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HUMPRECHTSHAUSEN
Verschüttet, verwundet, aber am Leben geblieben
Ulrich Kind
 |  aktualisiert: 02.04.2019 13:13 Uhr

Im Riedbacher Ortsteil Humprechtshausen wird immer am Allerheiligentag nach dem Friedhofsgang am Kriegerdenkmal der Gefallenen beider Weltkriege gedacht. Traditionell gehört das von den Dorfmusikanten gespielte Lied „Ich hat einen Kameraden“ zum Abschluss der Gedenkfeier dazu. In diesem Jahr sind es genau hundert Jahre her, dass der Erste Weltkrieg mit der Kapitulation des Deutschen Kaiserreiches zu Ende ging.

Beim Blick ins Gemeindearchiv stellt man fest, dass seinerzeit aus dem Ort 88 Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden. Auf den Schlachtfeldern ließen in Frankreich zwölf und in Südtirol einer dieser Soldaten aus der Gemeinde ihr Leben. Für die Gefallenen wurde zum Gedenken das Kriegerdenkmal von der Gemeinde errichtet und im Jahre 1925 feierlich eingeweiht. Andere Weltkriegsteilnehmer kamen mit körperlichen Einschränkungen oder völlig unversehrt nach Hause zurück.

Hausname „Ulaner“

Ein besonderes Kriegerschicksal erlebte zum Beispiel der im Nachbarort Kleinsteinach im Jahr 1887 geborene Leonhard Schnaus, der vier Jahre nach dem Krieg Maria Amalia Rückert aus Humprechtshausen heiratete. In Humprechtshausen war Leonhard Schnaus als der „Ulaner“ mit Hausnamen bekannt und der Hausname übertrug sich auf seinen Sohn Alfons (1927-2003) und dessen ältere ledige Schwester Regina, die im Jahr 2017 hochbetagt im Alter von 94 Jahren starb. Zu Lebzeiten wussten die Geschwister zu berichten, dass der Vater im Ersten Weltkrieg wegen seiner Tapferkeit einen besonderen Orden verliehen bekam, verbunden mit einer kleinen Leibrente.

Ahnenforscher aus den USA

Amalia Rückert, die Schwiegermutter von Leonhard Schnaus, war eine geborene Braun. Ihr ein Jahr jüngerer Bruder Georg Braun (geboren 1856), wanderte im Jahr 1882 von Humprechtshausen in die USA in den Bundesstaat Wisconsin aus. Georg F. Braun, einer seiner Nachkommen, machte sich nach seiner Pensionierung daran, nach den deutschen Wurzeln der Familie zu forschen. So nahm er Kontakt auf mit Regina und Alfons Schnaus und konnte seine Familienchronik um ein großes Kapitel erweitern.

Mit Hilfe des Internets suchte er im Jahr 2016 im öffentlich zugänglichen Kriegsarchiv des Ersten Weltkrieges und in der US-Datenbank „Ancestry“ und fand tatsächlich Spuren über die Militärzeit von Leonhard Schnaus. Dabei stieß er auf die Dienstakte von Leonhard Schnaus und seinem dort dokumentierten Lebensabschnitt.

Seinen Wehrdienst hatte Schnaus zuerst von Oktober 1907 bis September 1909 in München abgeleistet. Das Infanterie-Leib-Regiment und Bataillon waren in der Prinz-Arnulf-Kaserne (umgangssprachlich auch Türkenkaserne genannt) stationiert. Nur die von der Statur her größten Männer wurden für das Leib-Regiment ausgewählt. Nach der Generalmobilmachung am 1. August 1914 erfolgte seine Einberufung zum königlich bayrischen Infanterie-Leib-Regiment unter Führung von Generaloberst Kronprinz Rupprecht von Bayern.

Elite-Regiment

Dieses Regiment war im Ersten Weltkrieg ein Elite-Regiment und kämpfte immer an vorderster Front in Frankreich. So zu Beginn in Elsass/Lothringen, an der Somme, in Italien, Österreich, Griechenland, Belgien, Rumänien und bis zum Kriegsende in Serbien. Außer in der Genesungszeit nach seinen beiden Verwundungen, nahm Schnaus an allen Feldzügen und Schlachten des Leib-Regimentes teil.

Seine erste Tapferkeitsmedaille bekam er bei der Schlacht von Kosovo gegen Serbien. Leonhard wurde mit der Österreichischen Tapferkeitsmedaille in Bronze ausgezeichnet.

Im Jahr 1916 war Leonhard bei Verdun mitten in den heftigsten Kämpfen und bekam die Bayerische Silberverdienstmedaille, die höchste Auszeichnung für Unteroffiziere und Mannschaften und das Eiserne Kreuz II. Klasse und wurde zum Gefreiten befördert.

Wie diese Zeitung in einer kurzen Meldung seinerzeit berichtete, war Schnaus im Schützengraben bei Fleury/Verdun durch feindliches Trommelfeuer verschüttet.

Viele Auszeichnungen

Als sich Leonhard Schnaus herausgearbeitet hatte, ging er nach vorn und traf seinen Kompanieführer Freiherr von Pechmann und dessen Gefechts-Ordonnanz Schanding, die beide, wie er auch, waffenlos waren.

Schnaus und Schanding gingen nochmals in die Zone des Artilleriefeuers zurück und holten von den Toten und Verwundeten drei Gewehre. Bei den folgenden Kämpfen wurde die Ordonnanz schwer verwundet und Schnaus brachte seinen Kameraden in Sicherheit und versah danach den Dienst des Verwundeten als Gefechtsordonnanz.

Deswegen wurde Leonhard Schnaus das Bayerische Verdienstkreuz III.Klasse mit Schwertern verliehen und er wurde zum Unteroffizier befördert. Im Juli 1917 wurde ihm der Leiberring mit der Nummer 31 verliehen, weil er mindestens 24 Monate im Krieg ganz vorne an der Frontlinie gedient hatte. Nur 58 langgediente überlebende Soldaten des Leib-Regimentes bekamen den Ring verliehen.

Zum zweiten Mal im Lazarett

Nach seinem zweiten Lazarettaufenthalt wurde er im Februar 1918 zum Sergeanten befördert und mit dem Bayerischen Dienstabzeichen III. Klasse geehrt. Nach dem Rückzug aus Rumänien wurde sein Regiment am 28. November 1918 in München demobilisiert und aufgelöst.

Nach Kriegsende wurden die Veteranen mit weiteren Auszeichnungen geehrt: das Ehrenkreuz des Weltkrieges 1914-1918 mit gekreuzten Schwertern und Schwarz-Weiss-Roten Ordensband, die Kyffhäuser-Kriegsgedenkmünze und als Teilnehmer der Westfrontschlachten die Deutsche Ehrengedenkmünze des Ersten Weltkrieges der Deutschen Ehrenlegion.

Schnaus heiratet 1922 Maria Amalia Rückert und zog zu den Schwiegereltern nach Humprechtshausen, er wurde nur 68 Jahre alt.

Leonhard Schnaus in Uniform des königlich bayerischen Infanterie-Leib-Regiments.
Foto: Archiv Schnaus | Leonhard Schnaus in Uniform des königlich bayerischen Infanterie-Leib-Regiments.
Leonhard Schnaus wurde für seine Tapferkeit mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt.
Foto: Archiv Schnaus | Leonhard Schnaus wurde für seine Tapferkeit mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt.
 
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