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LANDKREIS HAßBERGE
Vampire, Bären und ein Schneemann im Sommer
In Brasov (Kronstadt) versammelte sich die Gruppe vor der schwarzen Kirche zu einem Erinnerungsbild.
Foto: Privat | In Brasov (Kronstadt) versammelte sich die Gruppe vor der schwarzen Kirche zu einem Erinnerungsbild.
Redaktion
 |  aktualisiert: 24.05.2022 09:21 Uhr

Ein Freitag im Juni – Bâlea Lac – inmitten der rumänischen Karpaten. Ein deutscher Reisebus schlängelt sich über die kurvige, eigentlich gesperrte Bergstraße, auf dem Weg zu dem auf 2300 Meter Höhe gelegenen Hotel. Die Insassen, die Vorsitzende der Rumänien-Soforthilfe Susanne Kastner gemeinsam mit ihrer Reisegruppe, starren ebenso gebannt sowie ängstlich aus den Fenstern auf den Abgrund. Wie sicher rumänische Straßen wohl sind?

Vor einigen Wochen konnten sich 26 Mitreisende aus allen Altersgruppen nicht nur am Bâlea-See ein Bild von diesen rumänischen Straßen und nicht nur von diesen machen. Jedes Jahr bietet der Verein Rumänien-Soforthilfe eine Reise an, um deutschen Bürgern Rumänien, ein Land, dass auch nach über 20 Jahren noch von der Herrschaft Nicolae Ceausescus, aber auch von engagierten Leuten und Lichtblicken in der Entwicklung geprägt ist, näher zu bringen.

Nach der 13-stündigen Nacht-Busfahrt durch Bayern, Österreich und Ungarn besuchte die Gruppe – wie jedes Jahr – zunächst das Kinderheim, das die Rumänien-Soforthilfe seit Jahren in Lipova, einer rumänischen Kleinstadt, die etwa so groß wie Haßfurt ist, unterstützt. Und wie jedes Jahr wurde sie von den zwischen vier und 18 Jahren alten Kindern sowie den Hauseltern Dana und Nicu und ihren Helfern herzlichst empfangen.

Das Kinderhaus ist stets der erste Anlaufpunkt der Reise. Für die restliche Woche wurde ein jährlich wechselndes, abwechslungsreiches Programm entworfen. Dieses Jahr wollte man sich etappenweise dem sagenumworbenen Transsilvanien nähern. Über Alba Julia, wo die Reisegruppe in einer renovierten Burganlage in mittelalterlichem Flair übernachtete, ging es weiter nach Sighisoara (Schäßburg). In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts von deutschen Einwanderen gegründet, ist die Burganlage seit 1999 Unesco-Weltkulturerbe und ein beliebtes Touristenziel. Im fast schon tiefsten Transsilvanien ist man umgeben von Dracula T-Shirts, Tassen und einem der vielen Geburtshäuser des sagenumwobenen Fürsten.

Später wurde erneut eine Einrichtung der Peter-Maffay-Stiftung im kleinen Dorf Radeln besucht, mit der der aus Rumänien stammende Sänger deutsche sowie rumänische traumatisierte Kinder zurück ins Leben holen will. Beim letzten Besuch der Reisgruppe fand man ein Dorf ohne fließendes Wasser mit mehreren Hausruinen vor, die nach Auskunft des Architekten zu Schlafräumen, Gästehäusern und Bauernhöfen werden sollten. Doch die ein wenig skeptisch angereiste Gruppe wurde positiv überrascht. Innerhalb von gerade einmal drei Jahren war aus den Ruinen ein wunderschönes, hoch-modernes Ferienlager geworden, in dem gerade Kinder aus Baden-Württemberg ihre Ferien vom Alltag verbrachten. Am vierten Tag wurde dann die Hochkultur Transsilvaniens erreicht – das Dracula-Schloss in Bran. Eine wunderschöne weiße Anlage mit verzweigten Gängen und mittelalterlichen Räumen, umgeben von riesigen Dracula-Märkten mit Gruselgängen und Co. Den restlichen Tag verbrachte die Gruppe in Brasov (Kronstadt), der größten Stadt Siebenbürgens. Zu Abend wurde in einem der angesagtesten Skiorte Rumäniens, oberhalb von Brasov, in einer traditionell gehaltenen Berghütte bei Musik und Tanz ein für den Großteil der Gruppe noch nie da gewesenes Geschmackserlebnis serviert. Bärenbraten! Eine Mahlzeit, die in Deutschland undenkbar wäre, in Brasov aber aufgrund des Bären-Überschusses eine Spezialität ist. Ein Bär im Jahr darf je Jäger geschossen werden, doch die Mülltonnen durchwühlenden Allesfresser werden – auch aufgrund fehlender Angst vor den Menschen – immer mehr zur Plage.

Soweit war die von Sybille Gimpl geplante Reise reibungslos verlaufen, doch nun stand die Fahrt nach Bâlea Lac zum letzten Hotel an. Es war dort sicherlich wunderschön. Ein Hotel auf einer Höhe von 2300 Meter, direkt an einem Bergsee gelegen. Wenn da nur nicht dieser Anstieg wäre. Steinschlaggefahr, eine kleine, schmale Straße, offiziell noch gesperrt! Eventuell sogar Schnee. Aber was tut man nicht alles für ein warmes Abendessen und ein Bett? Und nach einigen Minuten hatte sich auch das letzte bisschen Angst in Staunen verwandelt. Staunen über die wunderschöne, alpine Landschaft.

Nach der sicheren Ankunft im wunderschön gelegenen Hotel machten sich einige Teilnehmer auf, die bergige Landschaft zu erkunden. Und auf dem Gipfel erwartete sie eine weitere Überraschung. Schnee! Haben Sie schon einmal im Juni einen Schneemann gebaut? Sicherlich werden nicht viele von Ihnen diese Frage mit ,,ja" beantworten, was zeigt, wie ungewöhnlich dieses Erlebnis war. Ungewöhnlich wie Rumänien ist. Ein Land, wie es sonst kein Zweites gibt. Ein Land, das viele Gesichter hat, mit denen es seine Besucher immer wieder von Neuem fasziniert. Ein Land, das es sich lohnt (wieder) zu besuchen.

Ob es stimmt? In diesem Haus in Sighisoara soll Graf Dracula geboren worden sein.
Foto: Privat | Ob es stimmt? In diesem Haus in Sighisoara soll Graf Dracula geboren worden sein.
 
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