„Ich habe eine Menge Geld, das darauf wartet, verpulvert zu werden“ (Got a whole lot of money that's ready tu burn), sang einst Elvis Presley in seiner berühmten Hymne „Viva Las Vegas“ auf das Spielereldorado. Das Geld für das Glücksspiel sitzt auch im Haßbergkreis immer lockerer, davon jedenfalls scheinen die Automatenbesitzer und Spielhallenbetreiber auszugehen: Mittlerweile gibt es hier an acht Standorten Spielotheken. In Ebern und Hofheim je eine, in Ebelsbach, Eltmann, Knetzgau und Sandhof jeweils eine Doppelspielothek (in einem Gebäude) und in Haßfurt zwei Spielhöllen.
Dass Anfang kommenden Jahres auch noch in den Haßfurter Bahnhof eine Spielothek einziehen wird, beunruhigt viele Bürger vor allem deswegen, weil der Bahnhof auch von vielen Kindern und Jugendlichen als Fahrschüler frequentiert wird. Der Zuwachs an einarmigen Banditen und anderen Geräten wirft allerdings auch die Frage auf, wie viele Glücksspielstätten denn noch aus dem Boden schießen sollen, bis die Politik dem Laster Einhalt gebietet.
Niemand anderes als die Bayerische Staatsregierung selbst hat in Vorbereitung des 2012 verabschiedeten Bayerischen Spielhallengesetzes festgestellt, dass im Freistaat nach einer Studie von 2008 rund 44 000 Menschen pathologische und 50 000 problematische Glücksspieler sind. Spielsüchtige seien im Schnitt mit 35 000 Euro verschuldet und von diesem Dilemma seien zehn bis 15 Personen aus ihrem persönlichen Umfeld mitbetroffen.
Auch, dass sich seit 1998 die Zahl der Spielhallenstandorte in Bayern sowie die Zahl der hier angebotenen Spielgeräte „signifikant erhöht“ hat, bestreitet die Landesregierung nicht. Im Vorspann zum Gesetzentwurf ist unter anderem Nürnberg als Beispiel genannt: Hier gab es 1998 55 Standorte, 67 Konzessionen und 488 Spielgeräte. Zwölf Jahre später waren es: 97 Standorte, 138 Konzessionen und 1301 Spielautomaten. „Die Entwicklung in Nürnberg deckt sich mit der anderer Städte und Gemeinden in Bayern“, heißt es in dem Papier. Und weiter, dass dieser rasante Anstieg an Spielhallen, insbesondere in kurzen räumlichen Abständen voneinander, unter dem Aspekt der Suchtgefährdung „höchst problematisch“ sei.
Dass jetzt in Haßfurt dennoch die bereits dritte Spielhölle eröffnen darf, kreidet die Ärztin und Landtagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) aber keinesfalls der Kommune an. „Solange sich auf Bundes- und Landesebene beim Bau- und Planungsrecht nichts tut, haben die Gemeinden kein Instrument in der Hand, sich gegen Spielotheken zu wehren“, ist sich die Gesundheitspolitikerin bewusst. An dem von CSU und FDP durchgesetzten Spielhallengesetz übt sie heftige Kritik. So hatte die Opposition Mindestabstände zwischen zwei Glücksspielstätten von 500 Metern gefordert, im Gesetz wurden daraus 250 Meter. Und die von der SPD erhoffte Sperrstunde von sechs Stunden dampfte die Regierung auf drei Stunden ein. Spielhallen müssen nur in der Zeit von 3.00 Uhr morgens bis 6.00 Uhr die Türen schießen. Das Projekt in der Haßfurter Wartehalle, wo eine Spielhalle viel mehr auffällt als auf einem Großbahnhof mit vielfältigem Angebot an Geschäften und Unterhaltungsmöglichkeiten, hält Dittmar für eine „absolut unglückliche und unsensible Sache.“
Zu den Bürgern, die der gleichen Ansicht sind und die auch nicht einsehen wollen, dass sie – was Genehmigung und Betrieb der Spielhalle anbelangt – wie Stadt und Stadtrat einfach die Flinte ins Kornwerfen müssen, gehört die pensionierte Pädagogin und Therapeutin Helga Koeppe. Die Haßfurterin hat sich inzwischen sogar bis zum Bahnchef Rüdiger Grube durchgearbeitet, der sie aber an seinen Regionalbereichsleiter Süd, Günther Pichler (München), verwies. Dem hat Helga Koeppe erklärt, dass der Haßfurter Bahnhof eigentlich doch viel zu klein ist für eine Spielhölle und dass hier sogar Grundschüler Schultag für Schultag in den Zug ein- und aussteigen, weil die Kreisstadt eine Waldorfschule hat. Wenn er die Spielothek schon nicht verhindern will, so solle er doch wenigstens dafür sorgen, dass man nicht schon mit 18, sondern erst mit 21 Jahren an die Spielautomaten kommt, ließ Koeppe nicht locker.
Der Römershöfer Arzt Dr. Thomas Heller, der auch schon einen Leserbrief zum Bahnhofsspielothek im HT beigesteuert hat, hat nicht nur die Suchtgefahr für Heranwachsende im Auge, ihm schwebt auch vor, wie sich der Bahnhof in Haßfurt in Zukunft weiterentwickeln könnte. „Es gibt zwar keine Toilette am Bahnhof, dafür kommt aber irgendwann sicher noch ein Beate-Uhse-Laden – und dann ist der Bahnhof ein großartiges Aushängeschild der Stadt“, bemerkte Heller gestern ironisch im Gespräch mit der Heimatzeitung. Vor seinem geistigen Auge hat der leidenschaftliche Bahnfahrer schon einmal zwischen Gleisen und Promenade ein Rotlicht- und Vergnügungsviertel a la Großstadt entstehen lassen und spottet, dass sich die Lehrer dann zumindest bei den Fahrschülern die Sexualaufklärung sparen können.
Nach HT–Informationen gibt es unter den Haßfurter Stadträten Bestrebungen, das Spielhallen-Thema doch noch einmal auf die Tagesordnung am Ratstisch zu bringen. Sabine Dittmar wartet unterdessen auf Antwort einer Anfrage ihrer Partei. Die Bahn, die inzwischen viele Spielhallen in ihren Bahnhofsgebäuden untergebracht hat, wirbt damit, dass der Glücksspielbetrieb unter Aufsicht stattfindet, ergo herrsche an den Bahnhöfen Sauberkeit und Disziplin. Sozialdemokratin Dittmar mutmaßt hingegen, dass die Kriminalität im Umfeld der Spielhöllen stark gestiegen ist, sie geht davon aus, dass Studien dies bestätigen werden.