Die Zeiten, in denen ein Hausarzt kaum etwas anderes sein konnte, als ein selbstständiger Arzt mit eigener Praxis, sind vorbei. Mittlerweile gibt es auch andere Organisationsformen, allen voran die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ), in denen mehrere Ärzte zusammenarbeiten. "Ich glaube, dass das die Praxis der Zukunft wird", sagt Dr. Cordula Gerlach. Die Allgemeinmedizinerin ist ärztliche Leiterin des MVZ in der Haßfurter Brückenstraße – und wird sich die Räumlichkeiten dort bald mit mehreren Kolleginnen und einem Kollegen teilen.
Denn ab Oktober werden auch die Allgemeinärztinnen Andrea Monika Steinen und Ute von Nordheim sowie der Internist Dr. Günther Ernst in der Brückenstraße praktizieren. Die drei teilen sich bisher eine Praxis in der Haßfurter Hauptstraße, die Räumlichkeiten der früheren Gemeinschaftspraxis von Dr. Rupert Altersberger und Dr. Susanne Rikowski.
Schon seit einiger Zeit nicht mehr eigenständig
Doch bereits seit einigen Jahren ist diese Praxis nicht mehr eigenständig: Als Altersberger in den Ruhestand ging, verkaufte er sie an den gemeinnützigen Verein KfH. Dieser Träger betreibt auch das MVZ in der Haßfurter Brückenstraße, in dem aktuell neben der Allgemeinmedizinerin Dr. Gerlach auch die Nephrologin Dr. Petra Schulz ihre Patientinnen und Patienten versorgt. So wurde die Praxis in der Hauptstraße zur hausärztlichen Filialpraxis des MVZ. Nun werden die alten Praxisräume in der Hauptstraße aufgegeben. Steinen, Nordheim und Ernst werden dann ebenfalls in der Brückenstraße praktizieren.
Vorteile für Personal und Patienten
Der Zusammenschluss beider Praxen an einem Ort biete einige Vorteile, sowohl für das Personal als auch für Patientinnen und Patienten. Ein Vorteil sei beispielsweise die Ausweitung der Sprechzeiten. "Das wird nur möglich, weil wir mehrere Ärzte sind", sagt Gerlach. "Wir können dann auch schichtmäßig arbeiten." Gerade für berufstätige Patientinnen und Patienten sei das gut, da diese künftig leichter auch Abends nach der Arbeit noch einen Termin bekommen können.
Ein weiterer Vorteil: Eine Praxis, die einem einzelnen Arzt gehört, muss üblicherweise einige Wochen pro Jahr schließen, wenn der Arzt Urlaub hat. "Wir werden nicht mehr geschlossen haben", sagt Gerlach, denn bei drei Allgemeinmedizinerinnen und einem Internisten könne immer jemand arbeiten, während andere Urlaub nehmen. "Bisher haben wir dann auf die Filiale verwiesen, aber es ist halt doch ein anderer Ort", sagt Gerlach. Das bringe auch einen Vorteil für die Medizinischen Fachangestellten: "Natürlich können sie nicht alle gleichzeitig frei haben, aber zumindest müssen sie nicht mehr automatisch gleichzeitig mit ihrem Chef ihren Urlaub nehmen."
Der Hausarzt als Vertrauensperson
Und auch für sie und die drei anderen Ärzte bedeute das mehr Freiheit, beispielsweise bei einem privaten Notfall einmal schnell die Praxis verlassen zu können, weil ja noch Kollegen da sind, die die Patienten übernehmen können. Gleichzeitig habe die Praxis mit vier Ärzten noch eine überschaubare Größe, bei der Absprachen gut funktionieren.
Eine wichtige Rolle spiele gerade in der hausärztlichen Versorgung auch ein gewisses Gefühl von Vertrautheit: "Der Hausarzt kennt die Patienten und ist auch eine Vertrauensperson." Bei einem vierköpfigen Team sei es da auch noch möglich, dass die Patienten neben ihrem eigenen Hausarzt auch die anderen drei zumindest schon einmal gesehen haben und nicht von einer Person behandelt werden, die ihnen gänzlich unbekannt ist.
Diese Vertrautheit spiele auch beim übrigen Praxis-Personal eine Rolle, weshalb die Dienstpläne künftig so erstellt werden sollen, dass an den beiden Anmeldeplätzen an der Theke jeweils ein Mitarbeiter sitzt, der auch bisher in der Brückenstraße tätig war, sowie einer, der bisher zur Filialpraxis gehörte. Damit sei für die Patientinnen und Patienten "immer ein vertrautes Gesicht" vor Ort. Dafür soll der Thekenbereich noch umgebaut werden, denn aktuell gibt es hier nur einen Anmeldeplatz.
Vor dem Umzug kommen die Umbauten
Ein weiterer Umbau der Praxisräume soll dazu führen, dass mehr Telefon-Arbeitsplätze entstehen. Denn seit Beginn der Corona-Pandemie sei es zur Normalität geworden, eher in einer Praxis anzurufen, um beispielsweise ein Rezept vorzubestellen, statt einfach vorbeizukommen. Auch wenn die Corona-Beschränkungen irgendwann wieder abgeschafft werden, meint Cordula Gerlach: "Ich glaube, diese Bequemlichkeit wird bleiben."
Dass die beiden Praxen in der Brückenstraße zusammenziehen, und nicht in der Hauptstraße, habe auch etwas mit den Räumlichkeiten zu tun. "Die Praxis in der Hauptstraße hat sicher auch ihren Charme, aber sie ist halt sehr eng", sagt Gerlach. Entscheidend sei vor allem gewesen, dass die Räume in der Brückenstraße barrierefrei erreichbar sind. Noch bis Ende September bleiben Gerlach, Steinen, Nordheim und Ernst an ihren gewohnten Standorten. In der Woche vom 27. September bis zum 1. Oktober werden dann beide Praxen schließen, danach geht es für alle in der Brückenstraße weiter.