Seit dem Jahr 1970 besitzt ein heute 75-jähriger Rentner aus dem Maintal seinen Führerschein. Passiert ist ihm nach eigener Aussage noch nie etwas. Seine Akte im Verkehrszentralregister in Flensburg ist blütenweiß. Doch am 2. Oktober vergangenen Jahres erlebte er seine Premiere – seinen ersten Unfall. Beim Rückwärts-Einparken vor seiner Wohnung berührte das Heck seines VW Touran laut Anklage die Stoßstange des Autos seines Nachbarn. Die Kollision verursachte einen Schaden in Höhe von fast 1900 Euro.
Einspruch gegen den Strafbefehl
Weil der Angeklagte nach der Havarie in seine Wohnung ging, ohne den Unfall zu melden, erhielt er einen Strafbefehl, verbunden mit einem zweimonatigen Fahrverbot. Er legte Einspruch ein und musste sich daher am Donnerstag am Amtsgericht wegen Unfallflucht verantworten.
Dort wies er die Vorwürfe weit von sich. Er habe weder etwas gemerkt, noch gehört, sonst hätte er den Unfall gemeldet. Sein Auto sei mit einer Rundum-Warnanlage ausgestattet, auch mit seitlichem Abstandsmelder. Es habe jedoch nicht gepiepst bei dem vermeintlichen Unfall. Er habe auch keinen Schaden an seinem Fahrzeug feststellen können. Sein Nachbar habe ein gelbes Auto. Daher hätten gelbe Spuren an seinem Fahrzeug sein müssen, was nicht der Fall gewesen sei, argumentierte der Rentner.
Nachbar beobachtet den Unfall
Zwei Zeugen ließen die Aussage des Angeklagten jedoch wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen. Der 21-jährige Besitzer des demolierten Pkw gab an, er habe damals an seinem Schreibtisch gesessen und das Rangiermanöver seines Nachbarn durch das Fenster beobachtet. Der sei gleich zweimal rückwärts gegen sein Auto gestoßen. Dann sei der Rentner ausgestiegen, habe sich die Schäden an beiden Fahrzeugen angeschaut und sei dann in seine Wohnung gegangen. Eine Viertelstunde lang habe der junge Mann gewartet, ob sich der Angeklagte, mit dem er in der Vergangenheit schon einmal eine gerichtliche Auseinandersetzung gehabt hatte, noch bei ihm melden und das Missgeschick beichten würde. Doch es passierte nichts, sodass der Geschädigte die Polizei rief.
Polizei spricht von zusammenpassenden Schadensbildern
Auch eine andere Nachbarin belastete den Angeklagten. Sie habe gesehen, dass der Angeklagte das Lenkrad zu früh eingeschlagen habe. Es habe ein lautes Schleifgeräusch gegeben. Als auch noch der Polizeibeamte, der den Unfall aufgenommen hatte, als Zeuge aussagte, dass die Schadensbilder an beiden Autos zusammenpassten, sah der Angeklagte seine Felle davon schwimmen.
Verteidiger Alexander Wessel beantragte eine Einstellung des Verfahrens, da sein Mandant den Führerschein brauche, um zu Nachuntersuchungen ins Krankenhaus nach Würzburg zu fahren. Das Gericht kündigte jedoch an, eine Einstellung nicht mitzumachen, sodass der Verteidiger den Einspruch gegen den Strafbefehl zurücknahm. Es bleibt also bei dem zweimonatigen Fahrverbot und einer Geldstrafe für den Rentner.