
Wenn am Ende einer Gerichtsverhandlung der Vorsitzende Richter das Urteil verkündet, beginnt dieses stets mit den Worten: „Im Namen des Volkes.“ Das Volk besteht nicht nur aus Juristen, und so sollen auch juristische Laien mit am Richtertisch sitzen, zumindest in Prozessen, in denen höhere Strafen im Raum stehen. Diese Laienrichter, die Schöffen, werden jeweils für einen Zeitraum von fünf Jahren gewählt. Derzeit können sich Interessenten für die Amtsperiode von 2019 bis 2023 melden.
Nur eine Prognose
Gewählt werden die Schöffen am Haßfurter Amtsgericht von einem Wahlausschuss, bestehende aus dem Richter am Amtsgericht als Vorsitzenden, dem Landrat und sieben Beisitzern, die der Kreistag am Montag aus seinen eigenen Reihen wählte. So werden Reinhold Giebfried, Gerhard Zösch, Thomas Sechser, Thomas Stadelmann, Peter Klein, Holger Baunacher und Kurt Sieber an der Wahl der Laienrichter beteiligt sein.
Ob bei einem Prozess Schöffen zum Einsatz kommen, hängt von der Straferwartung ab, erklärt Richterin Ilona Conver. Wenn nach dem Vorwurf der Staatsanwaltschaft eine Verurteilung zu mehr als zwei Jahren Haft wahrscheinlich ist, sitzen Schöffen mit am Tisch. Bei geringeren Vergehen genügt ein Einzelrichter. „Das ist natürlich nur eine Vorabprognose“, erklärt Richterin Conver. „Es kann auch sein, dass ich mit Schöffen verhandle und dann nur eine Geldstrafe rauskommt.“
„Es ist wichtig, dass es neben dem Richter noch eine andere Meinung gibt“, sagt Daniela von Hippel. Die Zeilerin gehört zu den Schöffinnen der Amtsperiode von 2014 bis 2018 und nennt als ihre wichtigste Motivation dafür, sich für dieses Amt zur Wahl zu stellen, dass es auch die neutrale Meinung eines Nichtjuristen brauche.
Dennoch sei es äußerst selten, dass Schöffen und Berufsrichter einen Fall vollkommen unterschiedlich bewerten. „Es gab nur einen einzigen Fall, in dem die Schöffen eine ganz andere Meinung hatten“, sagt sie aus ihrer Erfahrung. Über die Frage, ob es eine Verurteilung geben sollte, bestehe meist Einigkeit, lediglich über das Strafmaß gebe es manchmal Diskussionen. Weiter erzählt die Zeilerin, Richterin Conver bespreche die Fälle am Haßfurter Amtsgericht ohnehin recht ausführlich mit den Schöffen, so dass kaum Fragen offen bleiben.
Tötungsdelikte und Drogen
„Was immer nahe geht sind Tötungsdelikte“, sagt Daniela von Hippel zur Frage nach Fällen, die ihr besonders in Erinnerung geblieben sind. Für Mordverhandlungen ist das Amtsgericht zwar zu klein, mit Fällen von fahrlässiger Tötung können es die Schöffen in Haßfurt allerdings zu tun bekommen. Besonders häufig seien im Landkreis Haßberge Drogendelikte. „Man wird damit konfrontiert, was es in der eigenen Umgebung an Kriminalität gibt“, sagt Daniela von Hippel.
Und wie fühlt es sich an, wenn ein Urteil verkündet wird, an dem man selbst beteiligt war und das große Auswirkungen auf die Zukunft eines anderen Menschen haben kann? „Die Verantwortung trägt man gern“, meint von Hippel. „Wenn man hinter einem Urteil steht, fühlt man sich nicht schlecht“, sagt die Schöffin. „Man hat sich ja auch vorher gemeinsam darüber besprochen.“
Wer sich für ein Schöffenamt interessiert, kann sich an seine Wohnortgemeinde oder, wenn es um ein Schöffenamt am Jugendgericht geht, ans Jugendamt wenden.
Weitere Informationen sowie die Broschüre „Das Schöffenamt in Bayern“ gibt es im Internet unter www.justiz.bayern.de