstehungszeit noch untersucht werden müssen.
Beim abschließenden Brunnenfest am Samstag fachsimpelt man angeregt und engagiert. Grabungsleiter Häck stellte die Einzigartigkeit einer Brunnengrabung heraus und lobte nachhaltig den positiven Teamgeist, der sich im Laufe der drei Tage sichtbar entwickelt habe.
Die Sache an sich sei doch von größerem Wert, „auch wenn wir viel von ,Schatzsuche‘ hören, merkt Pfarrer Bauer an.