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Bamberg
Vier Jahre Haft für Drogendealer aus dem Landkreis Haßberge: Milderes Urteil dank "Judasparagraph"
Fünfmal wurde der 22-Jährige bereits wegen Drogendelikten verurteilt. Nun muss er erstmals ins Gefängnis – und lieferte den Ermittlungsbehörden wichtige Infos.
Vor dem Landgericht Bamberg musste sich am Mittwoch ein 22-jähriger Arbeitsloser aus dem Maintal verantworten. Er hatte mit verschiedenen Drogen gehandelt, von Speed bis Kokain.
Foto: Lukas Reinhardt | Vor dem Landgericht Bamberg musste sich am Mittwoch ein 22-jähriger Arbeitsloser aus dem Maintal verantworten. Er hatte mit verschiedenen Drogen gehandelt, von Speed bis Kokain.
Martin Schweiger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:08 Uhr

Wegen unerlaubten Drogenhandels und -besitzes in nicht geringer Menge hat das Landgericht Bamberg am Mittwoch einen 22-jährigen Arbeitslosen aus dem Maintal zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Gleichzeitig ordnete die Dritte Strafkammer die Einweisung in eine Entziehungsanstalt an. Rund 72.000 Euro ordnete das Gericht als Einziehung von Wertersatz an – Geld, das der Angeklagte bei seinen Drogengeschäften eingenommen hatte und irgendwann zurückzahlen soll.

Laut Anklageschrift hat der 22-jährige Drogenkonsument von Januar bis September letzten Jahres einen schwunghaften Handel mit Betäubungsmitteln, insbesondere mit Amphetamin, Marihuana, Haschisch, Tilidin-Tabletten und Kokain im Raum Haßfurt/Ebelsbach betrieben. Viermal soll er dabei auch Drogen an Minderjährige verkauft haben. Diesen Vorwurf stellte das Gericht jedoch aufgrund der Schwere der anderen Vorwürfe ein.

Drogendeals über Snapchat - Speed, Marihuana, Kokain, Haschisch und Tilidin-Tabletten

Insgesamt soll der Angeklagte sieben Kilogramm Amphetamin ("Speed"), vier Kilogramm Marihuana, 100 Gramm Kokain, 100 Gramm Haschisch und 400 verschreibungspflichtige Tilidin-Tabletten an mehr als 27 Abnehmerinnen und Abnehmer im Landkreis Haßberge verkauft haben. Abgewickelt wurden die Drogendeals über den Internetdienst Snapchat, bei dem Nachrichten nach kurzer Zeit automatisch gelöscht werden und so nicht nachverfolgt werden können.

Auf die Schliche kam die Kriminalpolizei Schweinfurt dem Angeklagten durch den Hinweis eines Vertrauensmannes. Am 28. September durchsuchten Polizeibeamte die Wohnung des Angeklagten und fanden eine regelrechte Drogenhöhle vor. Sie fanden neben einem Kilogramm "Speed" und 500 Gramm Marihuana auch 100 Gramm Haschisch und 400 Tilidin-Tabletten. Der Angeklagte wurde noch in seiner Wohnung festgenommen und sitzt seitdem in Untersuchungshaft.

Kooperation mit den Behörden führt zu Verfahren gegen Lieferanten und Kunden

Auf der Anklagebank räumte er die Vorwürfe weitgehend ein. Dass seine Kunden zum Teil minderjährig waren, habe er jedoch nicht gewusst, gab er zu Protokoll. Nach eigenen Angaben ist er selbst stark drogenabhängig und konsumiere täglich fünf bis zehn Gramm Marihuana sowie bis zu drei Gramm Amphetamin. Von Beginn an kooperierte er nach seiner Festnahme mit den Ermittlungsbehörden und nannte auch Namen von Lieferanten aus Hessen, die teilweise große Fische im Drogengeschäft waren und nun in U-Haft sitzen.

Von 27 Abnehmerinnen und Abnehmern seien bereits 21 angezeigt worden, sagte ein Polizeibeamter im Zeugenstand. Seinen Lebensunterhalt habe der Angeklagte weitgehend durch Drogengeschäfte bestritten. Dies habe die Auswertung seiner Kontoauszüge ergeben. Demnach habe der Angeklagte im Tatzeitraum 5600 Euro an legalen Einnahmen gehabt, mit denen er nicht einmal die Miete in Höhe von 6900 Euro hätte zahlen können. 22.500 Euro habe der Angeklagte in bar auf sein Konto eingezahlt – mutmaßlich Geld aus Drogendeals.

Ein Wirkstoffgutachten ergab nur einen Wirkstoffgehalt von 0,4 Prozent im Amphetamin, das in der Wohnung des Angeklagten gefunden wurde. Dafür sei wesentlich mehr Koffein darin gewesen. "Keiner hat sich deswegen beschwert", warf der Angeklagte ein, der bereits zwei Ausbildungen wegen seines Drogenkonsums abbrach. Auch seine Freundin hatte sich von ihm getrennt. Mit 16 Jahren begann seine Drogenkarriere. Ab seinem 18. Geburtstag nahm er täglich Drogen, die immer stärker wurden, bis hin zum Konsum von Kokain.

Richter rät dem Angeklagte, das Urteil als Neuanfang zu sehen

Staatsanwalt Alexander Baum hielt dem Angeklagten "zwei große Pluspunkte" zugute, nämlich das Geständnis und die Kooperation mit der Polizei, bei der er auch Namen nannte. Der Paragraph 31 – auch als "Judasparagraph" bekannt – komme daher zur Anwendung und mindere das Strafmaß. Weitere Verfahren seien "im Dunstkreis" eingeleitet worden. Sechs bis sieben mutmaßliche Täter säßen nun in U-Haft. Baum forderte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten für den fünffach einschlägig vorbestraften Angeklagten, der allerdings noch nie zuvor im Gefängnis gesessen hatte. Zudem beantragte Baum über 91.000 Euro an Wertersatz. Der Verteidiger hielt eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren ohne Einziehung von Wertersatz für angemessen.

"Sie sind noch jung. Hoffentlich sehen wir uns das letzte Mal vor Gericht", sagte der Vorsitzende Richter Markus Reznik. Der Verurteilte sei "gewaltig drin gewesen im Drogenhandel". Er solle das Urteil als Neuanfang verstehen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

 
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