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Bamberg
Unmut über Kunst hinter Gittern: Lüpertz-Glasfenster nicht täglich zu besuchen
Viele Interessierte reagieren verärgert auf das geschlossene Gitter in der Sankt-Elisabeth-Kirche.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Viele Interessierte reagieren verärgert auf das geschlossene Gitter in der Sankt-Elisabeth-Kirche.
Bearbeitet von Marion Krüger-Hundrup
 |  aktualisiert: 06.08.2022 02:40 Uhr

Kurz vor Beginn der Sommerferien wollte der Kunsterzieher eines Hofer Gymnasiums seiner Schulklasse noch einen kulturellen Ausflug ermöglichen. Bamberg, das der Lehrer gut kennt, mit der Sankt-Elisabeth-Kirche und ihren acht Lüpertz-Glasfenstern war das Ziel.

Fassungslos standen dann der Mann und 30 Jugendliche vor dem verschlossenen Gitter: "In Bamberg ist doch jede Kirche tagsüber geöffnet, warum diese nicht?", wunderte sich der Studienrat. Enttäuscht drückten sich die Schüler und Schülerinnen die Nase platt am Gitter im Windfang. Von dort sind die Lüpertz-Kunstwerke bei Weitem nicht vollständig sichtbar.

Die Hofer Gruppe ist nicht die einzige, die unverrichteter Dinge wieder abziehen musste. Die eingeschränkten Öffnungszeiten der Sankt-Elisabeth-Kirche im Sand (Eigentümerin ist die Stadt Bamberg) sorgt bei vielen Einheimischen und Touristen für Unmut: Kunst hinter Gittern will niemand, der sich sein Gespür für die außergewöhnliche Dimension vom Werk eines international renommierten Künstlers bewahrt hat.

Die Elisabethenkirche ist auch als Ort des Gebetes und der Ruhe ein Magnet im Sandgebiet.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Die Elisabethenkirche ist auch als Ort des Gebetes und der Ruhe ein Magnet im Sandgebiet.

Von "bitterbösen Reaktionen", die er aushalten müsse, spricht den auch Christoph Gatz, Motor des "Initiativkreises Markus Lüpertz-Fenster", der dieses 600.000 Euro-Projekt maßgeblich gestemmt hat. Immer wieder schaut Architekt Gatz bei der Kirche vorbei, um zu sehen, ob sie inzwischen zu einem festen Anziehungspunkt geworden ist.

Großer Zustrom an Kunstbeflissenen

Allein an diesem Sonntagvormittag gegen 11 Uhr versuchen etwa 40 bis 50 Interessierte, mehr als einen Blick auf die Fenster zu erhaschen. "Wir wollen die Öffnungszeiten strecken und mit Ehrenamtlichen abdecken, das wollen viele, auch die, die nicht zur Gemeinde von St. Elisabeth gehören", sagt Christoph Gatz.

Denn der Zustrom an Kunstbeflissenen fließt unaufhörlich, wie Strichlisten aus den Öffnungszeiten von Donnerstag bis Sonntag zwischen 14 und 18 Uhr belegen. Fünf Aufsichtspersonen – vier aus dem Pool der städtischen Museumsaufsichten und ein Ehrenamtlicher – führen diese Listen seit Juli. Täglich verzeichnen sie im Durchschnitt über 350 Besucher, Spitzenreiter war das Wochenende von "Bamberg zaubert" mit jeweils rund 500 Personen.

Aufseherin Sylvia Zapf und ihre Mitstreiter führen eine penible Strichliste über die Besucherzahlen.
Foto: Führuon Krüger-Hundrup | Aufseherin Sylvia Zapf und ihre Mitstreiter führen eine penible Strichliste über die Besucherzahlen.

Summa Summarum sind es inzwischen Tausende, die sich anlocken ließen. "Viele können gar nicht glauben, dass die Kirche nur an vier Tagen geöffnet ist", fasst Sylvia Zapf, eine der Aufsichten, Reaktionen zusammen. "Die meisten sind total begeistert von den Fenstern, einzelne sehen sie dagegen kritisch", ergänzt ihre Kollegin Christine Sünkel.

Ergreifende Musik von Tschaikowsky

Beide Frauen sind zudem überrascht, dass viele Menschen auch zum Beten und Kerzen Anzünden in die Elisabethenkirche kommen. Sie verweilen länger, lauschen ergriffen der Musik von CD, die die mystische Atmosphäre untermalt: Tschaikowskys Liturgie des Heiligen Johannes Chrysostomos mit dem Kammerchor Kiew.

