Es ist samstags um die Mittagszeit, als Andreas Mölter, der in einem Ortsteil von Ebern wohnt, seinen Dienst beginnt. Er fährt mit seinem Auto in Bamberg in der Oberen Standstraße 38 vor das Schiebetor der Justizvollzugsanstalt (JVA) und läutet. Sein Kollege Roland Butschek, der an diesem Tag an der Pforte sitzt, öffnete ihm die Tür. Sein Dienst beginnt, der an diesem Tag bis 20 Uhr dauert.
Die Bediensteten der JVA leisten einen Dreischichtendienst. Justizvollzugsbeamte und -beamtinnen sind unmittelbar mit der Beaufsichtigung und Betreuung der Gefangenen beschäftigt und tragen die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Dienstbetrieb einer Anstalt. Sie gewährleisten die Sicherheit einer Anstalt nach innen und nach außen.
Die Ausbildung dauerte 18 Monate
Andreas Mölter ist ein solcher Beamter, der als Inspektor im Justizvollzugsdienst in der JVA Bamberg arbeitet. Im Volksmund spricht man von der dortigen JVA häufiger vom "Café Sandbad", da die JVA an der Südostseite von der Straße "Sandbad" begrenzt wird und direkt am linken Arm der Regnitz liegt. Der heute 54-jährige Mölter trat am 4. Januar 2000 in den Justizdienst ein und besuchte die Justizvollzugsschule in Straubing. Dort fand die fachtheoretische Ausbildung statt, in der JVA Ebrach und Nürnberg absolvierte er seine praktische Ausbildung. Beides zusammen dauerte 18 Monate. Danach war Mölter Justizvollzugsbeamter zur Anstellung (z.A.).
Der gelernte Elektriker fand in der JVA Nürnberg in der dortigen Elektrowerkstatt sein erstes Arbeitsfeld nach seiner Ausbildung. "Als Elektriker konnte ich den Strafgefangen, die diesen Beruf während ihrer Haftzeit ergreifen wollten, gut zur Seite stehen", sagt Mölter. Im Jahr 2004 kam er dann heimatnah zur JVA Bamberg, wo er zunächst im Stations- oder Abteilungsdienst arbeitete. Hier gehörte es zu seinen Aufgaben, als Leiter der Bekleidungskammer die Gefangen aufzunehmen und zu entlassen und ihre Habe zu verwalten.
Erstversorgung, Medikamentenverwaltung und Drogentests
"Gegenwärtig bin ich beim ärztlichen Dienst und bei der Anstaltsärztin als Assistenz in der Sprechstunde tätig", sagt Mölter. Gerufen wird er immer, wenn es gilt, bei Gefangen nach Verletzungen die Erst- oder Wundversorgung vorzunehmen. Seine Hauptaufgabe ist es auch, Medikamente zu bestellen und verwalten, Drogentests durchzuführen oder auch Blut abzunehmen. Die Coronapandemie sorgte in den letzten beiden Jahren für zusätzliche Arbeit. "Ich habe eine Vielzahl von Coronatests gemacht, wenn Gefangene zu uns gekommen sind", sagt Mölter.
Er überlegt und sagt: "Die Ausländerquote bei den Strafgefangen lag in den letzten 30 Jahren bei etwa 30 Prozent. Heute haben wir ständig über 40 Prozent, was mitunter zu Problemen führt." Sprachliche Barrieren erschweren den allgemeinen Betrieb. "Um das zu verbessern, bieten wir Deutschkurse in unserer JVA an", so Mölter. Auch bei seiner Arbeit kommt die Sprachbarriere zum Tragen, etwa bei der Zugangsuntersuchung. "Es ist mitunter schwierig herauszubekommen, ob oder welche Krankheiten sie haben", sagt der erfahrene Justizbeamte.
Die psychischen Auffälligkeiten steigen laut Mölter, und dadurch auch die Gewaltbereitschaft."Ich selber war noch keinen persönlichen Angriff eines Gefangenen ausgesetzt", sagt Mölter und hofft, dass das auch so bleibt. "Verbale Auseinandersetzung zwischen Gefangenen gibt es schon mal, sie sind fast an der Tagesordnung." Hinzu komme, dass die Anstalt mitunter überbelegt ist. Derzeit seien es weniger, als aufgenommen werden könnten. "Wir haben regulär für 207 Gefangene Platz, 140 sind es aktuell im geschlossenen Vollzug."
Todesfälle sind belastend, auch für die Beamten
Als belastend empfindet es Mölter, wenn es zu Todesfällen kommt, egal ob durch Suizid oder einen natürlichen Tod. "Meist bin ich da als einer der ersten vor Ort", sagt er nachdenklich. Aber er berichtet auch, dass er zufrieden ist, wenn mitunter jemand aus der JVA entlassen wird und während seiner Strafhaft sein Drogenproblem in den Griff bekommen hat. "Da sagt schon mancher mal: Danke, ohne euch hätte ich das wohl nicht geschafft."
Andreas Mölter macht seinen Job gerne. Das glaubt man ihn auch, wenn man mit ihm in der JVA unterwegs ist und er begeistert von seiner Arbeit erzählt, alles vorstellt und eifrig erklärt, was man sonst, wenn man nicht hinter die Mauern der JVA blicken kann, nicht erfährt. Angekommen an einer Zelle, in der ein Mann sitzt, der durch mehrere Verurteilungen schon 17 Jahre hinter Gittern verbracht hat, gestattet Mölter und der Insasse einen Blick in die Einzelzelle. Der Gefangene scheint zufrieden zu sein, er unterhält sich nett mit Mölter und man merkt, dass die Chemie zwischen beiden stimmt. Er erzählt, wo er herkommt, nicht aber was er schon alles angestellt hat.
Ein Blick in den Ausgangshof macht nachdenklich
Mölter zeigt den Arbeitsbereich in der JVA, wo Gefangene einer Tätigkeit nachgegen können. Ein Blick in den Hof, wo Gefangene täglich eine Stunde ihren Runden drehen können, macht jemanden, der einmal freiwillig hinter die Mauern schaut, schon nachdenklich. Der Blick in die enge Zelle und die Vorstellung, dort länger eingesperrt zu sein, kann einem das Schaudern über den Rücken treiben.
Schichtwechsel: An diesem Samstag hat Mölter Dienst an der Pforte. Er löst seinen Kollegen Roland Butschek ab, der froh ist in den Samstagnachmittag gehen zu können. Vor dem Tor der JVA, in der gesamten Sandstraße, tummeln sich an diesem Tag zahlreiche Touristen und Einheimische, die ihre Freizeit genießen. Ist man auf die manchmal neidisch, wenn man seinen Dienst im "Café Sandbad" antreten muss? "Nein", sagt Mölter, "auch ich habe meine Freizeit und was das Schönste ist, nach meinen Dienst kann ich nach Hause, andere können das nicht und müssen Monate oder Jahre in der JVA bleiben."