
Niemand kann in jedem Lebensbereich ein Experte sein. Diese Erkenntnis klingt banal. Doch glaubt man den Ausführungen von Wirtschaftsprofessor Andreas Oehler von der Uni Bamberg, ist in einer Marktwirtschaft vieles so organisiert, als würde die Gesellschaft nur aus "Multi-Spezialisten" bestehen. Dabei sind Bürgerinnen und Bürger häufig überfordert, wenn es um Fragen geht wie: Welche Versicherungen brauche ich? Worauf muss ich bei einer Geldanlage achten? Und wie funktioniert eigentlich Altersvorsorge?
Expertise finden, ohne Expertin oder Experte zu werden
Hier kommt der Begriff "Verbraucherbildung" ins Spiel. Diese soll Menschen die Fähigkeit geben, sich auch in den Bereichen, in denen sie keine Fachleute sind, zumindest so weit zurechtzufinden, dass sie im Alltag keine folgenschweren Fehlentscheidungen treffen. "Expertise finden, ohne Expertin oder Experte werden zu müssen", so Oehlers Formulierung.
Deshalb gibt es in Bayern die sogenannten "Stützpunkte der Verbraucherbildung". Der Begriff steht für Bildungseinrichtungen, die aus Sicht des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz ein großes Angebot haben, das Bürgerinnen und Bürger auf solche Probleme vorbereitet. 29 solcher Stützpunkte gibt es mittlerweile, seit diesem Jahr gehört auch die Volkshochschule (Vhs) Landkreis Haßberge dazu.
Mehr als eine Auszeichnung: Vhs hofft auf mehr Fördermittel
Am Mittwoch gab es dazu eine Eröffnungsveranstaltung in der Haßfurter Stadthalle, bei der auch Professor Oehler seinen Vortrag über die Bedeutung der Verbraucherbildung hielt. Holger Baunacher (CSU), Bürgermeister von Wonfurt und Vorsitzender der Vhs Landkreis Haßberge, sagte in seiner Begrüßung: "Diese Auszeichnung als Stützpunkt der Verbraucherbildung ist das Ergebnis intensiver Arbeit all jener, die sich in unserer Vhs engagieren – sei es als Dozentinnen und Dozenten, als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder als Teilnehmerinnen und Teilnehmer."

Doch die Akkreditierung als Stützpunkt ist mehr als nur eine Auszeichnung, wie Baunacher später im Gespräch mit dieser Redaktion deutlich machte. Sie sei auch verbunden mit der Möglichkeit, Fördermittel zu bekommen und dadurch das bestehende Angebot noch weiter ausbauen und verbessern zu können. "Das hat auch positive Auswirkungen auf die Preise", betont der Vhs-Vorsitzende.
Volkshochschule will möglichst viele Menschen erreichen
Christian Ruser, Programmverantwortlicher bei der Vhs Landkreis Haßberge, ergänzt, warum gerade die Preise eine derartige Rolle spielen. Denn Bildungsangebote zum Thema Finanzen seien ja besonders wichtig für Bürgerinnen und Bürger, die bereits Geldsorgen haben und aus diesen herauskommen wollen. Gerade die könnten sich aber keine Teilnahme an teuren Kursen leisten. "Wer Schulden hat, überlegt zweimal, ob er eine Veranstaltung besucht, die Geld kostet."
Die Bestrebungen der Vhs, für möglichst viele Menschen erreichbar zu sein, hob auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU) in seinem Grußwort hervor: "Die Volkshochschule spielt sich im ganzen Landkreis ab." Mit ihren vielen Außenstellen arbeite sie dezentral, anstatt nur Kurse in Haßfurt anzubieten.
Einstieg mit Nelson Mandela: Bildung als Waffe, um die Welt zu verändern
Die besondere Bedeutung von Bildungsangeboten betonte Ministerialdirektor Rüdiger Detsch. "Bildung ist die mächtigste Waffe, die du verwenden kannst, um die Welt zu verändern", lautet ein Zitat von Nelson Mandela, mit dem er sein Grußwort begann.
Weiter berichtete Detsch, welche Voraussetzungen nötig seien, um als Stützpunkt der Verbraucherbildungen ausgezeichnet zu werden. Dafür brauche es ein entsprechendes Kursangebot, eine Verpflichtung zur Neutralität, engagierte Dozentinnen und Dozenten sowie eine Doppelstrategie. Diese soll sowohl diejenigen angesprochen, die viel in der digitalen Welt unterwegs sind, als auch diejenigen, die sich der Digitalisierung weitgehend verweigern. "Alle diese Punkte sind bei Ihnen vorbildlich umgesetzt", lobte Detsch die Vhs Landkreis Haßberge.
Um den Status als Stützpunkt zu behalten, muss die Bildungseinrichtung nun immer wieder nachweisen, dass sie auch weiterhin Kurse im Bereich der Verbraucherbildung anbietet. Christian Ruser sieht die Volkshochschule dafür jedoch gut aufgestellt: "Es ist keine wahnsinnige Herausforderung, das zu schaffen."