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HAßFURT
Ungleich
Wolfgang Sandler
 |  aktualisiert: 29.03.2021 10:57 Uhr

Es gab eine Zeit, da hatte jedes Dörfchen seine eigene Schule, seine Kirche, sein Dorfgasthaus. Abends trafen sich Lehrer, Pfarrer und Bürgermeister, vielleicht noch der Forstrat und der Brauereibesitzer zu einer gemütlichen Kartrunde beim Bier.

Schön war's, beinahe idyllisch, die gute, alte Zeit halt. Aber die ist vorbei. Um die Dorfgasthäuser ist es oftmals nicht zum Besten gestellt, die Kirche hat ihre eigenen Probleme und die Schulen wurden dichtgemacht und die Schüler müssen in die wenigen Großschulen gebracht werden.

Aber das funktioniert nicht. Hier liegt manches ganz deutschuntypisch im Argen. Man möchte doch meinen, dass der Staat, wenn er schon die Schulstandorte konzentriert, dafür Sorge trägt, dass Schüler diese erreichen. Tut er auch – aber nicht richtig. Grundschüler, die weiter als zwei Kilometer, und Mittelschüler, die weiter als drei Kilometer vom Schulhaus entfernt wohnen, werden transportiert, kostenlos. Die andren müssen sehen, wie sie zur Schule kommen.

In Großstädten wie München, wo ohnehin schon jeder Seppl seine Jahreskarte für S- und U-Bahn besitzt, ist das ein Klacks. Aber von Eichelsdorf nach Hofheim, von Sand nach Zeil oder von Unfinden nach Königsberg – das ist ein Problem. Bislang, so sagt Bürgermeister Ruß aus Sand war wenigstens geregelt, dass Schüler, die eine Ortschaft verlassen und in eine andere Stadt oder ein anderes Dorf fahren müssen, diese Fahrt bezahlt bekommen. Das ist ja auch logisch. Man stelle sich nur mal vor, wie zehnjährige Kinder in den Wintermonaten frühmorgens bei noch herrschender Dunkelheit sich im Sander Wörth auf den Weg machen, an der Straße entlang, jenseits jeglicher Bebauung, über die Mainbrücke, die Bundesstraße und dann noch durch die Stadt mit ihren Straßen und Wegen. Das soll nicht gefährlich sein? Und doch behauptet so etwas das Landratsamt Haßberge.

Gut, die Kinder müssen ja nicht um jeden Preis laufen, nur um den Preis, den ihre Eltern eben für das Busticket bezahlen müssen. Wer kann aber ruhigen Gewissens Eltern eines Kindes, das 2999 Meter vom Schulhaus entfernt wohnt, sagen, dass sie jeden Monat Geld für den Bus abdrücken müssen, während die Eltern des Nachbarkindes, das 3001 Meter weit von der Schule entfernt residiert, diese Summe Monat für Monat dem Kleinen ins Sparschwein stecken können? Das sorgt für gewaltigen sozialen Unfrieden.

Warum kann der Staat nicht einfach Bewohner so kleiner Orte wie Ziegelanger, Eichelsdorf, Unfinden und mehr gleichbehandeln? So viele Schüler sind das doch nicht? Dadurch würde Bayern sicher nicht gleich Milliardenverluste erleiden. Muss tatsächlich durch Dörfer wie Sand, das zwar im Fußball bei den Großen mitspielt, bei der Bevölkerungszahl aber eher zu den kleineren Kommunen zählt, eine „Demarkationslinie“ führen? Nach dem Motto: Ab Rathaus dürft Ihr fahren, der Rest muss laufen?

Amerika leidet zwar im Moment unter einem Präsidenten, der an Unfähigkeit kaum zu übertreffen ist, aber wer schon einmal einen amerikanischen Film gesehen hat mit einem dieser berühmten gelben Schulbusse, der weiß, dass Kinder dortzulande einen besonderen Stellenwert haben. Einem Ami wäre die bayerische Schulwegkostenfreiheit wohl kaum zu vermitteln.

 
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