Für Gemeindepfarrer Hans Lyer ist diese Gegebenheit ein Beweis dafür, dass "die Leute nicht ins Museum kommen, die Sankt-Elisabeth-Kirche bleibt ein Ort der Kontemplation und ist keine Kunsthalle". Zumal Markus Lüpertz mit dem inhaltlichen Programm der Fenster "etwas von seinem Glauben zeigt", so Lyer.

Pfarrer Hans Lyer (Mitte) will eine offene und einladende Kirche.
Foto: Marion Krüger-Hundrup | Pfarrer Hans Lyer (Mitte) will eine offene und einladende Kirche.

Gemeinsam mit weiteren Mitstreitern aus dem Initiativkreis bietet er bis Mitte September samstags und sonntags um 17 Uhr Führungen für Individualbesucher an: rege genutzt und bislang einzigartig. Auch der Pfarrer ist tagsüber oft vor Ort und erlebt, dass "es Leute in die Kirche drängt, und die stehen dann am Gitter". Das sei alles andere als ein Zeichen für eine offene und einladende Kirche, beklagt Lyer.

"Die Lüpertz-Fenster sind ein großartiger neuer Glanzpunkt der Kunststadt Bamberg", freut sich Tourismusdirektor Michael Heger, dass es ihm und seinem Team gelungen ist, ein weiteres kulturell hochwertiges Thema mit Bamberg zu verbinden.

Ab August Gruppenführungen möglich

Nun ist es seit der ersten Augustwoche sogar möglich, dass Gruppen bis zu 20 Personen eine Führung außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Sankt-Elisabeth-Kirche buchen können. "30 Guides vom TKS und vom Personal der Dom- und Diözesanmuseumsaufsichten sind geschult", erklärt Ordinariatsrätin Birgit Kastner, Leiterin der Hauptabteilung Kunst und Kultur.

Kastner macht darauf aufmerksam, dass "ihre" Führung im Diözesanmuseum beginnt, das die Originalentwürfe von Markus Lüpertz besitzt: "Ein idealer Einstieg, um die leuchtenden Glasfenster in der Sankt-Elisabeth-Kirche zu betrachten", wirbt die Kunsthistorikerin, die auch alle Führungen mit dem liturgischen Kalender des Gotteshauses – Messen, Hochzeiten, Konzerte – abstimmt.

Nachvollziehbar: Zum Schutz vor Vandalismus

"Wir können in Bamberg unheimlich stolz darauf sein, so etwas an zeitgenössischer Kunst zu haben", würdigt Gästeführer Erik Berkenkamp die Lüpertz-Fenster. Er finde es "sehr schade, dass die Kirche nicht durchgehend geöffnet hat", wenngleich er das geschlossene Gitter wegen drohendem Vandalismus für nachvollziehbar halte.

Eine etwa 60-jährige Bambergerin, die an diesem Sonntagsvormittag ebenfalls ergebnislos vor dem Gitter steht, widerspricht Berkenkamp heftig. "Man kann auch nachts von außen die Fenster einschlagen, wenn man eine Wut auf die katholische Kirche hat!" Sankt Elisabeth müsse täglich offen sein, wünscht die Dame nachdrücklich.

Auf Nachfrage bei der Stadt Bamberg, wie es bezüglich Öffnungszeiten künftig aussehen werde, gab Sprecher Michael Memmel folgende Auskunft: "Es wird getestet, wie die Zeiten angenommen werden. Das wird ausgewertet und geprüft, ob der Bedarf für eine Auswertung besteht." Memmel gibt zu bedenken, dass weitere Öffnungen mit Kosten für das Aufsichtspersonal verbunden sind.

Führungen

Ab sofort sind zwei verschiedene Gruppen-Führungen durch die Sankt-Elisabeth-Kirche grundsätzlich täglich buchbar:
- die 90-minütige Führung "Kraftwerke des Lichts: Lüpertz-Entwürfe und Fenster" mit Start im Diözesanmuseum und Ende in der Kirche. Buchbar unter E-Mail dioezesanmuseum@erzbistum-bamberg.de
- die einstündige Führung des TKS Bamberg "Die Lüpertz-Glasfenster in Sankt Elisabeth" mit Start an der Apoll-Statute vor der Kirche. Buchbar unter www.bamberg.info/veranstaltungen
(mkh)
 
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